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Für hier oder zum Mitnehmen?

Für hier oder zum Mitnehmen?

Titel: Für hier oder zum Mitnehmen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Oberholz
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Burger-King-Jünger handelt, drehe ich mich vorsichtig um. Meine Lust auf körperliche Gewalt ist gänzlich verflogen. Vor mir steht Milena.
    »Was guckst du denn so erschrocken, ist es so schlimm, mich hier zu treffen?« Sie umarmt mich, sie freut sich, mich zu sehen. Sie ist anders, heftiger geschminkt, als ich das vom Café her kenne. Sie hat sich schick gemacht. Enganliegende Hose, hohe Absätze, ein Oberteil mit großem Ausschnitt und freiem Rücken. Das steht ihr gut. Die hochhackigen Schuhe ähneln sehr dem Modell, das ich im Weinregal gefunden hatte.
    Mein Herz hüpft ein kleines bisschen und fällt dann weich hinab, bis hinunter in die Lenden. Ich kann in diesem Moment nicht sagen, ob das an der Erleichterung liegt, nicht den Burger-King-Freund vor mir zu haben, oder ob ich mich über Milena freue.
    »Was machst du hier? Komm, wir trinken jetzt einen. Ich hatte mir schon Sorgen um dich gemacht, nachdem du einfach so die Séance geschwänzt hast. Aber dass du dich dermaßen rumtreibst, hätte ich nicht gedacht.«
    Sie fasst mich an der Hand und zieht mich zur Bar, wo sie dem Barkeeper ein Zeichen gibt. Sie hat dort gesessen und mich dann bei meiner Flaschenrückgabe erkannt. Ihre Hand ist angenehm warm und trocken. Bevor sie sich auf den Barhocker setzt, klatscht sie in die Hände, wie wenn sie im Café einen Gast bedient.
    Der Barkeeper nickt, schaut mich an, nickt heftiger und zwinkert mir zu. Ich verdrehe die Augen. Hört das denn niemals auf? Heute Nacht werde ich Milena fragen, was da los ist bei uns beiden. Werde sie fragen, ob ihr bewusst ist, dass, egal wo wir auflaufen, alle denken, wir wären ein Paar. Ich werde sie ganz einfach fragen, ob wir eine Affäre miteinander haben.
    »Die Getränke gehen auf mich!«, sage ich. »Das ist das Mindeste, was ich als Dankeschön tun kann. Für deine Hilfe bei der Sache mit Fred heute Abend. Ich habe das immer noch nicht so richtig verdaut.«
    »Ach, Schwamm drüber. Ich muss dir von der Séance erzählen«, unsere Bierflaschen klirren aneinander. »Das ist viel spannender!«
    »Die sollte Magnus doch eigentlich verschieben!«
    »Nein, bitter nötig war das, sage ich dir. Das hätten wir auf keinen Fall verschieben dürfen.«
    Milena berichtet, dass Magnus mich in aller Form entschuldigt hatte. Damit wir uns nicht anbrüllen müssen, neigen wir uns nah zueinander. Dabei berühre ich Milenas Haar, das sie immer wieder hinter ihr Ohr zurückstreicht, und ab und an berühren sich unsere Wangen. Auch Milena ist nicht nüchtern, Körperkoordination gelingt ihr nicht mehr in vollendeter Perfektion. Sie ist aufgekratzt und berichtet in schauspielerischer Inbrunst. Beim Vorbeugen hält sie sich manchmal an meinem Oberschenkel oder an meiner Schulter fest.
    Magnus hatte alles, was wir besprochen hatten, umgesetzt und den Laden gut geleitet. Die Verschiebung der Séance hatte Aurinia vehement abgelehnt. Wenn ich Magnus zu meinem Stellvertreter ernennen würde, dann gelte das ihrer Meinung nach auch für die Séance. Milena hatte Aurinia überredet, auch an der Séance teilnehmen zu dürfen. Ich hatte geahnt, dass sie ihren Kopf durchsetzen würde.
    So waren sie im Keller also zu viert – bei Kerzenschein. Sie saßen im Schneidersitz im Kreis auf dem Boden und hielten sich an den Händen. Aurinia hatte ein Tuch ausgebreitet, in dessen Mitte sich ein Pentagramm befand. Auf jeder Ecke des Tuches stand eine Kerze. Aurinia rezitierte eine Menge Worte in einer Sprache, die laut Milena wie Latein klang, aber kein Latein war. Griechisch?, denke ich.
    »Und gerade als mir langweilig wurde – die redete echt minutenlang – da ging eine Kerze aus. Von alleine! Das Tor zur Geisterwelt war geöffnet. Dann mussten wir Aurinia alles im Chor nachsprechen. Wir mussten sagen, dass die Naziputzfrau nun gehen kann, dass ihr Dienst abgegolten ist und sie sich zur Ruhe setzen darf. Dann kam deine Opfergabe. Wir haben den Whiskey genommen und auf den Kellerboden geschüttet, der roch sehr intensiv und rauchig …«
    »Du meinst aber nicht den Whiskey, der ganz alleine im Regal stand?«
    »Doch, doch, das war doch das Opfer, das du vorgesehen hattest, oder?«
    Nein, das war der schottische Whiskey aus Einzelfassabfüllung, den mir Florian ein paar Tage zuvor geschenkt hatte, und der sehr selten und dementsprechend teuer war, und von dem ich vor allem noch nicht einen einzigen Schluck getrunken hatte. Ich stöhne und nicke.
    »Es ging noch eine Kerze aus, und plötzlich schrie Aurinia laut

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