Für immer - Blue
vergangenen Jahr war seine Baufirma gut gelaufen. Gerry hatte viele Projekte in der Entwicklungsphase und mehrere im fortgeschrittenen Stadium betreut. Geld kam herein und wurde wieder investiert‚ alles schien normal zu sein. Sein Personal war fest angestellt‚ niemandem drohte die Kündigung. Vor Kurzem hatte er für eine Baustelle sogar zusätzlich Zimmermänner und Bauarbeiter von einer Zeitarbeitsfirma eingestellt.
Auch Gerrys Arbeitszimmer zu durchsuchen‚ hatte ihnen keinerlei neue Informationen geliefert. An seinen laufenden Projekten war nichts ungewöhnlich. Seine Akten waren ordentlich‚ keine Spur von Warnungen oder Drohungen auf seinem Schreibtisch. In seinem Terminkalender gab es keinen rot eingekreisten Eintrag‚ der so viel wie „Lunch mit den Mördern“ bedeutete.
Gerry hatte sich eine unauffällige Anzahl von geschäftlichen Terminen notiert. Gewissenhaft war Lucy die Namen durchgegangen und hatte sie den laufenden Aufträgen zugeordnet. Einige waren Kunden‚ die Gerry hatte werben wollen. Und es gab darunter auch gesellschaftliche Treffen. Er war regelmäßig mit Jenny Lee essen gegangen. Außerdem war er offenbar vor Kurzem dem Hatboro Creek Men’s Club beigetreten. In diesen exklusiven Kreis‚ der gemeinnützige Projekte im Umkreis auf die Beine stellte‚ gelangte man ausschließlich auf persönliche Einladung von R. W Fisher. Aus Gerrys Aufzeichnungen ging hervor‚ dass sie gerade Spenden für die Reparaturen am Dach des Landeskrankenhauses sammelten.
Nein‚ der Besuch in dem Haus‚ in dem Gerry und Jenny Lee zusammengewohnt hatten‚ verschaffte ihnen keine neuen Anhaltspunkte. Allerdings hatten sich für Blue nun neue Fragen aufgeworfen.
Etwa‚ warum Lucy Tait sich seinetwegen so viele Umstände machte. Warum hatte sie in der vergangenen Nacht mit ihm geschlafen? Was wollte sie wirklich? Wenn es etwas gab‚ das Blue im Leben gelernt hatte‚ dann das: Die meisten hatten gute Gründe für so gut wie jede Kleinigkeit. Was waren hier Lucys Motive?
Sie hatte behauptet‚ ihm aus Freundschaft zu helfen. Und dass sie mit ihm ins Bett gegangen war‚ weil sie es gewollt hatte – ohne Verpflichtungen. Doch Blue fiel es schwer‚ das zu glauben. Sicher‚ er war von Natur aus misstrauisch. Seits einer Kindheit verließ er sich auf sich selbst und auf niemand anders. Anderen zu vertrauen‚ bedeutete‚ das Risiko einzugehen‚ verletzt zu werden. Darum hatte er gelernt‚ niemandem zu vertrauen.
Als er jedoch ein SEAL geworden war‚ hatte er sein Leben buchstäblich in die Hände seiner Kameraden legen müssen. Er hatte gelernt‚ den Männern in seiner Truppe und denen der Einheit zu vertrauen. Und dieses Vertrauen war gewachsen‚ verbunden mit Freundschaft und Loyalität.
SEALs hatten keine Hintergedanken‚ zumindest nicht innerhalb der Einheit. Natürlich hatten sie berufliche und persönliche Ziele. Aber mitten im Kampf‚ mitten in einer Operation gab es für sie alle nur ein Ziel: den Job zu erledigen und dabei jeden lebend und in einem Stück herauszubringen.
Lucy Tait war kein SEAL und doch mit ihm befreundet.
Er musste lächeln‚ als er sich daran erinnerte‚ wie sie ihn an diesem Morgen in der Küche konfrontiert hatte. Sie war tough‚ das musste er ihr lassen. Er dagegen würde sich‚ ohne eine Sekunde zu zögern‚ einem Nahkampf stellen – wenn es jedoch zu einer emotionalen Auseinandersetzung kam‚ würde er alles tun‚ um das Feld zu räumen. Lucy hingegen hatte den Angriff gewählt.
Blue war froh darüber. Auch wenn es sie nirgendwohin geführt hatte‚ mit Jenny Lee zu sprechen‚ war er froh‚ weil Lucy ihn nicht hatte gehen lassen. Er war froh darüber‚ dass er jetzt neben ihr im Wagen saß.
Er war gern mit Lucy befreundet. Es war merkwürdig: Sie war eine Frau und trotzdem mit ihm befreundet. Noch seltsamer fand er die Tatsache‚ dass sie in der vergangenen Nacht fantastischen Sex gehabt hatten und Lucy an diesem Morgen irgendwie immer noch seine Freundin war.
Blue konnte sich nicht daran erinnern‚ je eine derart überwältigende Nacht mit einer Frau erlebt zu haben. Sie hatte ihn tatsächlich aus den Schuhen gehauen. Warum zum Teufei hatte er sich dann am Morgen zurückgezogen? Weshalb hatte er zugelassen‚ dass die Nacht vorbeiging? Wieso war er nicht in Lucys Bett geblieben? Sie könnten jetzt immer noch in ihrem Schlafzimmer sein und sich den ganzen Tag lang lieben. Er hätte sie halten‚ sie küssen‚ ihr in die schönen Augen
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