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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Henry
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Hotel gehörte, in der Sonne. Sie hatte die Beine hochgelegt und genoss die fantastische Aussicht. Es war weniger das glitzernde Meer, das sie faszinierte, als die Surfer darin, die schwarzen Punkte, die hinter den Wellen darauf lauerten, einen Ritt ans Ufer zu ergattern. Helena lächelte, als sie überlegte, ob einer davon ein geeigneter Kandidat sein könnte.
    Sie wusste, dass es ein gewagter, verrückter und ziemlich hirnverbrannter Plan war. Sie hatte deshalb noch mit nie mandem darüber gesprochen, denn jeder, der auch nur einen Funken Verstand besaß, würde ihr den Blödsinn sofort ausreden wollen. Aber Helena war all ihre Alternativen durchgegangen, hatte das Problem von jeder Seite betrachtet und es mit einer Sorgfalt und Gründlichkeit erörtert, als ginge es um die Behandlung eines ihrer Patienten. Sie hatte das Für und Wider abgewägt, die ethischen Aspekte und die Risiken bedacht. Sie hatte auf der Station den Ruf einer Querdenkerin, war unter den Chirurgen diejenige, die sich am ehesten für die riskantere Option entschied, die bereit war, neue Wege zu gehen. Und jetzt übertrug sie diese Haltung einfach auf ihr Privatleben. Und in ihren Augen war der Plan perfekt.
    Sie wollte einen Mann, der ihr ein Kind machte. Und zwar schnell. Sie hatte keine Zeit, sich erst auf eine Beziehung einzulassen – es konnte Wochen, Monate, ja sogar Jahre dauern, bis man sich mit einem Partner darauf geeinigt hatte, Kinder in die Welt zu setzen. Helena hatte lange darüber nachgedacht, aber die Vorstellung, sich bei einer Samenbank zu bedienen, gefiel ihr einfach nicht. Sie wollte irgendeine Art von menschlichem Kontakt mit dem Vater ihres Kindes, und außerdem, auch wenn die Ethik der Samenspenderindustrie ziemlich wasserdicht war, konnte sie sich nicht hundertprozentig darauf verlassen, dass besondere Merk male, auf die sie Wert legte, nicht übersehen wurden oder dass die Wunschliste einer anderen Frau mit der ihren verwechselt wurde, oder dass irgendein Laborant einen schlechten Tag hatte und sich »der tut’s auch« sagte, und womöglich die Gene eines völlig unpassenden Kandidaten in die Petrischale warf.
    Also würde sie einen Fremden aufgabeln und mit ihm schlafen müssen. Ganz anonym. Denn dieses Projekt würde sie allein durchziehen. Helena war schon immer unabhängig gewesen, und die Vorstellung, alleinerziehende Mutter zu sein, konnte sie nicht im Geringsten schrecken. Sie verdien te gut, die Klinik hatte eine hervorragende Kindertagesstätte und sie würde alles allein entscheiden können, angefangen bei der ersten Masern-Mumps-Röteln-Impfung. Sie hatte sogar den Eindruck, dass es einfacher war, ein Kind allein großzuziehen, als trotz schlafloser Nächte und Säuglings koliken eine Beziehung aufrechtzuerhalten. Sie hatte schon öfter erlebt, wie die solidesten Partnerschaften unter diesem Druck zerbrochen waren.
    Natürlich war die Lösung nicht ideal, aber sie befand sich nun mal nicht in einer idealen Situation. Ideal wäre es gewesen, wenn Neal wenigstens so lange geblieben wäre, bis sie schwanger gewesen wäre, selbst wenn er danach die Flucht ergriffen hätte. Helena war es gewohnt, unter Zeitdruck Prob leme abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen, und diese war ihr wesentlich leichter gefallen als so manche andere, die sie für ihre Patienten hatte fällen müssen.
    Nur demjenigen gegenüber, den sie als potenziellen Vater auswählen würde, hatte sie schon jetzt ein schlechtes Gewissen. Wäre es unrecht, ihm vorzuenthalten, dass er ein Kind hatte? Dieses Problem löste sie, indem sie sich versicherte, dass er es nie erfahren würde. Ihre Mutter hatte immer gesagt: »Was das Auge nicht sieht, macht das Herz nicht traurig«, und wegen der Empfindlichkeiten von jemandem, der sowieso von nichts wusste, war Helena nicht bereit, auf ein Kind zu verzichten.
    Nachdem sie also sämtliche moralischen Probleme aus dem Weg geräumt hatte, blieb jetzt nur noch die praktische Frage, wo sie einen passenden Mann für ihr Vorhaben finden sollte. Die Klinik kam nicht in Frage. Die Vorstellung mochte ja verlockend sein, einen Medizinstudenten oder einen Assistenzarzt zu wählen, aber das wäre nicht anonym genug. Das Risiko, später mit dem Vater ihres Kindes zusammenarbeiten zu müssen, war zu hoch.
    Die Idee dagegen, Everdene zu ihrem Jagdrevier zu machen, war genial. Sie war während ihrer Assistenzarztzeit an der Klinik von Exeter oft hier gewesen, aber das war so lange her, dass sie lieber nicht darüber

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