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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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richtig zu lieben sich wie Freiheit anfühlen konnte, die beste vielleicht. Er sollte witzig sein, sich selber als was Witziges, vielleicht auch bißchen Albernes erkennen können. Zu Abenteuern fähig sollte er leben wollen, und vom Kleinen bis zum Großen eigene Gründe angeben können für Ansichten. Hemmungen im Bett und auf der Wiese? Nein, danke. Mehr als dreimal die Woche ficken können, wenn’s ging, wenn nicht, dann nicht. Experimente zulassen. Was aushalten, bißchen stark sein. Einen Job haben oder einen suchen, bei dem er seinen Menschenbrüdern und -schwestern auf die Beine helfen konnte, die noch nicht soweit waren. Drogensucht? Echt nicht, das war das Letzte. Neugierig: Au ja, daß man viel reden konnte, soweit das was brachte, war ja nicht immer so.
    Überrascht?
    Das alles bekam Philip nie aus ihrem Mund zu hören, er erriet es nicht mal, aber seine Punktzahl, oder Trefferquote, oder was auch immer, war nach diesem Wunschzettel zu urteilen gar nicht so niedrig. Ach, den Musikgeschmack habe ich noch vergessen – den wird man mir sicher nicht glauben, der war aber so: Sie hörte weder Nazibands noch Marschmusik, hatte aber zwei CD s von Alanis Morissette, eine von Grönemeyer (ihr Lieblingslied war jenes, in dem alles anders blieb) und ein paar alte Technosachen, vor allem aus Frankfurt, Snap!, Sven Väth etc., da war sie nämlich mal gewesen, als ganz junges Mädchen, im »Omen«, als es das gerade noch gegeben hatte.
    Ich finde das alles in Ordnung, es kann ja nicht jeder Mensch wissen, daß »Forget about it« von Alison Krauss die schönste Platte ist, die es gibt, und daß man mindestens einmal die Woche »That kind of love« hören sollte.
    Von Religion hielt Astrid gar nichts, sie fand, wir müssen uns selber erlösen.
    Daß ausgerechnet Jesus Christus genau mit dieser Ansicht sehr einverstanden gewesen wäre, hat ihr leider nie ein Religionslehrer erzählt. Wer freilich glaubt, daß es dieses Versäumnis war, daß sie zum Dokter trieb, statt in die Krankenschwesterschule, hat ein rundes idealistisches Menschenbild, arme Nuß.
    Stoffwechsel? Am liebsten aß sie irgendwas mit Reis.
    Und wenn sie traurig war, klang die Traurigkeit in ihr immer wie der Song von Alanis, der »Thank you« heißt; wenn sie glücklich war, klang das Glück wie der andere, der »Hand in my Pocket« heißt.
    Regen mochte Astrid Riedler gerne.
    Angst war, was sie am meisten haßte, und ihr eigener Haß auf alles mögliche war das, wovor sie am meisten Angst hatte. Astrid, weder ein guter Mensch noch ein schlechter, tat ihr Bestes, sich zu verbessern. Es war allerdings schon zu spät. So kam dann schließlich fast alles, wie es kommen mußte.
    3  Bei aller Liebe: Es war ziemlich laut für 21 Uhr, in der Wohnung von Frau Flasch, die jetzt Philips Wohnung war. Exodus spielten ihre AC/DC- Coverversion, die konnte sich immer noch hören lassen: »There’s nothing I can doooo … I overdosed on you. I overdosed! On yooou!«
    Seit die Nachbarin linkerhand oben weggezogen war, die immer geklopft hatte, mit ihrem geistlosen Besenstiel, beschwerte sich niemand mehr, egal, wie lange, wie spät Philip solche Musik laufen ließ.
    Meistens gehörte dieser Krach ihm allein: sentimentaler Radau, so waren wir früher etc.
    Manchmal aber hörte er ihn auch mit Astrid, Sonntag nachts zum Beispiel, wenn der Dokter montags mal nichts von Astrid wollte. Einige seiner alten Platten mochte sie, die Drachenfreundin: die Offenders zum Beispiel, trotz der mit aller Kraft gebrüllten linksradikalen Inhalte der Songs, Agnostic Front wegen der mit aller Kraft gebrüllten rechtsradikalen Inhalte der Songs, das meiste gefiel ihr einfach als pures Stampfen und Hacken: sogar Malice, die damals im Vorprogramm von Slayer so schrecklich ausgebuht worden waren, von den ganzen Harten, daß Philip und Robert schon Angst bekamen, sie müßten vielleicht mitbuhen, da unten in der Publikumsgrube, weil sie sonst eventuell zerrissen würden – dabei fanden sie das gut, Jenny, Robert und er, wenn der Sänger von Malice so gestreckt, gestreeeeckt, so abartig streeeckbankgestreeeckt intonierte: »Another victim … oooooof … Christiiiiiine … Christiiiiiiine … « – schon weil die drei eine Christine kannten, eine reiche Frau vom Altig, eigentlich sehr nett, bekam sofort ein Mofa zum 16. Geburtstag, trug Pullis, an denen man fast ebenso gerne riechen wollte wie an ihrem Hals.
    Als Philip und später Robert damals mit den Heavy-Metal-Platten angefangen

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