Für immer, Dein Dad
war. Ich wusste ja nie, was sie tun würden – auf Bäume klettern, unvorsichtig über die Straße laufen … Wenn er auch nur mit der kleinsten Schramme nach Hause kam, säuberte ich sie sofort mit Jod. Als er ein Teenager war und auszugehen begann, tat ich kein Auge zu, bis ich hörte, dass er wieder zu Hause war und in seinem Bett lag. Ich habe nie aufgehört, mir Sorgen um ihn zu machen. Die Mädchen, Philomena und Ina, haben das nicht verstanden.» Sie sah mich mit leerem Blick an. «Dann ist er ausgezogen, um mit …», sie stellte das Foto zurück, «… deiner Mutter zusammenzuleben. Und das war das Ende. Danach habe ich ihn kaum noch gesehen. Meinen eigenen Sohn.»
Ich wusste nicht recht, was ich darauf sagen sollte. Also sagte ich das Erste, was mir in den Sinn kam. «Es tut mir leid.»
«Es tut dir leid», gab sie ausdruckslos zurück.
Nach diesem Gespräch zog sich Granny Bates wieder zurück. Sie antwortete zwar, wenn ich sie etwa nach dem Ketchup fragte, aber es kam mir vor, als sei eine ohnehin schon schwache Glühbirne nun ganz erloschen, und zwar ohne die Aussicht, demnächst ersetzt zu werden. Granny Bates saß die ganze Zeit schweigend in ihrem Schaukelstuhl und umklammerte ein Foto von Dad. Ich fürchtete mich davor, den Rest meiner «Ferien» so mit ihr zu verbringen.
Also rief ich Mum an, als Granny Bates gerade nicht im Zimmer war, und drohte, ich würde zurücktrampen, wenn sie mich nicht ein paar Tage früher abholte. Sie besprach daraufhin mit Carlas Vater, dass er mich mit dem Auto abholen sollte.
Die arme Granny! Hätte ich sie nur nicht nach Dad gefragt! Ich hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, als ich die Tür hinter mir zuzog. Sie war Dads Mutter, und ich würde ihr in ein paar Tagen einen Brief schreiben. Sie hatte niemanden mehr, und ich hatte immerhin meinen Dad, der sich um mich kümmerte.
Ich freute mich riesig darauf, wieder in London bei meinen Freunden zu sein, in meinem eigenen Bett zu schlafen, ohne sofort zurück in die Schule zu müssen. Doch in meiner kurzen Abwesenheit hatte sich Carla verändert. Ihr Haar war gewachsen, und sie hatte damit angefangen, Lippenstift zu benutzen! Und was das Schlimmste war: Sie hatte jetzt einen Freund!
«Da drüben ist er», flüsterte sie mir zu, als wir an Lanes Fish Bar vorbeiliefen. Unserer alter Platz war von einer Gruppe pickeliger Mädchen besetzt worden. Vor dem Laden gammelten ein paar Jungs mit weit unter der Hüfte hängenden Baggy Jeans herum. Sie trugen alle die gleichen orangefarbenen Basketballschuhe mit riesigen, vorgeklappten weißen Laschen. Ehrlich gesagt, waren sie wirklich ziemlich cool.
«Er heißt Darren», sagte Carla.
Dann entdeckte er sie, winkte, und Carla rannte zu ihm hinüber.
«Hi, Daz», sagte sie lässig und grinste breit. Ich hatte noch nie erlebt, dass sich meine beste Freundin so benahm, undes gefiel mir gar nicht. Und dann küssten sich die beiden, und Darren, oder Daz, oder wie er hieß, steckte seine Zunge in Carlas Mund! Mir wurde fast schlecht.
Die nächsten paar Tage hieß es nur «Daz hier» und «Daz da», und ehrlich gesagt war ich ziemlich erleichtert, als er Carla eine Woche vor Unterrichtsbeginn für die größte Schlampe der Schule sitzenließ.
Meinen vierzehnten Geburtstag feierte ich in der Eislaufhalle. Einen peinlicheren Kontrast zu meiner letzten Geburtstagsparty konnte man sich kaum vorstellen – und zwar von dem Moment an, in dem Mum mit einem riesigen rosa Kinderkuchen samt passenden rosa Kerzen darauf hereinkam. Meine Gäste deuteten mit dem Finger darauf und verdrückten sich kichernd in eine Ecke. Ich schwor mir, in meinem ganzen Leben niemals mehr eine Geburtstagsparty zu geben. Am liebsten wäre ich auf der Stelle in Tränen ausgebrochen, aber dann hätten mich alle auch noch für eine Heulsuse gehalten.
Mum fand, ich sei eben in einem schwierigen Alter. Das hörte ich mit, als sie sich mit Carlas Mutter über den Gartenzaun hinweg unterhielt, während sie die Wäsche aufhängte. Carlas Mum lag in einem winzigen Bikini auf der Sonnenliege und sah wahnsinnig gut aus. Mum klemmte die grässlichen Socken von Bingo-Mann einzeln an die Leine. Um festzustellen, welche Mutter hier cool war, musste man wahrhaftig nicht lange nachdenken. Meine Mum hatte keinen Schimmer davon, wie es war, ein Teenager zu sein – sie wusste weder, wie man sich anzog, noch hatte sie eine Ahnung, wer Kriss Kross war –, und zu allem Überfluss mochte sie Take That! In
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