Für immer, Emily (German Edition)
Fenster hinaus. Mara verstand, dass sie nicht mehr darüber reden wollte. „Komm doch nachher mit Mom und mir in die Stadt zum Shoppen. Was meinst du?“
Emily zuckte mit den Schultern.
„Außerdem brauchst du ja sicher auch noch was zum Anziehen für den Ball, oder?“
Emily wandte ihr den Kopf zu. „Den Ball? Ich gehe auf keinen Ball, ganz sicher nicht. Also brauche ich auch nichts zum Anziehen.“
„Oh, Em, komm schon. Das wird sicher toll, es ist ein Jubiläumsball. Die hiesige Feuerwehr feiert ihr achtzigjähriges Bestehen. Dad würde sich sicher freuen, wenn du auch kommen würdest. Er ist immerhin der Chef der Feuerwehr. Bitte! Wir würden uns alle freuen. Du gehörst doch jetzt zu uns.“ Ihre Stimme hatte diesen einschmeichelnden, bittenden Klang, dem Emily nur schwer widerstehen konnte.
„Mara, es ist ja nicht so, dass ich euch diesen Gefallen nicht tun wollte, aber ... du weißt doch. Die vielen Leute da, und die Männer ... Musik, Tanz. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Bitte, ich überlege es mir, okay?“ Sie klang plötzlich müde und traurig.
Mara drückte ihre Hand. „Sicher, okay. Es ist ja auch noch viel Zeit bis dahin, du kannst es dir also in Ruhe überlegen.“
Am nächsten Tag, einem Samstag, war Emily schon früh wach. In der Nacht hatte sie schlecht geschlafen und wirre Träume gehabt. Sie träumte von den Schatten, die sie umzingelten, aber da war auch ein Licht gewesen. Wie eine Art Hoffnungsschimmer, und schließlich war eine Gestalt aus dem Lichtschein hervorgetreten – Niclas. Nun lag sie wach in ihrem Bett und fühlte sich müde und verwirrt. Selten hatte sie die Leere und Einsamkeit des Hauses so bedrückend empfunden wie an diesem Morgen.
Es verhieß ein schöner Tag zu werden, die Sonne schien durch die zugezogenen Vorhänge und malte Muster an die zartgelben Wände. Nur die Stimmung in ihrem Herzen passte nicht so recht zu dem Sonnenlicht. Das Schlafzimmer war der einzige Raum im Haus, den sie komplett renoviert hatte. Es war neu gestrichen worden und sie hatte neue Möbel und Vorhänge gekauft. Sie liebte dieses Zimmer. Es war hübsch geworden, auch wenn es ihr leider meistens nicht gelang, wirklich abzuschalten, wenn sie sich in ihr gemütliches Bett kuschelte. Sie sah zur Uhr. Am liebsten hätte sie sich noch einmal umgedreht, aber sie würde wohl sowieso nicht mehr einschlafen können. Schließlich stand sie gähnend auf und ging unter die Dusche. Ben musste raus, und sie wollte noch ein wenig aufräumen und saubermachen, bevor Niclas kam.
Drei Stunden später war sie mit ihrem Wochenendputz fertig. Alles blitzte und blinkte. Emily sah sich zufrieden in dem kleinen Wohnzimmer um. „Wenn Mom sehen würde, wie schön ich hier immer aufräume und alles sauber halte, sie würde glatt umfallen“, sagte sie zu Ben.
Sie dachte lächelnd an das Chaos aus Büchern, Zeitschriften und herumfliegenden Klamotten in ihrem alten Mädchenzimmer zuhause bei ihren Eltern. Heute erschien ihr das wie ein Bild aus einer anderen Zeit. Einer lange vergangenen Zeit.
Aber sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. „Weißt du, auf was ich Lust hätte? Auf diese leckeren Blaubeermuffins, die Mom immer gebacken hat. Ich glaube, die werde ich jetzt machen.“
Sie lief hinüber in die Küche und schaute in den Küchenschrank. „Hier ist noch ein Glas Blaubeeren, also, was meinst du?“
Ben saß mit schief gelegtem Kopf da. Emily musste lachen. „Ja, du bist natürlich dafür, in der Hoffnung, auch einen abzubekommen, aber da muss ich dich enttäuschen, mein Süßer, das ist nicht gesund für dich.“
Dann rief sie ihre Mutter an, um sie nach dem Rezept zu fragen.
„Emily, Liebes, wie schön, deine Stimme zu hören. Wie geht es dir?“
„Danke, mir geht’s gut, Mom. Und bei euch, alles in Ordnung?“
Ihre Mutter atmete tief durch. „Nun ja, Dad und Connor hatten gestern wieder einen heftigen Streit. Sie reden in letzter Zeit wieder mehr miteinander, es ist nicht mehr so, dass dein Vater ihn kaum beachtet, aber sie kriegen sich andauernd in die Haare.“
Emily schloss kurz die Augen. „Haben sie sich wegen mir gestritten?“
„Nein, nein, es ging um das College.“ Die Antwort ihrer Mutter kam schnell, und Emily wusste, sie log.
„Ach so.“ Sie wollte jetzt nicht weiter darauf eingehen, sie konnte es sowieso nicht ändern. Es war, wie es war, sie hatte schon soviel geredet, mit ihrem Vater, mit Connor, und dabei waren ihre eigenen Verletzungen immer wieder von
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