Für immer, Emily (German Edition)
solch traumatischen Erlebnissen das absolut Wichtigste war.
Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Es war alles gut, alles war gut. Und dann fühlte sie Niclas‘ Hand auf ihrem Arm. Sie öffnete die Augen wieder und sah seinen Blick, der forschend und sorgenvoll auf ihr ruhte.
„Geht’s dir wieder schlechter?“ Er klang besorgt.
Sie schüttelte schnell den Kopf. „Nein, alles okay. Ich bin nur ziemlich kaputt, weiß auch nicht.“
Er nickte. „Ja, das denke ich mir.“ Er senkte den Blick und schien zu zögern, doch dann sah er sie wieder an. „Emily, ich sehe doch, wie sehr dir das zu schaffen macht. Warum hast du das getan? Du hättest auch einfach weitergehen oder jemanden anrufen können. Mich zum Beispiel. Stattdessen hast du dich zwischen Emmanuel und Rocco gestellt, obwohl du sicher gewusst hast, wie sich das auf dich auswirken wird.“ Er brach ab und sah sie forschend an. Sie senkte den Kopf. „Ich weiß nicht. Ich hab nicht weiter nachgedacht. Als ich über den Parkplatz gegangen bin, hab ich gesehen, wie sie den Jungen herum geschubst haben. Ich sah, dass er Angst hatte und bin hingegangen. Aber, glaub mir, ich hatte auch Angst.“ Sie sah Niclas wieder an.
Er nickte. „Ich weiß. Deshalb war es ja unglaublich mutig von dir. Und das meine ich ernst, denn du hast dich nicht nur Rocco und seinen Kumpanen gestellt, sondern auch deiner eigenen Angst. Und ich glaube, dazu gehört verdammt viel Mut.“
Sie sah ihn nachdenklich an. „Ich weiß nicht. Ehrlich gesagt muss ich zugeben, dass mir zwischendurch der Gedanke gekommen ist, einfach wegzulaufen.“ Sie wischte sich kurz über die Augen, in denen Tränen schimmerten, und fügte hinzu: „Ich weiß nicht, ob das mutig ist.“
Niclas strich ihr sanft über den Arm. „Doch, das ist es. Denn du bist nicht weggelaufen.“ Er senkte den Kopf und räusperte sich. „So, ruh dich noch ein bisschen aus! Ich werde mal schauen, was ich uns zu essen machen kann.“
„Niclas, du musst dir keine Mühe machen, wirklich nicht. Ich habe keinen Hunger.“
Er stand auf und schüttelte energisch den Kopf. „Kommt gar nicht infrage, du musst was essen. Wie wäre es mit Spaghetti und Tomatensoße? Die gehen doch immer.“ Er grinste. Emily musste lächeln. „Wenn du meinst. Dann helfe ich dir aber.“
„Oh nein, du bleibst schön hier sitzen! Ich mach das schon“, sagte er und hob abwehrend die Hände.
Emily verzog das Gesicht. „Du bist wirklich hartnäckig. Also schön. Aber vorher zeigst du mir noch deine Schnitzereien, okay? Bitte.“
Niclas sah sie etwas unschlüssig an. „Okay, obwohl es mir ja lieber wäre, wenn du dich ein wenig ausruhen würdest. Aber gut, ich zeige dir meine Sachen.“ Er führte Emily durch das Haus zu dem Raum, den er als Werkstatt benutzte. „So, hier ist mein Reich. Normalerweise kommt hier niemand rein außer mir, deshalb wundere dich nicht, denn es herrscht ein kreatives Chaos.“ Er grinste etwas schief.
„Kreatives Chaos klingt auf alle Fälle besser, als heilloses Durcheinander, was?“, lachte sie.
„Genau. Siehst du, das versuche ich meinem Vater und Mrs. Miller auch dauernd zu erklären, dass das ein Unterschied ist.“ Er zuckte mit den Schultern.
Emily sah ihn lächelnd an. „Mrs. Miller?“
„Ja, das ist unsere Zugehfrau. Sie macht hier im Haus zweimal in der Woche klar Schiff. Mein Dad und ich wären ohne sie echt aufgeschmissen. Sie kocht auch manchmal etwas für uns, aber meistens machen wir das selbst.“ Niclas strich sich durch die Haare und fügte hinzu: „Ich war ja noch ein Kind, als meine Mutter starb, und mein Vater hat sehr viel gearbeitet, also er kam immer erst spät nach Hause. Damals hat er Mrs. Miller eingestellt, damit es hier nicht völlig drunter und drüber ging. Sie ist echt nett, aber ziemlich resolut.“ Er verzog das Gesicht.
Emily lächelte erneut. „Will heißen, sie meckert mit dir, wenn du ein kreatives Chaos verbreitest?“
„Meckern ist noch leicht untertrieben.“ Er grinste und fügte hinzu: „Aber sie ist okay. Und sie backt super leckere Kuchen, von denen sie meinem Vater und mir immer etwas mitbringt.“
„Und sie räumt auch hier drin auf?“ Emily sah sich in dem Raum um, der zwei große Fenster hatte und tagsüber sicher hell und freundlich wirkte.
„Nein, sie wischt nur den Boden. Für den Rest bin ich zuständig, wie man sieht.“
Zwei große Tische standen in dem Raum, auf einem lag wirklich kunterbunt alles Mögliche durcheinander,
Weitere Kostenlose Bücher