Fuer immer du
auf, doch dann fiel mir der Aufsatz wieder ein. Wahrscheinlich war sie nicht zufrieden mit meiner Arbeit.
Es klingelte, als ich gerade die ersten Sätze geschrieben hatte. Ich packte meine Schulsachen in meine Umhängetasche und blieb an meinem Platz sitzen.
»Kommst du nicht mit«, wollte Mel wissen.
»Nein, ich soll hierbleiben.« Ich nickte in Richtung Direktorin, die an ihrem Pult saß und sich Notizen machte.
»Dann bis später.«
Das Klassenzimmer leerte sich. Die Dietrich stand von ihrem Stuhl auf, trat an ein offenes Fenster heran und sog tief die letzten Sonnenstrahlen auf. In wenigen Wochen würde der Spätsommer enden. Sie schloss das Fenster und wandte sich zur Tür um, um auch diese zu schließen. Ich beobachtete sie ungeduldig und, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, auch etwas ängstlich. Nur wenige Lehrer hatten es geschafft, mich derart zu beeinflussen. Aber die Direktorin der Marienschule hatte etwas Furcht- und Respekteinflößendes an sich. Und das, obwohl sie bisher immer freundlich zu mir gewesen war.
»Machen wir es kurz«, setzte sie an und nahm wieder hinter ihrem Schreibtisch Platz. »Du bist etwas Besonderes. Ich möchte nicht um den heißen Brei herumreden. Ich habe gesehen, was du mit dem Wasserglas gemacht hast. Und auch die Rose hat sich für einen winzigen Augenblick vom Boden erhoben.«
Schockiert zog ich die Luft ein. Ein Zittern durchfuhr meinen Körper und Schauer arbeiteten sich meine Wirbelsäule hinauf. Wie sollte ich darauf reagieren? Sollte ich es abstreiten? Auch, wenn es zwischen Adrian und mir gerade nicht zum Besten stand, aber gerade jetzt wünschte ich mir, er wäre hier und würde mir sagen, was ich tun sollte. Wahrscheinlich abstreiten. Ich holte Luft und wollte gerade zu einer Lüge ansetzen, als mir die Dietrich ins Wort fiel.
»Du musst nicht lügen. Seit Jahren mache ich den Kreis schon. Es gibt einige wenige Kinder mit besonderen Fähigkeiten. Ich suche nach ihnen, um ihnen zu helfen. Das ist meine Arbeit.«
Mit gerunzelter Stirn musterte ich die Dietrich. War sie etwa auch ein Engel? Geträumt hatte ich noch nicht von ihr. Aber hatte ich sie schon irgendwann einmal berührt? Ich holte mir die verschiedenen Situationen in denen ich schon mit der Dietrich zu tun hatte ins Gedächtnis, aber ich konnte mich nicht erinnern , ob ich sie berührt hatte oder nicht.
»Und woher kommen diese Fähigkeiten«, fragte ich deswegen. Wenn sie ein Engel war, wusste sie davon. Dann konnte ich mit ihr offen reden. Aber wenn nicht, dann war sie nur durch Zufall auf etwas gestoßen.
»Das kann ich nicht sagen. Viele der Kinder zerbrechen daran, weil sie diese Kräfte nicht verstehen. Ich versuche sie anzuleiten, damit das nicht passiert. Aber vergiss nie, es gibt Wege, um diese Fähigkeiten loszuwerden, wenn sie mehr Fluch als Gabe sind.«
Loswerden? Eine Option, die ich auf jeden Fall in Erwägung ziehen sollte, aber vielleicht sollte ich erst mit Adrian darüber sprechen. »Wie viele außer mir gibt es denn?« Gab es wirklich mehr wie mich. Wiedergeburten von Engeln? Adrian hatte nichts dergleichen erwähnt.
»Nicht viele. Zumindest stoße ich nicht allzu oft auf welche. Du bist die erste seit vier Jahren.«
»Also wissen sie keinen Grund dafür«, hakte ich nach. Die Angst war gewichen, aber nervös war ich immer noch. Ich würde ein ernstes Gespräch mit Adrian führen müssen.
Sie sah auf ihre Uhr. »Ich wollte dich nur wissen lassen, du kannst jederzeit zu mir kommen. Ich kann dir beibringen, diese Fähigkeit zu kontrollieren und sie gewissenhaft einzusetzen.«
»Einzusetzen wofür?«
»Das wird sich zeigen.« Sie stand auf. »Wie wäre es mit einer kleinen Übung?«
Ich nahm meine Tasche und folgte ihr in den Gang vor den Klassenräumen. Die meisten Schüler waren schon in den Klassenzimmern verschwunden. Nur ein paar befanden sich noch im Gang.
»Siehst du Sina dort drüben vor der Anzeigentafel stehen?«
Ich folgte dem Blick der Direktorin und nickte. »Während der Stunde vorhin habe ich ihr gesagt, sie soll hier warten, weil ich mit ihr reden muss. Ich habe ihr heimlich mein Handy in die Schultasche gesteckt. Das kleine Fach vorne dran. Kannst du es erkennen von hier aus?«
»Ja. Ich soll das Handy hier herholen, oder?« Die Dietrich nickte und lächelte. »Aber wenn es jemand sieht?«
»Keine Angst, niemand sieht her. Konzentriere dich einfach nur auf das Telefon.«
Sina stand gut drei Meter von mir entfernt. Ich spielte nervös mit
Weitere Kostenlose Bücher