Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
mehr zu essen gäbe, würde ich keine runterkriegen. Verstohlen picke ich sie aus dem Salat, schiebe sie an den Tellerrand und hoffe, dass Janine es nicht bemerkt, denn ich möchte sie nicht vor den Kopf stoßen. »Sie ist einfach nur meine Cello-Schülerin.«
Janine scheint es ganz normal zu finden, dass Griffon Dinge über mein Leben weiß. Die Art, wie die beiden miteinander umgehen, erinnert eher an eine Beziehung unter Mitbewohnern als zwischen Mutter und Sohn. Sie scheinen nicht viele Geheimnisse voreinander zu haben. »Hast du in ihrer Nähe schon einmal etwas Unangenehmes gespürt, oder sogar ein Gefühl von Gefahr?«
»Ein paar Mal hatte ich Erinnerungen«, erwidere ich vage. Den Gedanken, dass Alessandra und Veronique irgendwie miteinander zu tun haben könnten, mag ich nicht aussprechen, nicht einmal zu Ende denken. Es würde Griffons Theorie bestätigen.
Griffon legt die Gabel aus der Hand. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
»Weil ich bisher keine Verbindung zwischen beidem gesehen habe. In manchen Visionen bin ich Cellistin, eine italienische, glaube ich, aber ich befinde mich in San Francisco. Da ist diese junge Frau, ein bisschen älter als ich. Sie heißt Alessandra. Aber sie ist immer sehr nett zu mir. Wir sind sogar Freunde. Wenn Veronique wirklich Alessandra ist, dann kann ich mir nicht vorstellen, wo die Gefahr liegen sollte.« Vor meinem geistigen Auge erscheint ein Bild von Alessandra, die auf der Bühne sitzt und Cello spielt. »Und außerdem: Wenn Alessandra so gut Cello spielen konnte, warum kann Veronique es dann nicht? Hätte sie die Fähigkeit nicht mit in dieses Leben gebracht, so, wie du vorhin gesagt hast?«
»Vielleicht gibt sie nur vor, nicht so gut spielen zu können, damit sie einen Grund hat, in deiner Nähe zu bleiben.«
»Das würde ich merken.« Ich glaube nicht, dass sich jemand in der Musik so stark verstellen kann.
»Na ja, man nimmt nicht immer alles mit«, sagt Griffon, »vor allem, wenn man noch nicht lange Akhet ist. Es könnte also sein, dass sie gerade diese Fähigkeit nicht behalten hat. Das ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber möglich.«
Janine kaut nachdenklich und sieht Griffon an. »Denkst du, sie ist eine Shewi?«
Griffon schüttelt den Kopf. »Nein. Sie fühlte sich nicht an wie eine völlig neue Akhet. Vielleicht ist sie eine Rächerin. Auf jeden Fall hat sie etwas zu verbergen und es hat mit Cole zu tun.«
»Rächerin?«, frage ich. Langsam komme ich nicht mehr mit.
»Rächer sind Akhet, die Vergeltung suchen. Sie gehören nicht zum Sekhem. So heißt das Bündnis, dem die meisten von uns älteren Iawi-Akhet angehören.«
»Eine Art Geheimbund?« Ich fühle mich immer mehr wie in einem Indiana-Jones-Film.
»Ja, so ähnlich. Wir haben uns zum Sekhem zusammengeschlossen, um unsere Aufgaben hier zu koordinieren. Um … unseren Teil dazu beizutragen, die Dinge zum Guten zu wenden.«
»Was für Dinge?«, frage ich noch verwirrter. Janine und Griffon sehen sich über den Tisch hinweg an.
»Alles«, sagt Janine schließlich. »Alles, was die Menschen über Jahrtausende hinweg verschuldet haben – Hunger, Armut, Krankheit, Umweltzerstörung. Alles, was unsere Existenz bedroht. Im Laufe der Zeit spezialisiert sich jeder Akhet. Er nutzt seine besonderen Fähigkeiten, um innerhalb jeder Lebensspanne an seiner eigenen Vervollkommnung und an einer bestimmten Aufgabe zu arbeiten. Unsere Fähigkeiten wachsen mit jedem Leben und damit wächst auch unsere Verantwortung gegenüber dem Sekhem.« Sie spießt eine Kartoffel auf ihre Gabel. »Wie auch immer, Griffon täuscht sich selten in solchen Dingen.«
Ich rutsche nervös auf meinem Stuhl hin und her. »Aber wie soll ich herausfinden, was Veronique will? Und kann ich irgendwas dagegen tun?«
»Schwer zu sagen«, antwortet Janine. »Manche Rächer versuchen nur, möglichst viel Unordnung in dein Leben zu bringen, dir Schwierigkeiten zu machen.« Sie macht eine kleine Pause. »Griffon glaubt aber, dass Veronique mehr will als das.«
»Ihr Wesenskern hat sich dunkel angefühlt«, sagt Griffon. »Ich glaube nicht, dass sie schon lange Akhet ist, vielleicht hundert Jahre. Aber manchmal sind das die gefährlichsten. Wie Baby-Klapperschlangen, die ihre Giftdrüsen noch nicht unter Kontrolle haben. Was auch immer in der Vergangenheit zwischen euch vorgefallen ist – ich denke nicht, dass sie sich mit einer Beule an deinem Kopf zufriedengeben wird.«
Janine runzelt die Stirn. »Es ist ungewöhnlich,
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