Für immer Dein
schon hinter der schmalen Tür verschwunden und Joselyne trat ebenfalls den Rückzug an. In ihrem Zimmer, welches sie sich mit Alexia teile würde, fand sie diese dann auch auf einem der Betten sitzend, sich aus den Schuhen quälend, vor. Erschrocken sprang sie auf und versuchte sich vor ihr zu verbeugen, doch es schien ihr nicht so wirklich zu gelingen.
„Alexia, lass das. Mir tut auch alles weh. Ich könnte mich auch vor niemanden mehr verbeugen.“
Müde und verzweifelt ging Joselyne die wenigen Meter bis zu ihrem Bett und setzte sich darauf. Es war recht gemütlich für ein Bett in einem Gasthaus. Das beste Bett, dass Joselyne seit Wochen gehabt hatte. Wenn man jenes im Kerker als solches bezeichnet konnte. Erst jetzt ließ sie ihre müden Augen in dem ganz in Blau gehaltenen Zimmer umherwandern. Jedes Bett enthielt zwei blau-weiß gestreifte Kissen, die perfekt zu dem, mit Blumenmuster besetzten Teppich davor passten.
„Mylady Ihr seht traurig aus, wenn Ihr erlaubt dies zu behaupten“, sagte Alexia mitfühlend.
„Bitte nenn mich Joselyne“, bot sie Alexia an und streifte sich ebenfalls die schmutzigen Schuhe ab. Danach rutschte Joselyne bis ans andere Ende des Bettes und lehnte sich an die dahinterliegende Wand. Sie fühlte sich wieder wie ein Kind, das mit ihrer Schwester im Zimmer saß und über geheime Dinge sprach.
„Was liegt dir die ganze Zeit so schwer auf der Seele?“ fragte Alexia nun noch einmal.
Joselyne spürte die innige Verbindung die sie mit Alexia verband, auch wenn sie diese kaum kannte. Doch trotzdem fiel es ihr nicht schwer nach den richtigen Worten zu suchen.
„Ich weiß nicht wie viel du über mich weißt“, begann sie „aber du musst verstehen, dass ich nicht der Mensch bin, für den mich alle hier halten. Am Anfang meiner Ehe war es auch für mich schwierig, Vertrauen von der Bevölkerung zu erhalten. Mein Mann gab sich nie viel Mühe bei den Bürgern anzukommen. Ich fing damit an ihnen einmal in der Woche Lebensmittel zu bringen, die auf der Burg übriggeblieben waren.“
Nur zu gut konnte sich Joselyne an den Streit mit Thomas erinnern, als sie ihm von ihrem Vorhaben berichtet hatte. Er hatte sie damals auf das Übelste beschimpft und nicht verstanden warum sie dem Pöbel helfen wollte.
„Woche für Woche schätzten und liebten sie mich mehr. Bald schon hatten sie wirklich Vertrauen in mich gefasst. Ich überredete meinen Mann ihnen zu helfen – beim Bau neuer Häuser zu helfen, Stallungen zur Verfügung zu stellen, was eben so anfiel. Die Leute atmeten auf, da plötzlich jemand da war, der ihre Sorgen zu verstehen schien. Verstehst du Alexia. Ich wurde von den Menschen geliebt. Ich war ihre Hoffnung in einer dunklen Welt voll mit Leid und Elend.“
Bei der Erinnerung an all die lieben Menschen die sie einst gekannt hatte, konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. In Strömen liefen sie ihr über die schmutzigen Wangen und tropften auf das einst so saubere Laken.
„Und heute hassen mich alle – sogar der König. Nun bin hier, als Hure. Doch was bin ich. Und wer bin ich. Er hat mir zwar das Leben gerettet, doch für wie lange wird sein Interesse an mir währen, was wird dann aus mir?“
Nun sprang Alexia auf und lief auf das Bett in dem Joselyne solch bittere Tränen weinte zu, um sich neben sie zu setzen. Sofort riss sie Joselyne in ihre Arme und versuchte so einfach nur für sie da zu sein.
„Ach Joselyne, ich kenne Lord Maine zwar nicht gut, aber ich glaube nicht, dass er so ein gefühlskalter Mensch ist, wie er sich vielleicht gibt. Er scheint Mitleid mit dir gehabt zu haben, ansonsten hätte er dich nicht gerettet.“
Sie hatte vermutlich recht, aber so richtig konnte sich Joselyne mit ihrem Schicksal noch immer nicht anfreunden.
„Ich weiß nicht, Alexia“, sagte Joselyne betrübt.
Nun richtete sich Alexia wieder auf und umfasste Joselynes Schulter. „Denk doch mal so. Er ist hübsch und attraktiv, stell dir vor du bekommst einen wie den Wirt.“
Ein müdes Lächeln umspielte Joselynes Lippen, mehr brachte sie heute einfach nicht mehr zustande.
„Mal im Ernst. Du hast ein Dach über dem Kopf, genügend zu Essen und vor allem bist du am Leben.“
Als es dann an der Tür klopfte und wenige Sekunden später de Vere eintrat, war sie kaum noch damit fertig geworden sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Wieder einmal saß sie vor ihm – zusammengerollt wie ein Häufchen Elend. Doch auch er wirkte müde, was jedoch kein bisschen an seiner Ausstrahlung
Weitere Kostenlose Bücher