Für immer, Dein Dad
gestellt. Durch meine kreative Arbeit lernte ich jetzt ganz neue Unsicherheiten an mir selbst kennen.
Mein Fotoapparat war inzwischen fast zu einem zusätzlichen Körperteil für mich geworden. Ich konnte (und wollte) nirgends mehr ohne die schwarze Fototasche über der Schulter hingehen. Manchmal war es lästig, dass ich kein Auto mehr hatte und sie immer schleppen musste, aber auch das ging.
Eines Abends machte ich mich leicht nervös auf den Weg zu Carlas Mutter. Es war gut möglich, dass ich dort Corey begegnete. Ich wollte von Carlas Mutter und Calvin ein paar Aufnahmen machen, um mein Portfolio mit Porträts von Paaren zu ergänzen. Es lag eine besondere Spannung in der Luft, als ich versuchte, die Liebe und Leidenschaft abzubilden, die beide trotz des Altersunterschiedes immer noch verband. Zuvor hatte ich mit Erleichterung gehört, dass Corey mit seiner Zukünftigen in Greenwich unterwegs war, um Wohnungen zu besichtigen.
Ich nahm das glückliche Paar in unterschiedlichen Posen und in unterschiedlichen Räumen auf. Es frappierte mich erneut, welchen Kontrast ihre offenkundige Liebe füreinander zu der offensichtlich abgekühlten Beziehung von Mum und Bingo-Mann bildete.
«Du siehst toll aus!», rief Calvin begeistert, als CarlasMutter in ihrem fünften Outfit erschien – ein rotes, schulterfreies Kleid, das so kurz war, dass ich es vermutlich als Bikini-Oberteil getragen hätte.
«Danke, Schatz!», flötete sie, umschlang ihn und schob ein langes, schlankes Bein an seinem Körper hoch, während sie ihn leidenschaftlich küsste.
Ich räusperte mich, bevor ich anfing, die beiden in selbst gewählten, mehr oder weniger pornographischen Stellungen zu fotografieren. Es erleichterte mich richtig, als ich hörte, wie in der Haustür ein Schlüssel umgedreht wurde, weil sie daraufhin wenigstens ein bisschen voneinander abrückten.
Doch dann kam Corey herein – ohne die blonde Sexbombe.
«Hallo», sagte er ernst und starrte auf den Boden.
Ein Schreck fuhr mir in die Glieder.
«Was ist los, Corey?», fragte seine Mutter und zog ihren Kleidsaum hinunter.
«Nichts, Mum», gab er zurück und warf sich in einen Sessel. Irgendetwas stimmte nicht, und ich kam mir plötzlich vollkommen überflüssig vor.
«Komm, Lois, wir holen etwas zu trinken aus der Küche!», sagte Calvin und schob mich aus dem Wohnzimmer. Es war klar, dass Mutter und Sohn allein sein mussten.
«Hast du eine Ahnung, was er hat?», fragte ich, während sich Calvin einen Rum auf Eis einschenkte und mir eine Rum-Cola zurechtmachte.
«Das werden wir früher oder später schon noch erfahren. Vermutlich hat es was mit seiner Freundin zu tun.»
«Ach so?» Ich nippte an meinem Drink. Der Rum brannte auf meiner Zunge.
«Ich sollte das vermutlich nicht weitertratschen, aber sie haben in der letzten Zeit ständig gestritten, weißt du.»
Das wusste ich nicht. Carla hatte es nicht erwähnt. Nicht, dass ich gefragt hätte.
Calvin nahm einen großen Schluck und schüttelte sich leicht. «Man lernt sich erst so richtig kennen, wenn man zusammenlebt. Deshalb bin ich so glücklich mit meiner Frau. Wir sind einfach füreinander bestimmt. Verstehst du, was ich meine?»
Tat ich natürlich nicht, aber ich nickte trotzdem.
«Du hättest deine Platte mitbringen sollen.»
«‹Du bist mein Stern›?»
«Ja, diese Schnulze. Oder hast du dir inzwischen einen Plattenspieler gekauft?»
Ich schlug ihn empört auf den Arm. «Es ist keine Schnulze! Außerdem schleppe ich schon die ganze Kameraausrüstung mit mir herum. Ich komme schließlich mit dem Bus. Der Plattenspieler, den ich mir übers Internet gekauft hatte, ist leider bei der Überschwemmung draufgegangen.»
«Dann zieh dir den Song doch aus dem Netz!»
«Ich habe schon Stunden danach gesucht, da ist nichts zu machen.»
«Soll ich es mal versuchen? Ich kenne mich mit den Musiksites vielleicht ein bisschen besser aus als du. Jetzt gleich? Vermutlich dauert es ein bisschen, bis wir es finden, und dann noch eine halbe Stunde, um es herunterzuladen», sagte er.
«Hast du denn keinen Breitband-Anschluss?»
«Nein.»
«Sorry, ich habe vergessen zu sagen, dass die Sache mit dem Fotostudio reine Tarnung ist. In mir schlummert immer noch ein Computerfreak.»
«Der aber nicht mal in der Lage war, das Lied im Netz zu finden?»
«Touché!», sagte ich lachend.
Eine halbe Stunde später hatte Calvin Dads Song ausfindig gemacht. Nachdem er ihn heruntergeladen hatte, schickte er ihn mir per E-Mail in einer
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