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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Henry
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öffnete, schlug ihr gleich der Stimmenlärm entgegen. Das »Ship« war wie immer rappelvoll. Um diese Uhrzeit war das Publikum noch sehr gemischt: Eltern, die halbherzig versuchten, ihre inzwischen übermüdeten Kinder zum Essen zu überreden, junge Leute, die den Tag am Strand verbracht hatten, und am Tresen und um den Billardtisch herum die üblichen Einheimischen. Später, wenn die Familien sich in ihre Quartiere zurückgezogen hatten, die Küche geschlossen und genug Alkohol geflossen war, würde man kaum noch Unterschiede wahrnehmen.
    Helena schaute zu den Tischen mit den Familien hinüber und stellte sich vor, wie sie selbst dort in ein bis zwei Jahren sitzen und versuchen würde, einem widerspenstigen Kleinkind Pommes in den Mund zu schieben, ihm das Kinn mit einer Papierserviette abzuwischen und das schreiende Balg schließlich aus dem Hochstuhl zu heben. Eine komische Vorstellung. Andererseits – warum nicht? Bestimmt würde sie nicht widerstehen können, mit ihrem Kind an den Ort seiner Zeugung zurückzukehren, und abgesehen davon war Everdene der ideale Ort für einen Urlaub mit Kindern. Was wiederum bedeutete, dass sie von den Einheimischen besser die Finger ließ.
    Helena ging an den Tresen und bestellte sich ein Glas Weißwein und ein Mineralwasser. Eigentlich gehörte Alkohol nicht zu der Diät, die sie sich für die Zeit vor der Empfängnis verordnet hatte, aber stocknüchtern würde sie das Ganze nicht durchstehen. Sie würde sich schon nicht heillos volllaufen lassen und ein fetales Alkoholsyndrom verursachen. Ein oder zwei Glas Wein konnten nicht schaden.
    Sie ließ ihren Blick über die Menge schweifen. Wenn sie ihn sah, würde sie Bescheid wissen, da war sie sich ganz sicher.
    Sie fand ihn schließlich draußen. Die Luft im »Ship« war stickig, der Geräuschpegel unerträglich, und es war allzu offensichtlich, dass sie allein war. Mehrmals war sie angesprochen worden. Nicht auf unangenehme Art, die meisten waren freundlich, aber irgendwie hatte es ihr bewusst gemacht, wie riskant und verrückt ihr Plan war. Also war sie nach draußen gegangen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen und einen klaren Kopf zu bekommen. Helena betrachtete den klaren Nachthimmel. Vielleicht stand die Antwort ja in den Sternen.
    Er lehnte an der Steinmauer, die den Vorplatz des Pubs von der Straße trennte, in der Hand einen Scotch oder einen Brandy. Auch er betrachtete den Himmel.
    »Glauben Sie, da oben finden Sie die Antwort?«, fragte sie beiläufig.
    Er drehte sich zu ihr um und grinste. »Das bezweifle ich.«
    Sie stellte sich neben ihn und stützte sich mit den Ellbogen auf die rauen Steine. So konnte sie ihn besser mustern. Er war groß – etwa eins achtzig, schätzte sie – und gut proportioniert. Das Haar modisch strubbelig. Schwarzes Shirt ohne Logo, gut ausgebildete, aber nicht überentwickelte Bizepse, einer davon mit einem keltischen Tattoo geschmückt. Ein Hauch von Aftershave, das sie nicht kannte, das ihr aber zusagte – leicht zitronig. Kein Schnösel, aber auch kein Proll, also die Sorte, mit der Helena am besten zurechtkam. Bildungsbürgerliche Arroganz war ihr zuwider, aber sie mochte es, wenn ein Mann in der Lage war, aus einer Weinkarte einen guten Tropfen auszusuchen.
    »Kommen Sie oft hierher?«, fragte Helena mit einem leicht ironischen Unterton. Sie musste sich eben auf Klischees verlegen, wenn sie den Prozess ein bisschen beschleunigen wollte.
    »So oft ich kann«, erwiderte er. »Gibt’s was Schöneres?«
    »Wahrscheinlich nicht.« Helena trank einen Schluck Weißwein. »Ich bin lange nicht hier gewesen, aber es schien mir der perfekte Ort für eine kleine Auszeit. Ich hatte in den letzten Wochen ziemlich viel Stress.«
    Aus dem Augenwinkel versuchte sie seine Reaktion einzuschätzen. Hoffte er im Stillen, sie würde sich verziehen, damit er weiter in Ruhe die Sterne betrachten konnte?
    Aber offenbar hatte er nichts gegen einen kleinen Plausch.
    »Ich auch«, sagte er. »Ich war gerade Trauzeuge bei der Hochzeit meines besten Freundes. Es ist alles ein bisschen … ungewöhnlich abgelaufen.«
    »So eine Hochzeit kann der wahre Alptraum sein.« Helena selbst hatte nicht geheiratet, aber sie war auf vielen Hochzeiten zu Gast gewesen und hatte den Stress mit all seinen Folgen schon öfter hautnah miterlebt.
    »Das war schlimmer als ein Albtraum!«
    »Haben Braut und Bräutigam es denn wenigstens bis zum Altar geschafft?«
    »Um Haaresbreite.« Er schaute sie an, und als er lächelte,

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