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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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konferierte er, meist in Cordulas oder Klemens Brauns Entourage, mit Reulands Leuten in Europa, oder Putins in Rußland, General Saunders’ und Hillary Clintons in den USA . Sie kannten und achteten ihn, aber es blieb ein Rest Angst, weil er sich selber nicht ganz kannte, nicht ganz achtete. Er hatte sich also verloren, konnte nicht sagen wann, noch wo, aber es war so.
    Zwischen dem Zeitpunkt, da er am Zürichsee das erste Mal mit Valerie geschlafen und sich beinahe in sie verliebt hatte und dem seiner Begegnung mit Jeanne Alber war irgendwas stumpf geworden, abgeklemmt, verwaist. Jeanne Alber: die erste reiche Frau, mit der Andy vögelte, und ein Problem. Wo habe ich das gelesen, fragte er sich: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als der Schwanz eines Mannes, der nichts zu erben hat, in die Muschi einer vermögenden Frau?
    Jeannes Foto in seinen Reiseunterlagen war ein Talisman, ein Kompaß, mit dessen Hilfe er sich irgendwann wiederzufinden hoffte: das meergrüne Top, die Perlenkette, die großen Ohrringe, die kurzen, moorbraunen Haare, mit einem Schuß Rot drin, das makellose Gesicht, die glänzenden Zähne, strahlenden Augen, die Sommersprossen, überhaupt der an keinem einzigen Detail richtig auszuweisende, aber das Ganze prägende Reichtum, der schön machte. Der entschlossene Mund.
    Ein bißchen Scully aus Akte X, ein bißchen Königin von England, ein bißchen blasiert, ein bißchen Fülle; gesunde Backen.
    »Du hast einen Haufen Geld, Jeanne, das ist schon unheimlich«, sagte er dann, als sie gemeinsam auf dem Hotelbett lagen, nach dem zweiten W-Gipfel in Washington, wo die Gruppe » WE for US «, von Cordula angeregt und von prominenten amerikanischen W wie W Bill Clinton, W Melaka Fray und W Axl Rose organisiert, gegen aufkeimende Anti-W-Ressentiments Stimmung gemacht hatte.
    Sprüche: »W sind Individuen, nicht eine neue Rasse«, »W wollen Bürgerrechte erster Klasse und keine Angstgesetzgebung«. Die Meinungsmultiplikatoren der Länder, die sich gegen die Zombiepest halten konnten, England und USA, diskutierten in ihren Parlamenten und Medien leicht repressive Sachen: Registrierung, Meldepflicht, Verbot, bestimmte Berufe auszuüben.
    Immer dieselben Argumente wurden von den Hetzern vorgebracht: Was, wenn ein Arzt sich plötzlich in was Giftiges verwandelt, was, wenn ein erregter Pilot in Flammen aufgeht, ohne selbst zu verbrennen, aber damit das Cockpit beschädigt, was, wenn ein Polizist einmal zu hart zuhaut und dem Gefangenen den Schädel zertrümmert? Sollten Nicht- bzw. »Übermenschen« (ein ungutes Buzzword jener Zeit) im Dienst von Staaten arbeiten, die für die Menschen da waren?
    »Ja, und? Habe ich eben«, sagte Jeanne und knabberte an seinem Ohr, während er mit der Fernbedienung durch alle Kanäle zappte: Die Demonstrationen beider Lager rund um den Gipfel füllten regionale und überregionale Kanäle, die Welt sah zu.
    Er brummelte.
    Jeanne stützte sich auf ihre Ellenbogen und sagte mit Nachdruck: »Es kommt ja wohl bloß drauf an, was ich mit dem Geld mache, oder?« Andy erwiderte nichts, glaubte aber das genaue Gegenteil: Es kam wahrscheinlich doch einzig und allein drauf an, was das Geld mit ihr machte, mit ihm, mit allen und allem.

Neunte Minidisc-Aufnahme
    J: … dadurch hat der Standpunkt, an allem seien immer die Deutschen schuld, und man dürfe ihnen ruhig alles zutrauen, jede Sauerei, jeden Vertragsbruch, jede Dummheit auch, eine gewisse Plausibilität gekriegt.
    F: Das heißt, der Widerstand gegen die … diese Wiedervereinigung war viel deutlicher, als man das in der Öffentlichkeit …
    J: Ja, was meinst du, der eisernen Maggie sind ja fast alle Haare ausgefallen, an diesem achtzehnten November. Krenz war am Wackeln, ein von Gorbatschow da Hingesetzter, und Genscher hatte Douglas Hurd noch erzählt, nur keine Panik, das mit der Wiedervereinigung geht so schnell nicht, und die Amis hatten sich noch in keiner Richtung ge­äußert – Mitterrand hat dann den Teufel aus dem Kasten gelockt, mit seiner Frage, zur Eröffnung des Treffens, ob man darüber reden solle, inwieweit die Grenzen in Europa wieder zur Verhandlungssache würden. Und da stellt sich nun also Kohl hin und sagt: »Die Menschen wollen die Stimme Europas hören.« – BANG! , vierzig Minuten Rede, Selbstbestimmung, brah brah brah, all the stuff’s the same, schwächliches Hüsteln von González. Maggie war tapfer – es sind immer die Engländer, die sich in die Bresche werfen, wenn es ganz finster wird,

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