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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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tatsächlichen Aufwärtsbewegung, der frühen Aufstände der modernen Verhexten, der Arbeiterbewegung. Muß man gesund werden? Man muß gar nichts.
    Der Verf. fragt sich, warum sie nicht zugegeben haben, daß sie es halt wollten . Ihre Aussichten waren doch ermutigend genug; die Eigenschaft der großen Industrie, die in der Moderne alles Elend und alles Krisen erzeugt, ist dieselbe, die unter einer anderen gesellschaftlichen Organisation eben das Elend und die Schwankungen vernichten wird: daß tendenziell für alle produziert wird, daß mehr produziert werden kann, als man unmittelbar braucht, was heißt »man«: die ganze Gesellschaft.
    Dazu muß die große Industrie nicht mal groß sein, nur modern (wenn der Plan beschließt: laßt uns weniger werden, denn weniger Menschen brauchen und machen weniger Dreck, dann eben so, ist doch auch gut).
    Das Wahnsinnige: Was den Anschein einer Gesetzmäßigkeit erzeugt, ist der Zug des Ganzen, die privateigentümliche Konkurrenz auch ohne Plan abzuschaffen, nämlich durch Monopole.
    Diese Abschaffung ist aber eine sehr schlechte, sie baut Pyramiden oder New Economies, aber nichts, was die Leute brauchen. Besser wäre eine freie Vereinigung frei produzierender, demokratisch über ihr Plansoll entscheidender Menschen.
    Demokratisch: Das ist der beste Name für den sozialen Sog von der Repräsentation zur Kommunikation. Wer ein Internet hat, braucht eigentlich schon keine Abgeordneten mehr – die Leute könnten permanent mitbestimmen, der Verwaltungsapparat im Kommunismus wäre nicht größer, sondern sogar kleiner, und effektiver, als im späten Kapitalismus, weil es wirklich nur noch um technische Probleme ginge, die dann halt ein neuer Rousseau lösen müßte, ein kollektiver diesmal. Also ist das alles ein Geistesriesenproblem? Nein: Ohne Krieg und Streik stellen sich alle diese Fragen gar nicht. Wer gibt sie uns wieder?
    Vielleicht, so dialektisch könnte die Welt dann doch wieder sein, der Kapitalismus selber. Das könnte eine Pointe ergeben, auf die niemand vorbereitet ist, im Moment. Er ist ja trotzdem irgendwie noch leidlich produktiv, auf seine destruktive Art – war zum Beispiel, auch wenn das altmodischen Sozialisten nie gefallen hat, entschieden produktiver als der Alte Osten. Ist ja auch klar: Ein Gesamteigentümer, der den Verhexten nicht beliebig Mehrwert abpressen kann und ihnen außerdem Wohnung, Medizin etc. zusichern muß, die sie sich im Kapitalismus auf dem Markt holen müssen, kann in Konkurrenz zu mehreren, einander durch Konkurrenz vorwärtstreibenden Eigentümern nur verlieren, es sei denn, er wartet ab, bis das Monopolyspiel die Agoniephase erreicht, aber wovon soll er unterdessen leben? Sie hatten sich im Alten Osten schon von vornherein die produktionsförderlichste Seite des Kapitalismus selber weggenommen, das Überlebensinteresse als Arbeitsan­stachelung, dann den Luxuskonsum und sein Versprechen, der in Boomphasen ideologischen Speck sammeln hilft, und wollten das alles ersetzen durch Appelle und die Peitsche.
    Die industrielle Revolution, die den Kapitalismus erzeugt hat, fand in England statt, nicht in den Kolonien, aber die rein politische, die den Sozialismus erzeugen sollte, bloß im hungrigen, frierenden Rußland, das davon erst mal wenig mehr hatte als einen Bürgerkrieg. Wenn ein so rückständiges Land so was versucht, ist das mindeste, daß ziemlich heftige Anstachelungsmethoden die Konkurrenz ersetzen müssen. Das Geheimnis des sogenannten Totalitarismus: die sogenannte Grausamkeit, Scheiße. Lenin dachte, wir müssen den wackligen Laden mit allen Mitteln am Laufen halten, bis in den fortgeschrittenen Ländern, lies Deutschland, die Revolution kommt.
    Kam nicht. Stalin: Lauern. Chruschtschow: Jammern. Breschnew: friedliche Koexistenz.
    Gorbatschow: Winterschlußverkauf.
    Währenddessen, in der westlichen Linken: Wartet nur, die Armen der Dritten Welt, die machen jetzt die in den fortgeschrittenen Ländern ausgebliebene Revolution, und wir jubeln dazu ganz laut, damit es ihnen auch richtig Spaß macht.
    Befreiungstheologen. Rettet uns, ihr Heiligen, wir gehen alle unter, das Schiff versinkt im Meer. Letzte müde Handbewegung der Enttäuschten: Pazifismus. Man ergab sich, Übernahme, Abwicklung.
    Niemand sprach mehr von Streik, niemand von Krieg.
    Niemand von Tun und Lassen.

EINUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Siebenhundertvierter Tag
    Im Situation Room – das ist ein weißer, großer Container, ich war erst zweimal drin. Außer einem

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