Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
sah ihre Mutter bewusstlos auf dem Bett liegen, ein leeres Tablettenröhrchen auf dem Nachttisch. Sie klappte den Briefschlitz auf und brüllte: »Mum! Mum!«
Zu ihrem Erstaunen wurde die Tür augenblicklich aufgerissen, so als habe sich die Mutter die ganze Zeit über dahinter versteckt.
»Liebes!«, rief Sarah gleichermaßen verwirrt und erfreut aus. »Wie, um Himmels willen, bist du hergekommen?«
»Zu Fuß. Vom Bahnhof aus.« Und Bud fuhr fort: »Wen hast du denn eigentlich erwartet?«
»Nie…mand.«
Bud warf ihrer Mutter einen scharfen, prüfenden Blick zu.
»Also, wenn du’s unbedingt wissen willst, ich dachte, du bist die Journalistin, die die Biografie schreiben will«, gestand Sarah. »Ich konnte mir nicht vorstellen, wer sonst hier unangemeldet auftauchen sollte.«
»Aber sie war dir doch sympathisch, Mum!«
»Ja, war sie.«
»War?«
»Ja, das hat sich geändert«, murmelte Sarah. Innerhalb weniger Minuten hatte sie den Grund für ihren Meinungsumschwung erklärt. Whoopee hatte begonnen, ihr liebevolle Mitteilungen per SMS zu schicken.
»Ich glaube, er möchte zu mir zurückkommen«, mutmaßte Sarah und lächelte, als habe man ihr den Himmel auf Erden versprochen.
»Wie genau lauten denn diese Botschaften?«
»Ich weiß nicht, ob das für deine Ohren bestimmt ist, Liebling …«, begann Sarah.
Das wusste Bud auch nicht, aber sie ahnte, dass Sarah ihr die Mitteilungen auf ihrem Handy sowieso zeigen würde. Mit wem sonst sollte sie darüber reden? Wer sonst kannte Whoopee so gut? Auch wenn Bud mit Gefühlen wie Verlegenheit und Widerwillen kämpfte, so viel war sonnenklar.
»Darling, Crinkle, du bist eine Heihlige«, lautete die erste Kurzmitteilung.
Bud runzelte die Stirn.
»Ich glaube, er meint ›Heilige‹«, erklärte Sarah.
»Vermutlich.« Whoopees Rechtschreibschwäche war ein streng gehütetes Familiengeheimnis und der Grund dafür, dass er auf seinen Sohn Spud, den Dichter, so stolz war. Er war geradezu virtuos, wenn es darum ging, sich ohne Sarahs Korrektiv schriftlich ausdrücken zu müssen. Bud fragte sich, wie wohl seine junge Freundin darauf reagierte. Oder hatte sie es möglicherweise noch gar nicht festgestellt? Außerdem überlegte sie, weshalb er nicht einfach angerufen hatte. Testete er lediglich die Stimmung, oder wollte er unangenehme Fragen bezüglich seiner Affäre vermeiden?
»Hab Gehdult. Bleib in der Leitunk«, endete die Mitteilung, und Bud zog eine verzweifelte Grimasse, denn alles hatte schließlich seine Grenzen.
»Das ist ein Witz«, erklärte ihre Mutter hastig. »Das sagen die Telefonistinnen, wenn man nicht auflegen soll. Ist einer seiner bestgehassten Sprüche.«
Die andere Mitteilung lautete schlicht: »Lass uns Trip planen« und endete mit einer Reihe von X.
Bud kam ein hässlicher Verdacht. Ihr wurde klar, dass, obwohl rein theoretisch niemand mehr mit Whoopee sprach, es durchaus möglich war, dass er mit ihrem Bruder telefoniert hatte. Und Spud wetterte mit Vorliebe gegen die Familie. Er könnte sogar ein verräterisches Gedicht über die überraschende Erbschaft geschrieben haben – eine unbeholfene und giftige Kanonade gegen die Reichen dieser Welt.
Noch während sie sich überlegte, wie sie ihre Mutter warnen konnte, folgte die nächste Überraschung.
»Ich weiß nur zu gut, was du denkst, Liebling«, verkündete Sarah mit einem Lächeln. »Natürlich ist Dad auf dem Laufenden. Über das Geld, meine ich.«
»Er weiß es?«
»Ja, ich habe es ihm gesagt!« Das klang triumphierend und kein bisschen verschämt. »Und weißt du, was? Wenn er deshalb zu mir zurückkommt, dann ist mir das auch egal!«
Viel später, nachdem ihre Mutter längst zu Bett gegangen war, rief Bud im Garten, wo niemand mithören konnte, von ihrem Handy aus Guy an. »Jetzt bin ich im Bilde!«
»Traurig«, stimmte Guy ihr zu, und sie hörte, wie er gähnte.
»Ich hoffe nur«, erklärte Bud mit Nachdruck, »dass ich mich nie im Leben so erniedrige.«
»Kaum vorstellbar.« Dann schlug Guy vor: »Ich finde, du solltest übers Wochenende bleiben. Behalte sie im Auge.«
Aber Bud hatte nicht die Absicht, Zeit mit Gesprächen über ihren Vater zu verschwenden – oder vielmehr damit, zuhören zu müssen, wie ihre Mutter darüber schwadronierte, dass ihn keine und das junge Ding alle Schuld träfe. Gleich nach dem Frühstück am nächsten Morgen verkündete sie, sie sollten endlich mit dem Räumen beginnen. »Ich fasse es nicht! Du hast ja nicht mal damit angefangen!«
In
Weitere Kostenlose Bücher