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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Strahlenkranz aus Schnee um sehr wütende Züge. Insgesamt wollte Beate die Erscheinung fast lustig finden und konnte verdutzt, wie sie war, nichts Gescheiteres erwidern als: »Ja, ich hab’ Ikea-Möbel bestellt. Und gekriegt. Ich bin hier nämlich grad neu eingezogen.«
    Der Knilch legte nun los wie angezündet: »Genau. Und Sie haben einen Haufen Pappe in die Tonne geschmissen, ja. Also, hören Sie, wissen Sie, das geht nicht so einfach, ich hab’ nur den Deckel aufgemacht, da fiel mir das Zeug entgegen. Es gibt noch zwölf andere Mietparteien hier im Block, also, hören Sie, ja, da können Sie ruhig mal warten, bis der Behälter leer ist, verstehen Sie, das kann man nicht beliebig vollstopfen, dann fällt das hier auf den Weg und dann fahren hier Autos lang und es muß Strafe gezahlt werden.«
    Beates keineswegs eingeschüchterter Blick irritierte den Schreihals, ohne daß der sich darüber selbst so recht klar war. Er drehte, weil ihm das passend schien, die Lautstärke einen weiteren Zacken auf, durchsetzte seinen fuchtelnden Krakeel mit vielen rasanten Interjektionen Marke »Wissen Sie« und »Hören Sie« und drehte sich dazu im Kreis um seine stumpfe Würde. Beate schaute glasig durch ihn hindurch, als könne sie nicht glauben, daß es diesen Spaßvogel wirklich gab.
    »Hmpf«, machte sie hin und wieder, während er ihr seine Predigt hielt, dann »hömm«, auch »mtjaahh …«, extrem gedehnt, als wäge sie seine Worte genau, während sie in Wirklichkeit dachte, wie leicht es doch wäre, ihm mit einem einfachen Tritt das Becken zu zertrümmern, oder seinen Kopf in den Schwitzkasten zu nehmen und zack, beherzte Drehung, sein Genick zu brechen. Es gab auf der Welt gepanzerte Leibwächter, die sich nicht geschämt hätten, vor Beate davonzulaufen, vorausgesetzt, man teilte ihnen mit, wer sie war, und da stellte sich diese Kühlerfigur vor sie auf den Rasen und gab den Zeus. Schon schön.
    Lustig? Nee. Nicht mal. Als der Idiot nach zwölf Minuten immer noch nicht zur Ruhe gekommen war, schüttelte Beate den Kopf, um ihn klarzukriegen. Dann sagte sie, das Gesicht von der Figur bereits abwendend, vermurmelt und zerstreut: »Ich habe heute keine Pappe in den Container gestopft. Lassen Sie mich zufrieden, Mensch.« Dem Kasper blieb die Luft weg. Bevor er sie wiedergewann, war Beate mit Post und Zeitungen im Haus verschwunden.
    2  Auch Freddy Schörs sah sich neuen Anfechtungen ausgesetzt.
    Bei der Arbeit im katholischen Buchladen, wo er jetzt sein Geld verdiente, dachte er zu oft daran, daß das sein eigener Buchladen leider nicht war. Verlangt wurde, daß er den Menschen jede Menge Dreck verkaufte, der ihn, wann immer er ihn in die Hand nahm, wie Sodbrennen ärgerte. In Beates zweiter Freiburger Woche mußte er eine Abendveranstaltung mit ausrichten helfen, bei der ein kleiner präpotenter Drecksack sein neues Buch »Anlagetipps für Leute, die einfach nicht totzukriegen sind« vorstellte. Der Kerl war Zombotiker und eröffnete, bullig am Lesetisch thronend mit seinem eindrucksvoll freiliegenden Brustkorb voller Metallbügel und knochenweißem Plastikstrebenkram, seinen kleinen Vortrag mit dem schauderhaften Scherz: »Ich habe die Hölle gesehen, und es ist viel weniger los da als an der Börse!«
    Seine Augen glosten rot wie Kohle, er leckte sich über die Porzellanbeißer, wartete das Abebben des Applauses ab. Dann bellte er: »Kein Witz! Meine Damen, meine Herren! Sie lachen, sie klatschen, aber mir ist es ernst! Ich war so kaputt, wie ich nur sein konnte! Mein Geld war futsch! Was ich noch hatte, war die Versicherung – das hatte ich angelegt, damit ich wiederbelebt würde, Sie wissen, es kostet nicht wenig. Ich war geschäftsunfähig, meine Krankheit hat mich fertiggemacht und meine Partner haben alles verschleudert – ich, im Krankenhaus, müs sen Sie sich vorstellen, total verkrebst, Nierentumor, Tumore der Nebennieren-Rinde, das war ja wirklich kein Spaß! Liebe Leute! Ich bin buchstäblich, wie man so sagt, jämmerlich verreckt, und als ich wiederbelebt wurde, mit all den schönen Verbesserungen, die Sie hier sehen, hatte ich zwar eine Zweitlebenserwartung von hundert bis zweihundert Jahren – Sie wissen sicher, wie das ist –, aber auch keinen Cent mehr auf der Naht! Also sagte ich mir: Junge, du hast einmal einen Haufen Geld gemacht, das schaffst du auch ein zweites Mal.«
    Danach kam’s dann, sein albernes »System« zur angeblich skandalös einfachen Vervielfachung der müden Privatkröten

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