Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
und ich starre angestrengt aus dem Fenster, versuche, mich irgendwie in den Griff zu bekommen. Gehen lassen kann ich mich immer noch, wenn ich zu Hause bin.
»Cole?«, fragt Peter nach einer Weile. Ich schließe die Augen, versuche, gegen das beklemmende Gefühl in meinem Brustkorb anzuatmen. Ich kann jetzt nicht reden oder irgendwelche Fragen beantworten. Was sollte ich auch sagen? Griffon hat mich vor fünfhundert Jahren betrogen? Er war in einem anderen Leben mein Henker? Die Geheimnisse, die das Akhet-Sein mit sich bringt, beginnen, sich mit meinem wirklichen Leben zu vermischen, und ich habe Angst, ich könnte irgendwas Verrücktes sagen.
»Cole?«, fragt Peter noch mal. »Ich habe keine Ahnung, wo du wohnst.«
Ich atme erleichtert auf. »Haight.«
»Und wo genau?«
Ich lehne den Kopf an das Seitenfenster, fühle mich plötzlich total erschöpft.
»Lass mich irgendwo raus. Am Masonic ist okay.«
»Ich bringe dich lieber bis nach Hause«, sagt er und wirft mir einen besorgten Blick zu.
Ich schüttele den Kopf. »Vom Masonic ist es nicht mehr weit.« Ich möchte noch ein paar Blocks laufen und versuchen, meinen Kopf freizubekommen, bevor ich zu Hause aufkreuze.
Und plötzlich sind wir schon da. Peter hält am Straßenrand vor dem Ben & Jerry’s. Wie immer am Freitagabend ist im Haight die Hölle los. Scharen von Leuten bevölkern die Gehwege, drängen sich in die vielen Bars, Clubs und Cafés. Die perfekte Kulisse, um unbehelligt eine Weile unterzutauchen, und in Gefahr bin ich hier bestimmt nicht.
Peter sieht durch die Windschutzscheibe nach draußen. »Bist du sicher, dass es okay ist?«, fragt er.
»Bestens«, antworte ich und greife nach dem Türgriff. »Danke.«
Ich tauche ein in den Strom von Menschen, lasse mich über den Gehweg davontragen, denke an gar nichts, setze nur einen Fuß vor den anderen. Alles, was ich will, ist nach Hause gehen, mich in meinem Bett vergraben und vergessen, was in den letzten Wochen passiert ist. An der Ecke, wo die Obdachlosen immer rumhängen, liegt der Geruch von Pot in der Luft und irgendwer trommelt auf Bongos. Vertraut und irgendwie tröstlich. Nach dem Gewusel im Haight umfängt mich die Ruhe in meiner Wohngegend wie ein warmes, entspannendes Bad. Hier und da zieht es ein paar Leute zu den Lichtern der vereinzelten Clubs, aber größtenteils habe ich die letzten Blocks für mich allein.
Als unser Haus schon in Sichtweite ist, sehe ich plötzlich, wie die Eingangstüre aufgeht, und im Licht, das von drinnen herausfällt, erkenne ich deutlich Griffons Silhouette. Er trägt keinen Helm, aber seine Haare sind zerzaust, so als hätte er ihn gerade erst vom Kopf gezogen. Schnell drücke ich mich an der Wand des Nachbarhauses in den Schatten und beobachte, wie er mit Mom spricht. Was er sagt, kann ich nicht hören, aber er muss sehr überzeugend sein, denn nach wenigen Augenblicken tritt sie einen Schritt zurück, um ihn hereinzulassen, und schließt die Tür hinter ihm.
»Verdammt«, flüstere ich. Keine Ahnung, was er ihr erzählt hat, aber mit der Wahrheit hat es bestimmt nichts zu tun. Und zum ersten Mal mischt sich ein Gefühl von Angst in meine heiße Wut. Was er über Veronique gesagt hat, trifft auch auf ihn zu: Jetzt hat er keinen Grund mehr, noch länger Versteck zu spielen. Er hat mich schon einmal getötet, warum sollte er es nicht ein zweites Mal versuchen?
Ich drehe mich um und gehe mit schnellen Schritten in Richtung Haight zurück. Solange Griffon dort ist, kann ich nicht nach Hause, ich muss irgendwo anders hin. Irgendwohin, wo er mich nicht findet. Gerade als ich mein Handy aus der Tasche ziehe, fängt es an zu klingeln. Ich schaue auf das Display: Mom. Ich schlucke kräftig, drücke »ablehnen« und wähle Raynes Nummer.
»Wo bist du denn?«, schreit Rayne ins Telefon. »Als wir zum Strand zurückgekommen sind, waren alle total aufgeregt wegen dem Streit zwischen dir und Griffon.«
»Ich bin bei unserem Haus. Aber er ist da drin … und ich will ihn jetzt nicht sehen. Kann ich mit zu dir nach Hause kommen?«
»Klar. Sienna ist mit dem Auto da. Sollen wir dich abholen?«
»Ja, das wär cool. Könnt ihr zum Café kommen?« Dann muss ich nicht frieren und es werden genügend Leute um mich herum sein. Außerdem brauchen sie nur zehn Minuten bis dorthin.
»Wir fahren gleich los«, sagt Rayne.
Gerade habe ich mich Richtung Café in Bewegung gesetzt, als mein Handy wieder klingelt. Diesmal brauche ich nicht nachzusehen, um zu wissen, dass es Mom
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