Für immer, Dein Dad
mit Milliarden von Menschen. Es gibt so viele unterschiedliche Länder, Kulturen, Lebensweisen und Erfahrungsbereiche.
Da ist es logisch, dass jemand sportlicher, reicher, begabter in Mathematik, beliebter bei der Weihnachtsfeier, hübscher (nein, das kannst Du streichen), unterhaltsamer – kurz gesagt, dass jemand in irgendetwas ein bisschen
besser
ist als Du.
So ist das Leben.
Es spielt keine Rolle, meine liebste Tochter, wie gut Du bist, denn es wird garantiert irgendwer auftauchen und dem Rest der Welt demonstrieren, wie viel besser er ist als Du. Die meisten von uns (mich eingeschlossen) sind ohnehin keine Überflieger. Versteh mich nicht falsch, ich BIN GUT im Fußball, aber ich wäre nie der nächste Kevin Keegan geworden. Das habe ich (nachdem mir mein Vater ordentlich die Meinung gesagt hat) schließlich auch begriffen und angefangen, die kleinen Erfolge zu schätzen, die ich
tatsächlich
erzielt habe. Ich habe das Positive gegen das Negative gestellt. Zum Beispiel habe ich nie in der englischen Nationalmannschaft gespielt, aber ich habe drei Preise für mein Dribbling gewonnen UND den besten Kopfball in South-East London hingelegt. Ich wollte auch immer ganz viele Kinder haben,und dann habe ich das GROSSARTIGSTE kleine Mädchen bekommen, mit dem ich je Zeit verbringen durfte. Dich. Nicht schlecht, oder?
Versteh mich nicht falsch, Liebling, Konkurrenz ist wichtig und hat ihren Platz im Leben – aber ich garantiere Dir, dass Du Dich viel besser fühlst, wenn Du Dich nur an einer einzigen Person misst, und das ist – warte … Trommelwirbel … Miss Lois Bates
.
Ich glaube, mein Dad wäre stolz auf mich gewesen, wenn er gewusst hätte, dass ich es mir hätte leisten können, in eine größere Wohnung umzuziehen. Aber meine kleine Wohnung bedeutete mir sehr viel. Hier hatte ich mich zum ersten Mal wirklich zu Hause gefühlt. Also blieb ich. Abgesehen davon war die Wohnung kaum wiederzuerkennen. Ich besaß jetzt eine schicke moderne Küche mit einem riesigen Kühlschrank und einer funkelnagelneuen Waschmaschine. Das gemütliche Wohnzimmer war lässig minimalistisch eingerichtet, und das Beste von allem war mein neuer Firmenwagen – ein Jaguar XJS. Ich wusste, dass er protzig war, und kam mir am ersten Morgen, an dem ich damit im Büro vorfuhr, ziemlich affig vor. Aber er fuhr sich einfach traumhaft, und außerdem wusste ich, dass Dad von diesem Wagen begeistert gewesen wäre, schließlich war eines der Vorgängermodelle sein absolutes Lieblingsauto gewesen!
Ich hatte nichts gegen meine Siebzigstundenwoche einzuwenden. Etwas anderes hatte ich ja nicht zu tun.
Auch mitten in der Nacht aufzustehen, um den Anruf eines Geschäftskunden aus Übersee anzunehmen, nahm ich in Kauf.
Genauso wie die Kopfschmerzen, die ich wegen meineschronischen Schlafmangels hatte. Und die Schatten unter meinen Augen.
Mum und Abbi sah ich kaum noch. Allerdings schaffte ich es, zu Abbis fünftem Geburtstag mit ihr in diesen riesigen Spielwarenladen zu fahren, wo ich ungefähr hundert Pfund für sie ausgab, obwohl ich wusste, dass sie genauso zufrieden gewesen wäre, wenn ich sie einfach zu McDonald’s eingeladen hätte. So verhält man sich, wenn man Schuldgefühle hat.
Aber die Arbeit kam an erster Stelle. Es war mein Erfolg, der mich am Laufen hielt; ich hatte ihn so nötig wie das tägliche Brot, ich brauchte die Arbeit, um zu funktionieren. Mich der nächsten Herausforderung zu stellen, die nächste Hürde zu nehmen, brachte mir Befriedigung. Die Arbeit wurde mein Lebensinhalt, genauso wie für Carla Männer der Lebensinhalt waren. Abgesehen davon hatte mir die Arbeit mehr Beständigkeit und positive Erlebnisse gebracht als jeder Mann. Was war also dabei, allein zu leben und nur eine Handvoll Freunde zu haben? Es war in Ordnung. Mir ging es gut. Ich hatte schließlich immer noch meinen Dad.
In Lichtgeschwindigkeit hatte Carla nach ihrer Trennung fünfzehn Dates mit zehn verschiedenen Männern hinter sich gebracht und «die große Liebe ihres Lebens» gefunden. Markus, ein Freiberufler (was in erster Linie bedeutete, dass er Unmengen Zeit zu Hause verbrachte), kam im Doppelpack mit seinem Bruder Raymond, mit dem er sich die Wohnung teilte. Es dauerte nicht lange, bis Carla bei mir auszog, um sich im Junggesellenhaushalt der beiden einzurichten – sie meinte, dort fehle die «weibliche Hand».
Bald darauf erhielt ich eine Einladung zum Abendessen. «Hi», sagte Markus, der mir die Tür öffnete. Er hatte
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