Für immer, Emily (German Edition)
Selbst wenn Rocco alles abgestritten hätte, wäre er zumindest unangenehm aufgefallen. Aber so lachte er sich jetzt wieder ins Fäustchen. Sie stieß die Tür nach draußen auf und hastete über den Hof zum Parkplatz. Ihr Blick fiel auf Niclas, der an das Motorrad gelehnt dastand und in einem Buch blätterte. Er durfte nichts mitbekommen von dem Vorfall eben, denn sie wollte auf keinen Fall, dass er sich mit Rocco anlegte. Und das würde er garantiert tun. Sie verabscheute Rocco und traute ihm mittlerweile alles zu. Und sie wollte Niclas nicht in seiner Nähe haben. Sie sah zu Niclas und fühlte, wie ihr wieder die Tränen kamen. Fast wäre sie losgerannt, um sich in seine Arme zu werfen und ihren ganzen Frust an seiner Schulter herauszuweinen. Aber sie musste sich unbedingt zusammenreißen, damit ihm nichts auffiel.
Niclas hob den Kopf und sah, wie Emily vom Schulhof auf den Parkplatz lief. Sie rannte fast und starrte dabei die ganze Zeit auf den Boden. Ihren Rucksack hatte sie über die Schulter gehängt und die Arme hielt sie fest vor der Brust verschränkt. Er runzelte die Stirn. Sie wirkte aufgelöst, dabei war sie doch vorhin noch in guter Stimmung gewesen. Er bückte sich und steckte das Buch, in dem er gelesen hatte, in seinen Rucksack. Kaum hatte er sich wieder aufgerichtet, als Emily ihn schon erreichte und ihre Arme um ihn schlang. Sie drückte ihr Gesicht wortlos an seine Schulter, und er umfasste sie zärtlich. Mit einer Hand strich er durch ihre Locken, mit der anderen hielt er sie fest an sich gedrückt. „Hey, was ist denn mit dir los? Alles okay?“
Sie nickte. „Hm. Können wir gleich fahren.“
„Ja, sicher. Sag mal, du zitterst ja. Was ist denn los?“
Sie löste sich nun ein wenig von ihm, hielt aber immer noch den Kopf gesenkt und sah zu Boden. „Nichts. Es war nur ein anstrengender Tag. Bitte, Nic, lass uns einfach fahren, okay?“
Sie wandte sich um.
Er reichte ihr den Helm.
„Danke.“
Er betrachtete sie forschend, sah, wie ihre Hände zitterten. „Emily, bitte sag mir, was mit dir ist. Sieh mich mal an.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, bitte lass uns fahren“, erwiderte sie flehend. Sie hob den Helm, um ihn über den Kopf zu ziehen, zuckte dann aber wieder zurück. „Ich glaube, ich kann den Helm nicht aufsetzen.“
„Und warum nicht?“
Sie biss sich auf die Lippen und hob langsam den Kopf. Er würde es ja sowieso sehen.
Niclas starrte sie erschrocken an. „Was ist das denn?“ Er legte den Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. Unter dem Auge war ihre Wange angeschwollen und deutlich gerötet. „Emily, was ist das? Sagst du mir jetzt bitte, was passiert ist?“
Sie wich seinem Blick aus und murmelte: „Ich ... nichts. Ich hab mich gestoßen. Am Spind. Vorhin, als ich die Bücher weggelegt hab. Du weißt schon, an der Tür.“
Niclas sah sie ungläubig an. „Du hast dich an der Tür vom Spind gestoßen? Und deshalb bist du total durcheinander und konntest mir das nicht gleich sagen?“
Sie zog die Schultern hoch. „Ja. Bitte, Nic, lass es gut sein, ich möchte nach Hause. Bitte.“
Er sah sie an, sah, wie Tränen in ihre Augen stiegen und nickte schließlich. „Okay. Natürlich.“ Er strich ihr zärtlich über die unverletzte Wange. „Wir kühlen das zuhause, dann wird es nicht mehr so wehtun.“
Sie nickte, dankbar, dass er keine Fragen mehr stellte, und lächelte ihm zaghaft zu. Ihr war natürlich klar, dass er ihr kein Wort glaubte, aber für den Moment würde er es gut sein lassen, und darüber war sie froh.
Niclas lächelte zurück, bis sein Blick auf Rocco fiel, der mit einem seiner Kumpel und zwei Mädchen ein Stück weit von ihnen aufgetaucht war. Rocco hob feixend den Arm und führte eine Stoßbewegung aus, dazu sagte er etwas und verzog dann weinerlich das Gesicht. Die anderen lachten und er grinste selbstgefällig. Niclas sah zu Emily hin, die Rocco ebenfalls bemerkt hatte und zu ihm hinüberstarrte. Sie schluckte und wandte sich hastig ab. „Komm, lass uns endlich fahren.“ Ihre Stimme zitterte.
Niclas umfasste ihren Arm. „War er das?“ Er sah ihr forschend in die Augen, und auch ohne dass sie etwas erwiderte, wusste er Bescheid. „Das glaub ich ja jetzt nicht. Was hat er gemacht? Hat er dich etwa geschlagen, Emily?“
Sie schüttelte hastig den Kopf und sah ihn erschrocken an. Er war sehr blass geworden, seine Augen waren ganz dunkel vor Zorn. „Nein, es ... es war sicher ein Versehen. Ich war im Kopierraum, er ist
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