Fuer immer 2 - die Liebe
fragend an, als ein etwas jüngerer Mann zu uns herüberkommt und sein Glas auf einem der Tische abstellt. »Ah! Da ist er ja. Darf ich vorstellen: Robert, mein Ehemann«, sagt Frank, wendet sich ihm zu und wedelt mit den Fingern durch die Luft. Plötzlich verstehe ich, dass es Zeichensprache ist: Anscheinend ist Robert gehörlos.
Daher bin ich total perplex, als Robert sich zu mir herüberbeugt und fragt: »Entschuldige, wie war dein Name?«
»Cole«, wiederhole ich noch einmal.
»Cole«, entgegnet er mit einem Lächeln, »ein hübscher Name.« Er dreht sich herum zu Frank und macht ein paar rasche Gesten, bis auch auf dessen Gesicht ein breites Lächeln erscheint.
»Cole, natürlich! Warum habe ich das nicht gleich verstanden.«
Unsicher blicke ich zwischen Robert und Frank hin und her, die mich beide mit einem verschwörerischen Lächeln ansehen. »Entschuldige«, erklärt Frank schließlich. »Ich bin taub, ich dachte, das wüsstest du.«
»Äh, nein.« Ein bisschen verwirrt schaue ich kurz zu Drew, der aber nur leicht mit den Schultern zuckt. Anscheinend hat er es auch nicht gewusst. »Ist aber okay.« Sofort könnte ich mir vor Scham auf die Zunge beißen, denn das ist so ziemlich das Blödeste, was man in solch einer Situation sagen kann.
Doch Frank nickt nur. »Ja, in der Tat, das ist es. Ich habe in diesem Leben als Baby die Masern bekommen und seither bin ich absolut taub. Gewöhnlich bin ich sehr gut im Lippenlesen, aber manchmal bringt mich ein hübscher Name ein wenig aus der Fassung«, schmeichelt er und schenkt mir ein charmantes Lächeln.
Robert zeigt auf einen freien Tisch und legt eine Hand auf Franks Ellbogen. Er wendet ihm das Gesicht zu, damit Frank von seinen Lippen lesen kann. »Sollen wir uns setzen?«
»Sehr gern«, antwortet Frank, nimmt sein Glas und geht voraus. »Ich habe gehört, dass du eine sehr talentierte Cellistin bist«, wendet er sich an mich, sobald wir alle sitzen.
Ich werfe einen Seitenblick auf Drew und frage mich, wie viel er ihm wohl erzählt hat. »Das war ich«, erwidere ich, »aber jetzt spiele ich kaum noch.«
»Ich auch nicht«, entgegnet Frank. »Zumindest in diesem Leben nicht.«
»Heißt das, Sie waren früher mal Musiker?«
Frank sieht hinüber zu Drew, und ich frage mich, ob er vielleicht nicht verstanden hat, was ich gefragt habe. »Ich habe es ihr noch nicht erzählt«, gesteht Drew.
Robert lacht, doch Frank nickt nur kurz und sieht dann wieder mich an. »Ja, das war ich. Bisher hatten all meine Leben mit Musik zu tun, und in meinem letzten habe ich mich ganz auf das Cello konzentriert. Es könnte sein, dass du schon mal von mir gehört hast.« Er macht eine längere Pause und ich weiß, dass er mich ein bisschen auf die Folter spannen will. Er nimmt eine Cello-Pose ein, dreht ein wenig den Kopf zur Seite und reckt stolz das Kinn. »La Suggia?«
Mir verschlägt es die Sprache, denn ich erkenne in der Pose die elegante Frau in dem roten Kleid, deren Bild seit vielen Jahren in meinem Zimmer hängt.
»Sie waren Guilhermina Suggia?«, bringe ich schließlich verdattert hervor.
»So ist es«, bestätigt Frank. Seine Augen funkeln lebhaft bei der Erinnerung. »Was für ein wunderbares Leben das war«, schwärmt er. »Casals und ich wurden überall in Europa gefeiert, wir spielten vor Königen und Königinnen, in den Pariser Salons, gaben Spontankonzerte in Prag.« Er sieht mich mit einem zufriedenen Lächeln an. »Das war wirklich mal ein Leben, das sich gelohnt hat.«
Ich kann es immer noch nicht fassen, obwohl mich die vergangenen Monate eigentlich gelehrt haben sollten, dass nichts unmöglich ist. Hier sitze ich und habe die Chance, meinem längst verstorbenen großen Idol persönlich Fragen zu stellen.
»Wie war das, eine der allerersten Cellistinnen zu sein?«
»Beängstigend, aber auch sehr aufregend und berauschend.« Mit einem etwas wehmütigen Lächeln fügt er hinzu: »Und manchmal schrecklich einsam.« Robert nimmt seinen Arm und tätschelt ihm die Hand. Ich weiß, dass Suggia Casals verließ, nachdem die beiden über ein Jahrzehnt zusammengespielt hatten. Als Grund für die Trennung wird oft eine zu große Konkurrenz zwischen ihnen genannt. Suggia heiratete erst, als sie bereits über vierzig war, und hatte keine Kinder. »Ich habe vieles für die Musik aufgegeben«, fährt Frank fort, als hätte er meine Gedanken gelesen, »mein Leben damals war ganz allein von diesem unwiderstehlichen inneren Drang bestimmt.« Er wirft Robert einen
Weitere Kostenlose Bücher