Für immer, Emily (German Edition)
sehr deutlich, dass er sie verletzt hatte. Maria sah ihn strafend an, und er kam sich wie ein ungehobelter Klotz vor, der er wohl auch gerade war, brachte es aber dennoch nicht fertig, ein versöhnliches, freundliches Wort an Emily zu richten.
Sie hatte den Kopf gesenkt und kramte in ihrem Geldbeutel, bezahlte, nahm das Eis, bedankte sich bei Maria und ging zurück zu ihrem Platz, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, was er ihr nicht verdenken konnte. Er war wirklich ein Idiot. Es ging ihm doch überhaupt nicht um das blöde Eis, sie konnte ihm gerne jeden Tag das letzte Schokoladeneis wegessen. Es ging um etwas ganz anderes, und das machte ihm eine Höllenangst. Aber das war nicht Emilys Schuld.
Emily ging zu ihrem Tisch zurück und setzte sich. Die Lust auf Schokoladeneis war ihr gründlich vergangen, und sie musste sich wirklich zusammenreißen, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Warum nur machte es ihr so viel aus, wenn Niclas unfreundlich war? Sie kannte ihn ja mittlerweile ein wenig, und dieses Benehmen war nichts Besonderes bei ihm. Zumindest ihr gegenüber nicht. Und dennoch tat es weh ...
Mara sah sie prüfend an. „Em, alles klar? Was war denn mit Niclas?“
„Nichts. Gar nichts.“ Emily beugte sich über ihr Eis und begann zu essen. Sie wollte nicht mit Mara über Niclas reden, und schon gar nicht jetzt.
„Okay.“ Mara kannte ihre Cousine gut genug, um zu wissen, dass sie sie jetzt am besten in Ruhe lassen sollte.
Fünf Minuten später verabschiedete sich Niclas überstürzt von seinen Freunden und fuhr in halsbrecherischem Tempo zu dem Platz, an den er sich immer zurückzog, wenn ihm etwas das Herz schwermachte. Es war sein Lieblingsplatz, sogar Kevin kannte ihn nicht. Hier war nie jemand außer ihm, und genau das brauchte er jetzt, einen Platz zum Nachdenken, obwohl er ja eigentlich gar nicht nachdenken wollte. Zumindest nicht über sie ... nicht über Emily. Aber er fühlte sich verwirrt und überfordert von diesen Empfindungen, die sich in ihm ausbreiteten und die er nicht einordnen konnte und es schon gar nicht wollte. Und so saß er nun hier und genoss die Stille der hereinbrechenden Nacht.
K apitel 9
Nein ... oh nein ... bitte nicht ... geht weg, geht doch weg! Schatten ... überall Schatten, sie sind gesichtslos, aber etwas ungemein Böses geht von ihnen aus ... sie verfolgen jemanden ... wen? Mich? Ich versuche, ihnen auszuweichen, aber sie scheinen sich zu vermehren ...Gott, wieso vermehren sie sich? Wo? Wo sind sie? Ich will das nicht ... Nein ... Ich muss laufen ... laufen, so schnell ich kann ... aber sie sind überall, sie sind vor mir, hinter mir, links und rechts von mir...sie sind in mir ... oh Gott nein ...Nein! Nein! Nein!
Bitte ... jemand muss mir helfen ... bitte, bitte, bitte ... Mommy ... Dad ... bitte
Connor ... oh Gott, wo seid ihr?
Bitte ... bitte nicht ... hilf mir, hilf mir ... Niclas!
Emily fuhr keuchend aus dem Schlaf hoch und schnappte verzweifelt nach Luft. Sie zitterte am ganzen Körper und das Shirt klebte schweißnass an ihrer Haut. Ihre Hände strichen unruhig über die Decke. „Geht weg, geht weg ... Niclas ... hilf mir ... bitte!“, flüsterte sie erstickt.
Nur ganz allmählich lichteten sich die dunklen Nebel. Sie fühlte Bens Schnauze. Der Hund war sehr aufmerksam und auch ein wenig nervös, wenn sie Angst hatte und schlecht träumte, es schien, als wolle er sie trösten und beruhigen. „Ben ... oh Ben, Gott sei Dank, du bist da. Du bist da.“ Emily setzte sich auf, knipste hastig die Nachtischlampe an und schlang beide Arme um Bens Hals, der neben dem Bett stand. Sie presste ihr erhitztes Gesicht in sein weiches Fell, und ganz allmählich beruhigte sich ihr wilder Herzschlag und ihr Atem normalisierte sich. Was hatte sie da vorhin vor sich hin gemurmelt? Niclas? „Ben, sag, habe ich das auch geträumt, oder habe ich nach Niclas gerufen? Nein, oder? Warum sollte ich das tun?“ Sie löste sich ein wenig von dem Hund, und er sah sie mit schief gelegtem Kopf an. „Hast du nichts gehört? Ach Ben, wann wird es endlich aufhören? Wann? Ich halte das nicht mehr aus. Und nun träume ich auch noch von Niclas. Weißt du, er war vorhin wirklich nicht nett zu mir. Aber ... dir kann ich es ja sagen: Wenn er da ist, ich kann es kaum erklären, aber ... ich fühle mich sicher in seiner Nähe. Ich weiß, es klingt verrückt, ich kenne ihn ja noch gar
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