Für immer, Emily (German Edition)
hoffe es. Es wäre schon blöd, wenn ich gleich die erste größere Aufgabe hier in den Sand setzen würde.“
„Nun, wenn, hätten wir beide sie in den Sand gesetzt, und das kann ich mir nicht vorstellen. Wir waren doch ein gutes Team, nicht wahr?“ Sie blieben neben seinem Motorrad stehen.
„Ja, das waren wir wirklich. Wobei ich zugeben muss, dass ich das am Anfang eher nicht geglaubt hätte.“ Sie lächelte etwas schuldbewusst.
Er grinste. „Weißt du was? Ich auch nicht.“ Sie mussten nun beide lachen. „Okay. Ich fahr dann mal, ich wollte heute noch ein paar Sachen besorgen, wegen der Kommode. Wenn es dir recht ist, fange ich vielleicht am Wochenende damit an?“
Sie nickte. „Ja, sicher. Ich freu mich und bin schon sehr gespannt, was du draus machen wirst.“
Niclas verzog das Gesicht und lächelte etwas schief. „Na ja, ich auch. Aber keine Angst, ich werde sie nicht ruinieren.“
Emily sah ihn lächelnd an. „Ich weiß. Also dann, bis morgen. Mara wartet auf mich.“ Sie winkte Niclas noch einmal zu und ging dann quer über den Parkplatz zu Maras Wagen.
In den nächsten beiden Tagen schüttete es ständig wie aus Kübeln, und Emily stand oft nachdenklich am Fenster und sah hinaus in den strömenden Regen. Der Sommer war offensichtlich jetzt wirklich vorüber und der Herbst nahte mit großen Schritten. Sie liebte den Herbst, den Geruch, die Farben, die Vergänglichkeit. Es roch nach Laub, nach Holz und Feuern. Es lagen Abschied und Wehmut in der Luft, aber sie mochte diese melancholische Stimmung, sie war ihrem Naturell näher, als die Leichtigkeit und Unbeschwertheit des Sommers. Es machte ihr normalerweise auch nichts aus, wenn die Tage kürzer wurden und die Nächte länger und dunkler. Nur, seit dem Vorfall fürchtete sie die Nacht, und deshalb sah sie der dunklen Jahreszeit nicht mehr so unbeschwert entgegen wie früher. Früher, als alles noch gut war in ihrem Leben.
Auch jetzt stand sie am Fenster und sah hinaus in den trüben Vormittag. Sie dachte an Niclas, während ihr Blick nun über die alte Kommode aus Kirschbaumholz strich. Zu Beginn, als sie ihn kennen gelernt hatte, hätte sie nie für möglich gehalten, dass er sich für das Restaurieren alter Möbel oder das Schnitzen begeistern konnte. Wie sehr man sich in Menschen täuschen konnte, wenn man sich nur davon leiten ließ, was sie einen glauben machen wollten.
Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht, dann wandte sie sich seufzend ab und trat in den kleinen Flur hinaus. Mara kam gleich, um sie abzuholen. Es würde heute ein langer Tag werden, aber zum Glück war morgen Samstag.
Sie hatten heute nach dem regulären Unterricht eine Versammlung, in der beratschlagt werden sollte, was die Schule zu dem anstehenden Jubiläumsball der Feuerwehr beitragen konnte. Ein paar Mädchen wollten eine Tanzgruppe bilden und auf dem Ball einige Tänze vorführen, aber Emily hatte ihnen schon gesagt, dass sie dabei nicht mitmachen werde. Das konnte sie nicht, sich anschauen lassen von vielen wildfremden Menschen. Von Männern ...
Sie tanzte zwar gerne, zumindest hatte sie das früher getan, aber das erschien ihr lange her, und ein Auftritt vor Publikum war definitiv nichts für sie.
Der Tag zog sich wie Gummi. Niclas schien auch nicht gerade blendender Laune zu sein. Er hatte am Morgen etwas von Zoff mit seinem Vater gemurmelt, und Emily hatte ihn daraufhin in Ruhe gelassen.
Nun war endlich Schluss, und sie lief über den Parkplatz zur Bushaltestelle. Mara war früher gegangen, sie hatte starke Kopfschmerzen gehabt, und Emily wollte nicht, dass sie die ganze Zeit auf sie warten oder gar noch mal herfahren musste. Es war dämmrig und trüb. Sie war froh, dass der Bus bald kam. Sie hielt den Kopf gesenkt und hatte die Kapuze ihrer Jacke übergestreift, weil es bereits wieder zu nieseln begann, als plötzlich Stimmen zu ihr durchdrangen. Stimmen, die höhnisch und gemein klangen, gepaart mit lautem Gelächter.
Emily sah erschrocken hoch. Zu ihrem Entsetzen gewahrte sie ausgerechnet Rocco Bentz und einige seiner Kumpane, die sich um jemanden geschart hatten und die Person hin und her schubsten. Sie blieb unschlüssig stehen und fühlte, wie ihr Herz heftig zu schlagen begann. Die Person in dem Kreis musste recht klein sein, denn sie konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte. Die Jungs schienen ihren Spaß zu haben, denn sie grölten. Emily konnte vereinzelte Wortfetzen heraushören. Sie verstand nicht viel, nur ‚Kleine mexikanische
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