Für immer, Dein Dad
unbedingt eines erwartete.
Nachdem ich aufgeschlossen hatte, ließ ich mein Gepäck im Flur stehen und folgte den Stimmen aus der Küche. Mum und Bingo-Mann unterbrachen sich mitten im Satz, als ich die Tür öffnete.
«Hallo, Lois! Ich hätte dich doch abholen können!», sagte Bingo-Mann. Ich nickte ihm freundlich zu. Mum hatte mir den Rücken zugewandt, als ich hereinkam. Ihr Haar wirkte lockiger als sonst, und dann drehte sie sich zu mir um.
«Lois! Komm her und gib mir einen Kuss!», sagte sie glücklich und lächelte. In diesem Augenblick überwältigten mich fast meine Gefühle. Ich wäre am liebsten in ihre Arme gestürzt und hätte ihr gesagt, wie sehr sie mir gefehlt hatte.Mit ausgestreckten Armen ging ich auf sie zu. Dann erstarrte ich. Es fühlte sich so an, als hätte mir jemand einen K.-o.-Schlag versetzt.
«Was ist das denn?», fragte ich und deutete auf den Bauch meiner Mutter.
«Oh, das …», gab sie mit einem seligen Lächeln zurück.
«Deine Mutter ist im siebten Monat schwanger», erklärte Bingo-Mann.
«Schwanger?»
Das war ja furchtbar.
Schwanger?
In ihrem Alter?
Mit Bingo-Manns Kind? Ich musste mich setzen.
Meine Mutter war schwanger. Meine Mutter war schwanger. Meine Mutter war schwanger.
«Alles in Ordnung, Liebes?», fragte Mum.
Schwanger. Ich wiederholte dieses Wort im Kopf wie ein bizarres Mantra. Vermutlich dachte ich, wenn ich es oft genug wiederholte, würde es die Realität auslöschen. Dann schaffte ich es mit irgendwelchen Entschuldigungen über den Jetlag aus der Küche und ans Telefon. Das immerhin stand noch an seinem alten Platz beim Treppengeländer.
«Ja, deine Mutter kriegt ein Kind», sagte Carla. «Aber erzähl mir lieber von New York! Wie waren die Typen? Warst du bei Saks? Hast du mir meine Turnschuhe mitgebracht? Eigentlich hätte ich mir lieber Make-up wünschen sollen, aber ich freue mich über alles.»
«Warum hat mir keiner was davon gesagt?»
«Wovon?»
«Von dieser Schwangerschaft!»
«Deine Mutter wollte nicht, dass wir dir davon erzählen.Sie hat sich am Anfang ziemliche Sorgen gemacht – Risikoschwangerschaft mit Mitte vierzig und so.»
«Es ist einfach furchtbar.»
«Meine Mutter findet es süß», sagte Carla und war mit ihren Gedanken schon wieder ganz woanders. Während sie ohne Punkt und Komma weiterquatschte, herrschte in meinem Kopf ein komplettes Vakuum.
Meine Mutter war schwanger.
«Hörst du mir überhaupt zu?», giftete Carla aus dem Hörer.
«Carla, es dreht sich nicht immer nur alles um dich. Ich habe gerade herausgefunden, dass meine Mutter schwanger ist!»
«Und ich habe gerade herausgefunden, dass meine Eltern sich scheiden lassen.»
«Was?»
«Du hast mich genau verstanden.»
Kurz darauf lag ich rücklings auf meinem Bett. Ich verstand die Welt nicht mehr, in die ich da zurückkehrte. Prinzessin Diana war tot, Mum war schwanger, und Carlas Eltern ließen sich scheiden. Ich kannte bisher keinen einzigen Menschen, der geschieden war. Mit einem Mal fühlte ich mich fremd in diesem England, und ich sehnte mich nach dem unkomplizierten Leben auf der Farm und nach Gregs Händen auf meinem Körper zurück.
An diesem Abend konnte mir nicht einmal das grüne Notizbuch den Trost bieten, den ich so dringend nötig hatte.
Glaub an dich selbst
Kevin Bates’ Schatztruhe: Deine Mutter war ursprünglich in Charlie verliebt, als wir uns zwei Tage nach meinem einundzwanzigsten Geburtstag kennenlernten. Sie fand, ich sei ein Wichtigtuer. ICH?
V
erschiedenes: Geschwister
Deine Mutter wollte immer eine große Familie, und auch ich fand die Vorstellung herrlich. Dann hätte ich meine eigene Fußballmannschaft (männlich und weiblich) gehabt, und wir wären die Waltons von Süd-London geworden. Worauf ich hinauswill: Deine Mutter entscheidet sich vielleicht für ein weiteres Kind. Oder zwei. Ich weiß nicht, wie alt Du sein wirst, wenn und falls das geschieht, aber ich hoffe inständig, Liebling, dass Du erwachsen genug sein wirst, um damit umzugehen. Färb dem Kind nicht die Haare grün, nur weil Du was zu lachen haben willst. (Dein Onkel Charlie hat das einmal mit mir gemacht. Es hat lächerlich ausgesehen.) Ich will, dass Du verstehst, dass dieses Kind zwar kein Teil von mir ist, aber ein Teil von DIR. Es ist ganz normal, wenn es brüllt, bis Du kurz vorm Nervenzusammenbruch stehst, und gleich anschließend sofort wieder von Dir getröstet werden will. Du musst auf Dein(e) Geschwisterchen aufpassen. Du musst Dir ihre Sorgen
Weitere Kostenlose Bücher