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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Vereinsbesserwisser, man will doch der Welt ans Ganze. Wenn ich dringend nach ­Karls­ruhe muß, dann versuche ich, mir ein Auto zu schnappen oder wo mitzufahren oder eine Fahrkarte zu kaufen oder eine zu klauen, ich werde doch nicht Verkehrskritiker. Die Linke? Das müßte einen, wenn man links ist, wirklich am wenigsten interessieren. Aber die Rechte, die interessiert einen total, die will man doch am Arsch kriegen. Und zwar nicht die paar armen Nazis, die seit 1945 meistens im permanenten Kälteschlaf liegen, allenfalls ab und zu mit der Faust zucken und einen treten, bis sie von der wahren Rechten vielleicht mal für besondere Aufgaben geweckt werden, als die handelnde Rechte dieser Rechten. Diese Buben da, der Behnke Achim und der Utzer Klaus, das nimmt man so mit, das ist es nicht. Nein, es interessiert einen vielmehr die wahre Rechte: Das ist der Papst, das sind die Technokraten, die Mediensäue, als zweites, zuerst sichtbares Glied dieser Formation, und dann später, wenn man die Anlage der Burg begriffen hat, die Leute im Vorstand, früher von Krupp und IG Farben, heute von Siemens, MAN, BMW, Deutsche Bank, Allianz, Infineon, HypoVereinsbank, Münchner Rück, Dow Chemicals, Coca-Cola, General Electric. Diejenigen, die wissen, daß sie, wenn es Ernst wird, aus ihren ständigen, stehenden, mittelbaren Killertrupps, den Eigentumsschützern in Polizei und Armee, unmittelbare machen können. Das einzige, was du nämlich nie darfst, ist: das Eigentum angreifen, das kriegst du sofort mit, also willst du genau das können, denn an der Stelle geht’s um die Welt. Man sieht doch ganz leicht, ohne vorher jahrelang das Warenkapitel vom Marx auswendig zu lernen, wie das Spiel geht: Daß sie dafür sorgen, daß man nur Leute ins Parlament wählen kann, zwischen denen es bloß einen einzigen Unterschied gibt, nämlich daß sie sich uneins darüber sind, wie man das Eigentum schützt, seinen Bestand am Bestehen und am Laufen hält, wie man das ganze staatliche und lebensweltliche Drumrum immer grad so optimiert, daß es keiner wirklich mal abschafft. Und wenn man sich also, sobald das mal dämmert, organisiert, dann macht man gern und ohne Schlaubergergegrübel und -gemaule den ganzen Scheiß: Man verteilt Flugblätter, man demonstriert – also nicht bloß so mit dem Handtäschchen und der Bewerbung bei der Kulturstiftung um Drittmittel für ausgedachte Maßnahmen zur gefälligen Überbrückung existenzieller Langeweile im Hosensack, sondern Vollzeit, Revolutionär, Trara, rühre die Trommel und mach dich nützlich, morgen wirst du vielleicht schon abgeräumt, Tote auf Urlaub, wie Leviné gesagt hat, immer am Rödeln und Missionieren. Oder aber, anderer Fall: Du bist nicht neuerdings links, sondern so lang schon, daß du auf dem Zahnfleisch gehst, die Zeiten sind schlecht und du fällst aus allem raus, keine andern machen mit dir den ganzen Scheiß, du stehst allein. Da guckt man sich um auf weiter Flur, aber man sieht einfach keine Organisation, die dem einzigen Zweck kompetent dient, das Verbotenste zu fördern. Dann agitiert man aber doch eigentlich erst recht die ganze Zeit, und zwar um die Bedingungen zu schaffen, daß es so eine Organisation bitte wieder gibt. Also entweder man geht in eine richtige KP, oder man baut eine auf, wenn es keine oder nur eine selbstbestraferisch inadäquate oder viele falsche halbverrückte gibt. Das wäre das Normale. Das wären Linke. Noch nicht mal Radikale, nur Linke. Aber diese Ty­pen? Ich meine, wenn man …«
    Als wäre es gestern gewesen, wie man so sagt. Ich hatte sie dann unterbrochen: »Jenny, also: Könnte es nicht sein, daß diese Kritikmenschen das alles halt für aussichtslos halten, was du da sagst, vielleicht nicht bewußt, nicht als Resultat von Analyse und Beschreibung der Lage, aber tief in ihren verzagten Herzen? Und ja wohl doch nicht ganz zu Unrecht? Ich meine, die Aussichten sind doch echt scheiße, seit der letzte Rest Roter Oktober liquidiert wurde, oder?«
    »Schon, schon. Aber deine Interpretation ist zu wohlwollend. Wenn es Trauer wäre, was sie ins Geschwätz verfallen läßt, ins Zungenreden, o.k. Nicht schön, aber nachvollziehbar. Bloß, warum scheißen sie dann immer noch mit solcher Lust auf die Gräber der Märtyrer ihren ganzen verwöhnten, verzogenen Dünnpfiff? Warum verziehen sie die bürgerlichen Fressen und nörgeln über die schlechten Manieren derjenigen, die gekämpft haben, die alles getan haben, diese Schlammflut aufzuhalten, in der wir

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