Für hier oder zum Mitnehmen?
tatsächlich geschehen ist.
Verschämt blättere ich die Zeitung durch, ohne zu lesen. Auf der Berlin-Seite fällt mir ein Foto auf. Abgebildet ist der Eingangsbereich eines besetzten Hauses in Friedrichshain. Das Fassadendesign besetzter Häuser ähnelt sich sehr. »Liebig 14 bleibt!«, steht da über dem Hauseingang, und an der Haustür hängt eine Tafel. In Schwarzweiß gehalten, abgebildet ist darauf ein Pony und der Spruch »Das Leben ist kein Ponyhof.« Die Tafel wurde in der Mitte zersägt, damit sie besser auf die Tür passt.
Ich lache heiser in mich hinein. Ich hatte Pressemitteilungen verschickt und alte Kontakte spielen lassen. Niemand hatte über das Café berichten wollen. Dann eben so. Any news is good news, heißt ein Grundsatz der PR -Arbeit. Bitte schön, geht doch. Below-the-line-Marketing ist schwer im Kommen. Auch hier habe ich dann wohl unbeabsichtigt neue Wege beschritten.
Es läuft doch gar nicht so schlecht. Gestern Nacht wurde ich von einem Fremden erkannt. Heute ein Bild in der Zeitung. Aufregung und Aufbruchsstimmung steigen in mir auf. Es kann alles nur besser werden. Ich reiße die Zeitungsseite heraus und stecke sie zusammengefaltet in die Hosentasche.
16.
NICHT SCHNITZEL WIENER ART
V or dem Café stehen zwei Hochstühle. Sie besitzen einen leiterhaften Aufstieg und eine orangefarbene Kunststoffsitzschale mit Luftlöchern, vor der man ein Brett als kleines Tischchen herunterklappen kann. Ansonsten wurden sie aus Aluminium gefertigt.
Mein Haar ist noch nicht ganz getrocknet, auf dem Weg von Milenas Wohnung zu meiner Arbeitsstätte fuhr ich geschwind nach Hause, um zu duschen und mich umzuziehen. Dort wurde ich schmerzlich daran erinnert, dass meine Waschmaschine kaputt ist. Irgendwie konnte ich aber alle Kleidungsstücke gegen frische austauschen, bis auf meine Hose. Auch wenn es nicht alles Lieblingsteile waren. In genau den gleichen Kleidungsstücken wie gestern im Café zu erscheinen und dabei zu riechen wie eine verqualmte Bierstube, hielt ich für keine gute Idee. Mein körperlicher und geistiger Zustand war von Erschöpfung und Vernebelung geprägt, dies hoffte ich durch Waschen und Umkleiden ein wenig zu verbessern. Aber die Nachwirkungen des Alkoholkonsums der letzten Nacht, des Schlafmangels und der Schuldgefühle blieben vorherrschend. Aus meinem Katererfahrungsschatz weiß ich, dass ich irgendwie bis zum Nachmittag durchhalten muss, dann geht es meist langsam besser.
Glücklicherweise führt das letzte Stück meines Arbeitsweges den Weinbergsweg hinunter. Ich ließ mich langsam auf meinem Fahrrad rollen, die unerschöpfliche Gravitationskraft Mutter Erdes ausnutzend, genoss, so weit es mein Zustand zuließ, den kühlen Fahrtwind und beschloss, heute möglichst früh wieder nach Hause zu fahren.
Gegenüber, vor Yildiz Grill-Bistro, dem Dönerladen, der gleichzeitig auch ein China-Imbiss und eine Pizzeria ist, steht ein baugleicher Hochstuhl. Das Haus, das bis auf Yildiz Grill-Bistro leer ist, wird gerade eingerüstet. Vermutlich soll es saniert werden.
Der Yildiz-Hochstuhl setzt sich in Bewegung. Er wird gemeinsam getragen von Aurinia – ich erkenne sie auch aus dieser Entfernung an ihrem Gewand, das absolut identisch mit dem ist, das sie gestern zur Teufelsaustreibung anhatte – und von Magnus, der ein orangefarbenes Tuch um den Hals gebunden hat. Das Tuch ist aus dem gleichen Stoff wie Aurinias wallendes Gewand.
Fröhlich transportieren sie den dritten Hochstuhl über den Fußgängerüberweg, die Ampel zwingt sie, auf der Verkehrsinsel eine Pause zu machen. Die nutzen die beiden, um sich zu umarmen und zu küssen. Aurinias Kleidung ist farblich perfekt abgestimmt auf die Farbe der Sitzschale des Hochstuhls, die kronengleich über ihr schwebt.
All diese Eindrücke kann und will ich nicht als real gegeben hinnehmen und konzentriere mich darauf, die überraschende Existenz der Hochstühle vor meinem Laden aufzuklären. Ich lehne mich an das Geländer des U-Bahneinganges und warte auf die Ankunft des dritten Objektes. Die Reise hat mich Kraft gekostet, kleine Schweißausbrüche und Kreislaufeinbrüche überkommen mich. Die Aspirintabletten aus Milenas Küche beginnen langsam zu wirken, das ist ein schönes Gefühl.
Magnus und Aurinia bemerken meine Anwesenheit erst, als sie den dritten Hochstuhl vor das Café stellen. Magnus strahlt mich an. »Gut siehst du aus. Viel besser als gestern. Da hast du dich gut erholt?«
Magnus meint das nicht ironisch. Mein äußeres
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