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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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aufgetragen, zu auftrumpfend, zuviele Themen übereinander weg. Allzuständigkeit, Temperament etc.
    Und als dann schließlich ein Herr Ärmelschoner, von und zu Wissenschaftsjournalismus persönlich, an einem Mathematikerportrait, das ich geschrieben hatte und das er natürlich nicht verstanden hat – als Hauptthese schälte er raus, Mathematik sei mir quasi »eine Geisteswissenschaft«, als ob ich überhaupt glauben würde, daß es Geisteswissenschaften gäbe bzw. daß das Wissenschaften wären –, bemängelte, es sei alles einen Tick »zu lustig«, als ein weiterer von der Sorte sich, ihm auf den Fersen, mopsig machte, in dem, was ich da verfaßt hätte, könne er jedenfalls keinen Meilenstein »auf dem Weg zur Wissensgesellschaft« erkennen, wäre auch noch mal schöner, und schließlich noch ein ganz Ausgeschlafener herausfand, mein Stil wolle auf was »betont Rotziges« raus, da wußte ich, wie spät es war. Pech gehabt: Endlich konnte ich gut schreiben, da gab’s keinen mehr, der lesen konnte. So war das immer in meinem Leben: Kaum bin ich geschlechtsreif, gibt es dieses » AIDS «.
    Sie konnten wirklich kein Deutsch mehr und nahmen mir das übel, zu Recht: Was hatte ich auch zugelassen, daß sie so verblöden, in all den Jahren, da ich das Land im Schlaf regierte?
    Auch schön: Das Etikett »Pop«, wegen der ganzen Emphase immer, leider nicht selbstklebend, das sie an meine Arbeit dranschmuddeln wollten. Pop? Ich? Na gut. Wenn dann der Schmerz nachläßt, macht halt.
    In Wirklichkeit: Eine Klassensache, denn diese ganzen Bemängler meiner exaltierten Ostentation kamen natürlich aus dem warmen Nest zum Schreiben, als zu so einer Traumtätigkeit, die ihnen angemessen war, weil man dabei nicht mit unsauberen Substanzen in Berührung kam, wenn man sich nur konsequent genug fernhielt von den Sachen, über die da zu schreiben war.
    Ich hätte eigentlich ’ne Lehre machen sollen. So war’s geplant gewesen, und das eben haben die gerochen – der Furor, das Dringliche bezog sich darauf, daß ich das Haus gern zum Einsturz gebracht hätte, in dessen Hochparterre sie sich und ihre Leser so nett zu langweilen gelernt hatten.
    Wer ist denn das, Ariane? Ich weiß auch nicht, Flo, aber der schreit immer so rum, das ist ja. Wirklich. Äußerst. Unangenehm.
    Hat viele Jahre gedauert, bis mir klar wurde, daß mich das gar nicht erreicht, dieses Genäsel, diese gelupften Augenbrauen der höheren Töchter gleichgültigen Geschlechts: Ich dachte immer, solange es diese Wasserleichen aufregt, kann es nicht ganz schlecht sein. Denn die standen doch sehr deutlich für den Status Quo. Texte von solchen Menschen wurden gedruckt, weil die Blätter irgendwie voll werden mußten; das fächerte sich dann so nach Neurosenart und individueller Verdrossenheit auf, von Underground bis liberales Wochenblatt, derlei Geseich hat noch nie jemanden begeistert oder erzürnt, das wird aber zur Kenntnis genommen, ausgeschnitten, archiviert, damit man mitsalbadern kann oder auch einfach aus Konformität, rituell. Bedrohlich wurde es für mich psychologisch nur, wenn dahinter die Gewalt zu sehen war, die garantierte, daß der Laden lief: So aufgeregt können wir das aber nicht drucken, Herr Rolf.
    Also Lektoren, Redakteure, Vermittler: Die meistens kleinen, klam men, verkniffenen, ängstlichen und grausamen Türsteher mit dem großen Gummiknüppel und der Lizenz zum Abwürgen, fast immer selber verhinderte eminente Dichter und Denker, deren Musenkinder während der ersten drei Minuten im Brutkasten verendet waren, lange bevor sich diese Gestalten mit ihrem jeweiligen Kläfferposten abgefunden hatten. Kannst du denen aber natürlich nicht zeigen, daß du schon weißt, daß sie mit ihrem albernen Amtsgehabe bloß die eigene Zurückgesetztheit durch den unbarmherzigen Gott, der die Talente austeilt, überkompensieren müssen. Ach was, »über-« ist gut, von wegen.
    Da muß man dann halt ein bißchen lügen, damit sie einen weitermachen lassen.
    Sagt man also: Danke für den konstruktiven Hinweis, sehr verbunden für die schöne Ermahnung und Textversauung – selbst wenn sie da dann mithören, was gemeint ist: Mach dich nicht so dick, laß mich an die Arbeit zurück, und wenn dir langweilig ist, schreib halt selber was, du Zwerg – selbst dann reicht ihnen die Reverenz vor der Autorität, die im artigen Lügen immer auch enthalten ist. Ja, ich, der freie Mitarbeiter, erkenne an, daß du mich am Arsch hast.
    Das kommt mir jetzt selbstredend noch

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