Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
Vom Netzwerk:
zerfetzten Stränge wirrer Internetdiskussionen nicht, die noch fortgeführt wurden – manche Foren blieben ja online, obskure vor allem, als ob der Engel des Herrn an den Türpfosten ausreichend unwichtiger URL s einen Schmierstrich Lammblut gefunden hätte.
    Am Rand der grobgerasterten Bilder, zwischen den ineinander verkeilten Zeilen: War da was, das ihm vielleicht entgangen war? So begann die drittgrößte Aufmerksamkeitsanstrengung seines Lebens; die zweitgrößte galt Valerie, die größte seinem Geheimnis, nach dem Motto: Alles zu seiner Zeit.
    Als Andy ein paar Leute mit Einfluß in der Biotechwirtschaft kennengelernt hatte, vor allem Jeanne Alber und Carl von Ranke, verschaffte er sich rasch einen mehr als kursorischen Überblick über den Forschungsstand. Was man sich fragen mußte, wußten alle: Waren die W vielleicht Mutationen des homo sapiens, oh you pretty things, besaßen sie überhaupt genetisch distinkte Attribute auf molekularem Level, wer konnte das herausfinden, wo gab es Dokumente?
    Andy nutzte alle, alles: Carl und die Ressourcen von Bayer HealthCare, Jeannes Kontakte bei den Resten des zerschlagenen Sagai-Groß­reichs, besonders der Abteilung Krebsforschung, d. h. Isolation von Krebsgenen, die gleich nach dem Machtwechsel in Washington einen riesigen Regierungskontrakt der Amerikaner abgestaubt hatte, der sie damit betraute, nach Gemeinsamkeiten zwischen den »neuen quasibiologischen Phänomenen« mit bekannten echtbiologischen zu suchen, wenn möglich Solanum zu synthetisieren, mögliche biotische Aberrationen bei den W gegenüber normalen Menschen zu erkunden und, »well, any damnthing, really«, wie Präsidentin Rodham Clinton die ­Eier­köpfe bei einem geheimen Treffen kurz nach Vertragsabschluß launig instruiert hatte.
    Irgendwas, wirklich: Danach gierte auch Andys Wissensdurst. In dieser Sache kam er ganz schön rum, und unter Leute: Biochemikerinnen, Psychologinnen, Anthropologinnen.
    Eine Frau Dr. Kirchner von Bayer HealthCare Zürich hielt ihm schließlich beim Frühstück überm Zürisee – während unten die Panzer über die Brücke am Bahnhof rollten, um die Botschaft der schweizerischen Zentralregierung zu unterstreichen, daß man die Zombiepest unterm Daumen hatte – einen leicht gereizten Vortrag, weil Jeanne Albers Arm lang genug gewesen war, sie dazu zu nötigen: »Okay. Wenn also das Gen geklont ist, kann man die Mutation im Gen direkt testen. Man sucht es nach bereits beschriebenen Mutationen ab, man kann auch neue, hmpf, sagen wir, ertasten. Alle möglichen Arten von Abweichungen können da ja vorkommen: Etwas ist von mir aus ausgespart, etwas ist eingesetzt, ein einzelnes Basenpaar ist substituiert, tri­nu kleo­ti­de Wiederholungserweiterungen … alles eine Strategienfrage.«
    Valerie gähnte und verschob mit den Fingerkuppen auf ihrem Teller Mohnkörnchen, die von dem Croissant übrig waren, das sie gegessen hatte. Inzwischen aß sie alles, was überhaupt eßbar war. Die Geburt ihres Sohnes rückte näher. Andy, eifrig: »Gut also, das ist eine kommerzielle Sache gewesen, daher kommt diese Forschung, diese ähm Technik der … Mutations… bestimmung.«
    »Kam mit dem Biotechboom auf, ja, denn vor allem, na, also sozusagen marktrelevante Gene sind ja auch identifizierbar anhand der Mutationen, die sie enthalten. Man kann Organismen danach klassifizieren …«
    Andy hatte Erkundigungen über die Frau eingezogen: Sie kam aus der Computerchemie und hatte mit den Life Sciences lange nichts am Hut gehabt, interessierte sich also nicht wirklich dafür, war dann aber nolens volens rekrutiert worden, als die Life Sciences zu Kriegswissenschaften gegen die mythischen Death Sciences der neuen Verwüstung werden sollten. Als die kapitalistische Welt wackelte, liefen die Universitäten, als ausgehaltene Luxusgüter, schneller auf Grund als die Schlachtschiffe der Industrie. Da mußten die Neugierigen sehen, wo sie blieben. Andy hatte Mühe, den Ausführungen der erkennbar mit ihrem Zuhörer unzufriedenen Frau zu folgen – von »Verstärkung spezifischer Allele« war die Rede, von »Fortschritten in der DNA -Sequenzierung, beim Solid Phase Sequencing und ähnlichem, die wir erst durch die W-Forschung machen konnten«, und dann erklärte sie, »wie ein Sample präpariert wird, ist entscheidend«. Das schien ein Abschluß-Statement sein zu sollen, also traute sich Andy, seine einzige Frage zu stellen: »Und habt ihr was gefunden? Irgendeinen Unterschied?«
    »Viele

Weitere Kostenlose Bücher