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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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sinnlich geschwungene Lippen   – Carla behauptete, sie habe sichwegen dieser Lippen in ihn verliebt und oh, wie er küssen konnte!   –, und lächelte mich freundlich an. Ich begrüßte ihn, und als ich meine Jacke auszog, kam sein Bruder dazu. Er trug Designerjeans, und über seinen trainierten Brustmuskeln spannte sich ein weißes FCUK- T-Shirt . Abgesehen davon, dass er gut aussah, unterhielt er mich beim Essen auch gut allein, denn Carla und Markus waren voll damit beschäftigt, sich über die Paella hinweg anzugurren.
    «Carla hat mir nie verraten, dass sie eine so hübsche Freundin hat», sagte Raymond.
    «Danke», gab ich zurück und trank einen Schluck Wein. Sein Aussehen machte mich nervös, und das war ein schönes Gefühl.
    «Das ist aber nicht so gelungen, Schatz», bemerkte Markus und stocherte mit der Gabel in dem wässrigen Reis herum.
    «Tut mir leid, Baby. Woran liegt es dieses Mal? Zu viel Pfeffer?», fragte Carla mit einer Kleinmädchenstimme, die ich zuerst für Theater hielt.
    «Nein, ganz im Gegenteil, nicht genug Pfeffer», sagte er mit vollem Mund. Carla sprang auf, rannte in die Küche und kam mit der Pfeffermühle zurück. Ich verkniff mir eine Bemerkung.
    Raymond arbeitete für eine Versicherung. Sein aufregender Job bestand im Ausfüllen von Formularen. Obwohl er viele lustige Geschichten erzählte, fielen mir beim Nachtisch fast die Augen zu. Ich war absolut erledigt.
    «Langweile ich dich?», fragte er verlegen und wirkte plötzlich viel jünger, als er war. Carla und Markus waren in die Küche verschwunden.
    «Nein, ich musste heute nur ziemlich lange arbeiten. Tut mir leid.»
    «Ist schon gut. Carla hat schon erzählt, dass du ein Workaholic bist.»
    «Wie nett von ihr.»
    «Aber wie blendend du aussiehst, hat sie nicht gesagt. An deiner Stelle würde ich mir eine andere Freundin suchen.» Er lächelte, und mir fielen seine perfekten weißen Zähne auf.
    Raymond war zweiundzwanzig und tat all die Dinge, die Zweiundzwanzigjährige eben so tun. Er «killte» seinen Bruder beim Playstation-Match, teilte sich die Wohnung mit ihm und hatte für feste Beziehungen nichts übrig. Auf den ersten Blick wirkten wir wie absolute Gegensätze. Doch gerade die Tatsache, dass er sich nicht binden wollte, machte ihn für mich attraktiv. Bei ihm musste ich nicht befürchten, dass er mehr wollte, als ich zu geben bereit war. Da ich keinen Mann in meinem Leben hatte, gab ich mich mit Spielzeugen zufrieden – und ich rede hier nicht von meiner neuen Nikon Digitalkamera.
    Für mich war es genau das Richtige, mich sonntags und donnerstags mit Ray zu treffen. Unsere fröhlichen, unverbindlichen Telefonate dazwischen taten mir gut. Alles lief so, wie ich es wollte, und passte genau in meinen Terminkalender.
     
    Doch dann kam der Tag, an dem ich zwei leitenden Angestellten unseres Teams sagen musste, dass sie entlassen waren – es schien mir so falsch. Das war einer der schwierigsten Arbeitstage, die ich je erlebt hatte. Dad hatte zu diesem Thema nichts geschrieben, und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Trotzdem schaffte ich es schließlich irgendwie, es erst dem einen und dann der anderen zu sagen. Anschließend schob ich ihnen die Webadresse meinerArbeitsvermittlung zu. Danach fühlte ich mich total mies, und ich wollte mit jemandem reden. Ganz gleich mit wem.
    Als ich zu Hause ankam, war ich vollkommen erledigt.
    Auf dem Anrufbeantworter war eine Nachricht von Ray. Ich rief ihn auf dem Handy zurück.
    «Hallo, Ray.» Ich zog meine Jacke aus und legte sie auf das Sofa. Das Wohnzimmer, beziehungsweise die ganze Wohnung, roch noch nach frischer Farbe, nachdem ich sie in der Woche zuvor hatte neu anstreichen lassen.
    «Du klingst so fertig. Ist alles in Ordnung?»
    «Mir geht’s gut. Es war nur ziemlich anstrengend im Büro.» Ich drückte die Play-Taste auf der Fernbedienung, und Amy Winehouses Stimme erfüllte seidig den Raum. Ich begann mich zu entspannen.
    «Möchtest du darüber reden?»
    Ich dachte einen Moment lang nach. «Nein.»
    «Bist du sicher? Ich bin ein guter Zuhörer.»
    «Nein!», fauchte ich. Was verstand ein Zweiundzwanzigjähriger, der sich beruflich in eine Sackgasse manövriert hatte, schon davon, gute Leute feuern zu müssen. Einen vernünftigen Mann, der zwei Teenager und eine Frau ernähren musste, und eine junge Frau, die eine Hypothek abzuzahlen hatte – genau wie ich.
    «Ich komme vorbei, ja? Kann ich vorbeikommen?»
    «Wann?»
    «Heute Abend?»
    «Statt

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