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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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enge und böse verkehrte Welt hineingreifen. So verfügte sich der Dokter langsam, ein wenig humpelnd, zum Sofa und gab den dort mit Astrid beschäftigten Andy, Achim, Bernd, Gina und Schorsch mit einem Kopfnicken das Zeichen, sich von Astrids Kopf ein wenig wegzubeugen, ihm aus der ­Schuß­linie zu gehen.
    Astrid sah ihm ins Gesicht und hatte keine Angst mehr. Er lächelte, und dann hörte sie ihn, als der Lauf der Pistole genau auf ihren Stirnmittelpunkt zeigte, plötzlich reden, ohne daß er die Lippen bewegte, in ihrem Kopf: Ich bin auch einer von denen, weißt du. Von den W. Wie dein Lover. Ich wußte immer alles, was du tun wolltest – ich konnte jederzeit du sein, Astrid, verstehst du? Ich wußte nur nicht, was du wirklich tun würdest – das ist ein gar nicht mal so haarfeiner Unterschied, die Leute tun ja selten, was sie wollen. Mir war jedenfalls klar, daß du ihn nicht killen würdest. Ich habe dir noch eine Chance gegeben, heute nacht. Das weißt du. Wenn wir hier reingekommen wären und du hättest ihn erledigt gehabt … na ja, so hast du ihn wenigstens noch mal ein bißchen geschwächt, und verwirrt, mit deinen Reizen, deinem Körper.
    »Leck mich«, sagte Astrid laut. Der Dokter schüttelte den Kopf und entsicherte mit der Linken seine Waffe.
    Dann redete er wieder in ihrem Kopf: Ich wußte, daß du ihm nichts tun würdest, von dem Moment an, als du den Test gemacht hast. Vielleicht wußte ein Teil von dir, an den ich nicht rankomme, es sogar schon vorher – aber wie lange wolltest du ihm noch geheimhalten, was du weißt? Wie lange ist dir morgens schon schlecht, warum hast du dir noch keinen gescheiten Frauenarzt gesucht? Wann, glaubst du, wird das Bäuchlein dicker? Weißt du eigentlich, wie blöd das kommt, dieses Tarantino-Zitat hier? Du bist wirklich keine Uma Thurman, und das Kind ist nicht von mir, also drauf gepfiffen, meinst du nicht?
    »Du beschissener …« Astrid schrie und drückte mit aller Kraft gegen die, die sie festhielten. Andy und Gina wären tatsächlich fast von ihrem Arm gerutscht, als sich in dem alle Muskeln spannten, aber da schoß der Dokter schon, zweimal, traf fast Andys Hand, tötete Astrid, schoß ihr Gehirn kaputt und mit dem zweiten Schuß die Nase und das halbe untere Gesicht weg. Die Sauerei war riesig.
    Andy und Schorsch wurden, wie das Sofapolster und die Wand darüber, mit sehr viel Todesdreck bespritzt, kamen aber nicht dazu, sich großartig zu ekeln, denn in diesem Moment, kurz vor der Ohnmacht, viel zu spät, kam Philip Klatt zu sich, schleuderte den Jungen namens Kalle Gemser mit einem einzigen Austreten des Beins direkt in die Glasvitrine mit den Spirituosen und zertrümmerte mit einem Faustschlag den Schädel des auferstandenen Klaus Utzer so gründlich, daß Knochensplitter durch den Raum in alle Richtungen spritzten wie Wasser. Einer traf den Dokter im Nacken, er schrie auf, fiel nach vorn. Reflexhaft schoß er im Sturz, die Kugel traf Gina Weil in den Oberschenkel.
    Philips Gebrüll, das folgte, erschreckte die Nazis, die Wände, die Stadt, das Land, den Planeten.

VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Riß • Entkommen
    1  Der Glastisch zerbrach, Scherben zerfetzten Schorschs Kehle und Gesicht. Philip stand aufrecht, trat gegen die Stehlampe, deren Ständer Bernd von rechts den Kopf gegen die Wand schlug. Der Dokter richtete seine Waffe auf Philip und wollte abdrücken, als zwei Panzergeschosse die östliche Wand des Flasch-Wohnzimmers nach innen falteten, als wäre sie aus Pappe.
    Das erste traf den Fernseher, das Sofa und Bernd, den es zerschmetterte. Das zweite vernichtete die Verbindungswand zur Küche. Schwar­zer Sturm. Kalk, Mörtel, Wanzen, Aspergillen, Teppichflusen flogen durch die Luft, als wildes mehliges Gestöber. Das Haus dröhnte, die Decke schallte wie Eisenflöten. Soldaten schossen in das Loch, das der Panzer in die Hauswand gerissen hatte. Der Dokter, dem ein Mauerstück das rechte Bein zerquetscht hatte, wurde von Gewehrkugeln in die Garderobe auf dem Flur getrieben und rutschte, sechsfach getroffen, seitlich weg, tot, mit gespaltener Stirn.
    Gina Weil kippte auf Philip, den die Erschütterung erneut zu Boden geworfen hatte. Auch sie war tot. Etwas Fleisch fiel ihr aus der Schulter, naß auf Philips Rücken, warm, eben noch lebendig. Andy kauerte unter der Stereoanlage, sein Unterkiefer war von einem Splitterschuß gestreift, die linke Hand durchschossen. Er brabbelte Unsinn, während die Schüsse weniger wurden, dann nur noch

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