Für immer, Emily (German Edition)
konnte.
„Ich bin müde, kommst du mit nach oben?“, fragte sie leise.
Er nickte. „Klar. Dann hält der da wenigstens endlich die Klappe.“ Er zeigte mit dem Daumen auf den Talkmaster im Fernsehen, der sich gerade über einen seiner schrägen Witze kaputtlachte.
Emily lächelte etwas gequält. „Ja, er ist schrecklich. So wie ich.“ Sie senkte den Kopf.
Niclas küsste sie auf die Haare. „Quatsch. Wenn du so wärst wie der da, würde ich lieber barfuß durch die Wüste wandern, als hier mit dir zu sitzen.“
Ben bellte, und Emily lachte. „Er scheint deiner Meinung zu sein.“
Weihnachten kam, und es wurde viel schöner, als Emily sich erhofft hatte. Ihre Eltern und Connor kamen und brachten ihre Großmutter Ellen mit, die Mutter der beiden Schwestern Kate und Dorothy. Emily freute sich wahnsinnig, ihre Großmutter zu sehen, und bei dem Anblick der weißhaarigen alten Dame wurde ihr erst bewusst, wie sehr sie sie vermisst hatte. Ellen freute sich ebenfalls sehr, ihre Enkelin wiederzusehen, und schon beim ersten Treffen hatte sie einen Narren an Niclas gefressen, was allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte. Er war sehr angetan von der schlagfertigen, herzlichen alten Dame, und sie verbrachten viel Zeit zu dritt. Außerdem hielt er sein Versprechen und sprach mit Connor, der anfangs wenig begeistert war. Aber Niclas blieb hartnäckig, und schließlich hatte er das Gefühl, zu ihm durchdringen zu können. Es war nicht so, dass nach diesem Gespräch sofort alles in Ordnung war, aber Emilys Bruder wirkte nachdenklich und suchte wieder öfter den Kontakt zu ihr. Sie konnten ruhig, sachlich und ohne Streitereien miteinander reden, und das machte Emily glücklich.
Und nach der Abreise ihrer Familie hatte sie, zum ersten Mal seit langer Zeit, die Hoffnung, alles könnte wieder gut werden.
K apitel 31
Nach der letzten Schulstunde räumte Emily schnell ihre Sachen zusammen, denn sie wollte noch einige Unterlagen kopieren, und Niclas wartete schon auf sie. Es war mittlerweile März geworden, und heute war ein schöner, schon ziemlich warmer Tag, den sie noch ein wenig nutzen wollten. Ein Hauch von Frühling lag in der Luft, und Niclas hatte vorgeschlagen, eine kleine Spritztour mit der Maschine zu unternehmen. Sie war einverstanden gewesen, denn sie wusste, wie sehr er es liebte, Motorrad zu fahren, und sie selbst fuhr außerordentlich gerne mit ihm. Er war ein sicherer Fahrer, manchmal fuhr er zwar gerne etwas schneller, aber nie leichtsinnig. Zu Weihnachten hatte er ihr eine Motorradlederjacke geschenkt und gemeint, eigentlich hätte er ihr lieber ein Schmuckstück gekauft, eine Kette oder einen Ring, aber die würden sie im Falle eine Sturzes nicht schützen, deshalb hätte er sich für die Jacke entschieden. Sie war gerührt gewesen, dass er so besorgt um sie war, und natürlich hatte sie sich sehr über die Jacke gefreut, obwohl sie das Geschenk als viel zu kostspielig empfand. Und nun sparte sie fleißig, um sich auch noch die dazugehörige Hose kaufen zu können.
Jetzt lief sie eilig über die Flure des Schulgebäudes und hoffte, dass wenigstens eines der beiden Kopiergeräte nicht belegt sein würde. Sie hatte Glück, es befand sich niemand in dem kleinen Raum. Sie holte ihre Unterlagen heraus und legte das erste Blatt ein. Dabei schweiften ihre Gedanken zu dem Abend, als sie mit Niclas in der Bibliothek gesessen und der kleine Emmanuel sie hier drin eingeschlossen hatte. Im Nachhinein fand sie es schon irgendwie witzig, aber damals war ihr nicht gerade zum Lachen zu Mute gewesen. Aber immerhin, die Projektarbeit, an der sie damals gearbeitet hatten, war im Endeffekt sehr gut geworden, Niclas und sie hatten die volle Punktzahl dafür bekommen. Die Tür hinter ihr klappte zu. Sie drehte sich um. Rocco stand an die Tür gelehnt und lächelte süffisant.
„Hi, Emily. Na, wie geht‘s denn so?“
Sie starrte ihn an und fühlte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte. Wie sie diesen Kerl verabscheute! Seit dem letzten Aufeinandertreffen auf dem Parkplatz des Baumarktes hatte sie es meistens irgendwie geschafft, ihm aus dem Weg zu gehen. Aber wie hatte Mara einmal gesagt? Jedes Glück ist mal zu Ende. Und irgendwie hatte sie das ungute Gefühl, als ob Rocco es ihr noch heimzahlen wollte, wegen der Sache mit Emmanuel. Er war nicht der Typ, der so etwas gerne auf sich beruhen ließ. Und er
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