Fuer immer du
tief die frische Nachtluft in meine Lungen. Sie fühlte sich so erfrischend an, dass ich fast geräuschvoll aufgeseufzt hätte. Doch zwei laut streitende Stimmen hielten mich im letzten Moment zurück. Stattdessen stellte ich die Atmung ein, drückte mich näher an die Zeltwand und schlich langsam bis fast ans Ende. Vorsichtig beugte ich mich etwas nach vorne und lunzte um die Ecke.
Sam und Adrian standen allein am Rand des Waldes, der gleich an das Feld anschloss. Keine fünf Meter von mir entfernt. Es war definitiv ruhiger hier hinten. Aber diese Art von Ruhe hatte ich nicht gemeint.
»Ich meine es ernst.« Adrian starrte Sam wütend an. Seine Hände hatte er an die Seiten gedrückt und zu Fäusten geballt. Die beiden waren von einer flirrenden schwarzen Wolke aus Mücken und Nachtfaltern umgeben, die vom Licht der Scheinwerfer angezogen wurden, doch keiner von ihnen schien es auch nur zu bemerken.
»Ich auch.« Sam grinste wie immer verschmitzt. Ich fragte mich, ob dieser Kerl auch mal ernst sein konnte? Ihn schien nichts aus der Bahn werfen zu können. Nicht einmal das, was sein Bruder ihm gleich an den Kopf werfen würde.
»Du lässt die Finger von ihr! Die ist nichts für dich.«
»Warum? Weil du sie willst. Ich hatte nicht das Gefühl …«
»Nein«, unterbrach Adrian ihn. Er ließ sich gegen einen Baumstamm sinken. Schnell zog ich den Kopf zurück. Seine Augen waren in meine Richtung gehuscht? Hatte er mich gesehen? Nein, unmöglich. Die Scheinwerfer mussten ihn so blenden, dass er mich nicht entdeckt haben konnte.
Gegen das Zelt gelehnt atmete ich langsam aus. Redete Adrian von mir? War ich in seinen Augen nicht die Richtige für Sam? Wenn er dachte, dass ich für Sam nicht gut genug war, dann war ich es wohl auch nicht für ihn. Warum? Was hatte ich getan, dass er so von mir dachte?
In meinem Magen bildete sich ein Kloß. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand seine Faust langsam in die Magengrube gebohrt. Ich verdrängte dieses unangenehme Gefühl, das mich immer überkam, wenn jemand schlecht von mir dachte. Adrian hatte keinen Grund, so über mich zu denken. Aber ich hatte Grund genug, schlecht über ihn zu denken. Weil er mich verurteilte, ohne mir auch nur eine Chance gegeben zu haben. Enttäuschung breitete sich in mir aus, aber auch Wut. Ja, ich war wütend auf ihn.
»Nein«, hörte ich Sam mit einer Stimme sagen, die vor Sarkasmus troff. »Natürlich nicht. Das könntest du ihr nicht antun. Stimmt´s. Selbst nach all der Zeit, wäre es für dich, als würdest du sie betrügen. Nur deswegen bist du jetzt hier. Du willst ihr näher sein.« Sam lachte höhnisch. Mein Herz rannte in meiner Brust. Was hatte das zu bedeuten? Und, wer war sie ?
Langsam beugte ich mich wieder vor.
In Adrians Gesicht standen Schmerz und Verzweiflung. »Ich habe dich nicht gebeten, mir zu folgen. Eigentlich hatte ich sogar ziemlich deutlich gesagt, dass ich dich nie wieder sehen will«, sagte Adrian rau.
»Warum? Seit wann interessiert es dich, was ich tue?«
Adrian biss in seine Unterlippe und stieß sich vom Baum ab. »Es hat nichts mit ihr zu tun. Es wäre nur ganz nett, wenn du dich weniger auffällig benehmen würdest. Ich habe vor, einige Zeit hierzubleiben.« Selbst von meinem Horchposten aus, konnte ich die Lüge in seiner Stimme hören.
»Ja, bau ihr einen Schrein. Vielleicht kommst du dann über sie hinweg«, rief Sam Adrian nach, der sich zu m Gehen abgewandt hatte.
Schnell hastete ich wieder auf die andere Seite des Festzeltes und lehnte mich gelangweilt an einen der Stahlträger. Dass er mich tatsächlich beim Lauschen erwischen würde, hatte mir noch gefehlt. Er schien mich ohnehin nicht zu mögen. Da musste ich ihm nicht zusätzlich noch auf die Nase binden, was für ein schrecklicher Mensch ich war. Ich hätte gehen müssen, als ich gehört hatte, dass die beiden sich stritten. Aber nein, ich war zu neugierig gewesen.
Und doch musste ich mir eingestehen, ich wollte unbedingt wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Liebte Adrian ein anderes Mädchen so sehr, dass er sie nicht loslassen konnte? Wer war dieses Mädchen? Was war passiert? Hatten sie sich getrennt? Nein, Sam hatte gesagt, Adrian solle ihr einen Schrein errichten. Sicher hatte er das nicht ernst gemeint, aber es hieß, Adrians Liebe war tot, oder?
Ich empfand Mitleid mit Adrian, aber zugleich stahl sich auch Eifersucht in mein Herz. Dieses Mädchen war noch immer Teil seines Lebens. Wie lange war es schon her? War er deswegen so
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