Für immer, Emily (German Edition)
zurück.“ Er legte Ben die Leine an, und gleich darauf waren die beiden zur Tür hinaus verschwunden.
Emily blieb einen Moment stehen und starrte auf die verschlossene Tür, dann drehte sie sich um und lief nach oben, um sich umzuziehen. Im Schlafzimmer zog sie ihre Jeans und den dicken Pulli aus, sodass sie nur in Slip und einem T-Shirt dastand, und betrachtete sich im Spiegel. Die Worte, die Rocco vorhin gesagt hatte, gingen ihr nicht aus dem Kopf, so sehr sie sich auch ärgerte, dass sie die ganze Zeit daran denken musste.
‚ Immerhin hattest du ja ein paar echt scharfe Schnecken am Start.‘
Sie setzte sich aufs Bett und schloss die Augen. Es war nur das dumme Gerede eines arroganten Blödmanns gewesen, und doch spürte sie einen scharfen Schmerz im Herzen. Denn dieser Spruch kratzte an dem, was ihr sehr zusetzte, obwohl sie es nicht zugeben wollte, und auch Niclas es als völlig unwichtig abtat. Sie wusste nicht, wann und ob sie mit Niclas würde schlafen können. Ja, er sagte, das sei ihm nicht wichtig, und sie wusste, er meinte das auch so. Und dennoch. Wie lange würde es ihm genügen, nur kuscheln zu können? Würde er nicht doch irgendwann das Gefühl haben, etwas zu verpassen? Emily machte sich nichts vor. Niclas hatte bereits einige Freundinnen gehabt, und ihr war klar, dass er mit denen nicht nur Händchen gehalten hatte. Er sagte zwar, all das habe ihm nichts bedeutet, er hätte damit nur seine Einsamkeit betäuben wollen, und sie glaubte ihm das auch. Dennoch war Niclas ein gesunder junger Mann, und da war es doch nur normal und verständlich, dass er auch körperliche Wünsche und Bedürfnisse hatte. Sie stützte den Kopf in die Hände und verdrehte die Augen. Wie das klang. So unbeteiligt, als ob sie es aus einem Lehrbuch ablesen würde. Die Wahrheit jedoch war, dass es ihr wehtat, daran zu denken, dass andere Mädchen ihm etwas hatten geben können, was sie nicht konnte. Das konnte sie noch so sehr abstreiten, es war so. Und die Wahrheit war auch, dass Niclas sie liebte und sich sicher wünschte, ihr ganz nahe zu sein. So nahe, wie zwei Liebende sich eben sein können. Und sie? Wünschte sie sich das auch? Sie strich sich mit beiden Händen durch die Haare und plötzlich hatte sie das Gefühl, Niclas‘ Duft zu riechen, sie sah sein süßes Lächeln, seinen unglaublich sexy Körper. Fühlte seine glatte Haut und seine Muskeln unter ihren Fingern. Sah seine Augen, die sie so zärtlich anschauen konnten, dass ihr Herz vor Aufregung wie ein Schmetterling in ihrer Brust flatterte. Sie fühlte seine Arme, die sie fest hielten, seine Schulter, an der sie sich geborgen fühlte, an der sie sich ausweinen konnte und die ihr Halt versprach. Und plötzlich war ihr klar, ja, sie wünschte sich das auch. Sie wünschte sich, dass Niclas sie liebte. Mit allen Sinnen, und sie wollte ihm alles schenken, was sie ihm geben konnte, wollte ihm ganz nah sein, ihn spüren, halten und lieben. Sie wünschte sich das sehr, und doch hatte sie Angst davor. Angst, an das andere erinnert zu werden, und dass die Zärtlichkeit, das Begehren und die innige Nähe zu Niclas beschmutzt werden würden, durch diese dunklen Erinnerungen. Angst, dass in den intimsten Momenten, die sie teilen könnten, diese Panik und Abwehr in ihr aufsteigen und alles zerstören würden. Wie weh würde sie Niclas damit tun? Wenn sie ihn in solch einem Moment panisch abwehren und etwas, was doch das Schönste auf der Welt zwischen zwei Menschen sein sollte, als schmutzig und falsch empfinden würde? Und sie wusste ja nicht, wie sie in solch einer Situation letztendlich reagieren würde. Emily stöhnte leicht auf und schüttelte widerwillig den Kopf. „Hör auf damit! Hör auf! Du bist erst ein paar Tage mit Niclas zusammen und machst dich schon verrückt. Vertrau ihm einfach.“ Sie strich sich die Haare zurück. „Wir kriegen das schon hin. Ich liebe Nic, und er liebt mich, also, nur keinen Stress jetzt.“
„Führst du mal wieder Selbstgespräche?“
„Was?“ Sie schaute erschrocken hoch und sah Niclas, der lässig im Türrahmen lehnte und sie halb besorgt, halb amüsiert musterte. Er trug ein weißes Shirt und ausgewaschene Jeans, die ihm ziemlich auf der Hüfte saßen. Seine Haare waren leicht feucht und fielen ihm wie üblich widerspenstig in die Stirn. Emily starrte ihn an und ihr Herz klopfte heftig. Er war wunderschön. Noch nie hatte sie dieses Wort im Zusammenhang mit einem Mann verwendet, aber für Niclas fiel ihr im Moment keines
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