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Für immer, Emily (German Edition)

Für immer, Emily (German Edition)

Titel: Für immer, Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilka Hauck
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sehen wie du.“
     
    Am Samstag darauf war es soweit. Niclas führte mit seinem Vater das Gespräch, das er nie hatte mit ihm führen wollen. Emily wartete unterdessen oben in seinem Zimmer. Sie stand am Fenster und sah hinaus. Es war ein schöner Tag, relativ warm für die Jahreszeit und die Sonne schien mit der ihr eigenen milden Wärme, die es nur im Herbst gab. Sie knetete ihre Finger und seufzte leise. Niclas war sehr nervös gewesen. Er hatte zwar nicht viel gesagt, aber sie kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu merken, wenn ihm etwas sehr an die Nieren ging. Sie hoffte inständig, dass das Gespräch mit seinem Vater gut verlaufen würde. Er musste endlich damit aufhören, sich selbst kaputtzumachen wegen dieser Sache. Er war ein Kind gewesen, das die Zeit vergessen hatte, nicht mehr und nicht weniger. Sie konnte zwar gut verstehen, dass er sich Vorwürfe machte, denn seine Mutter war deswegen auf die Straße gegangen und hatte ihr Leben verloren. Sie war nicht nur verletzt worden, hatte sich ein Bein oder einen Arm gebrochen, sie war tot, und damit musste Niclas leben. Aber es sollte ein Leben frei von diesen selbstzerstörerischen Schuldgefühlen sein. Was geschehen war, war ein Unfall gewesen, ein schrecklicher, tragischer Unfall. Jedem hätte das passieren können.
    Emily seufzte wieder und wandte sich dem DVD Regal zu. Sie besah sich die Filme, holte hin und wieder einen heraus, las die Inhaltsangabe, ohne wirklich zu verstehen, was da stand, und stellte ihn wieder zurück. Schließlich setzte sie sich auf die Couch und wartete. Die Zeit verging und sie überlegte, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, wenn die beiden so lange miteinander sprachen. Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass es gut sein musste, sonst würden sie sicher nicht so lange reden. Dennoch war sie nervös und erleichtert, als Niclas nach einer gefühlten Ewigkeit endlich auftauchte. Er war blass und seine Augen waren gerötet.
    Emilys Herz zog sich zusammen, sie lief ihm schnell entgegen. Er schloss sie in die Arme und drückte sie an sich.
    „Und? Wie ist es gelaufen. Geht‘s dir gut, Nic?“ Emilys Stimme zitterte etwas.
    Niclas nickte. „Mir geht‘s gut, keine Angst. Es war ziemlich aufwühlend, aber mein Dad hat großartig reagiert. So, wie du es gesagt hast. Komm, wir setzen uns erst mal.“
    Sie setzten sich nebeneinander auf die Couch. „Mein Dad war ziemlich geschockt von all dem. Er war entsetzt darüber, dass ich das so lange mit mir herumgeschleppt habe und er nichts gemerkt hat. Aber wie hätte er das merken sollen? Ich glaub, ich war ziemlich gut darin, es zu verbergen. Nur du hast mich durchschaut.“ Niclas lächelte kurz und drückte Emily an sich. Sie strich ihm über die Wange. „Er hat das Gleiche gesagt wie du, dass es nicht meine Schuld war, dass es ein Unfall war, und meine Mutter nicht gewollt hätte, dass ich daran zerbreche. Und er war ziemlich fertig, weil ich mich damals nicht getraut habe, gleich mit ihm darüber zu reden. Er hat sich entschuldigt, dass er als Vater versagt hat, aber das wäre zu einfach, ihm alleine die Schuld zu geben. Wir haben beide Fehler gemacht. Ich hätte auch mehr auf ihn zugehen können, als ich älter wurde. Es war für uns beide nicht gerade leicht, über all das zu reden, aber ich bin froh, dass wir es getan haben. Emily, irgendwie hab ich das Gefühl, mein Vater und ich können nun noch einmal ganz von vorne anfangen, verstehst du?“
    Sie nickte. „Ja, das verstehe ich. Endlich ist diese Mauer zwischen euch weg. Ach, Nic, ich bin froh, dass es gut gelaufen ist. Ich hab mir echt Sorgen gemacht.“
    „Ja, das hab ich auch. Em, danke, dass du mich darin bestärkt hast, mit meinem Vater zu sprechen. Ich kann dir gar nicht sagen, wie es sich anfühlt, dass er endlich Bescheid weiß. Dass er damit klarkommt und mich jetzt nicht hasst. Es fühlt sich an, als ob eine riesige Last von mir abgefallen wäre. Weißt du, es ist nicht so, dass ich nun nicht mehr traurig bin, wegen dem, was passiert ist, und dass ich es nicht mehr bereue. Ich werde es wohl mein Leben lang bereuen, dass ich damals nicht pünktlich war. Aber, Em, zum ersten Mal seit acht Jahren hab ich das Gefühl, mich endlich mit mir selbst aussöhnen zu können.“ Niclas senkte den Kopf und seine Stimme wurde sehr leise. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn man jeden Tag mit solch einer Schuld leben muss. Es gab Tage, da habe ich mich so gehasst, dass ich am liebsten von der

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