Für immer in Honig
Iiik!«
Etwa acht Monate lang, nach der Begegnung bei Kobe, blieb Andy mit Jeanne Alber noch zusammen, betrachtete sie als »seine Freundin«, wenngleich er unterdessen, nicht selten in ihrer Begleitung, sein altes Leben, die Teilnahme an den drogenbedröhnten Hexensabbatten um Cordula und die W, wieder aufnahm – einmal lag er sehr zufrieden und seltsam sentimental auf einer Chaiselongue, vollkommen leergevögelt, seltsam aus sich rausgehoben, und sah, durchaus nicht eifersüchtig, eher in sublimem, interesselosem Wohlgefallen, lange zu, wie sich Jeanne von einem Wolf bespringen und zerkratzen ließ, hielt ein paar Minuten Blickkontakt mit ihr, kurz bevor sie kam, und stellte fest, daß sie doch sehr schön war und ihn sogar immer noch ein bißchen wollte, daher das anziehend Trotzige und Verruchte in jenem Blick.
Aber im darauffolgenden Frühjahr dann, kurz nach der Teilbefreiung Berlins – die Russen hatten geholfen, der ehemalige Westteil war noch zombiebeherrscht, aber die ganze ehemalige Hauptstadt der DDR gehörte wieder den Menschen –, saßen sie dort beim Essen im Fernsehturmrestaurant und es passierte.
Anders allerdings, als er vermutet hatte: Nicht er trennte sich von ihr, sondern sie gab ihm den Laufpaß.
»Es ist ja nicht so, daß ich auf Monogamie rauswollte«, sagte sie sachlich, und tupfte sich die Fischsoße von den schönen Lippen. »Monogamie habe ich probiert, vor dem Totentanz – wußtest du das, daß ich mit einem kleinen drahtigen Basler Chemie-Aufsichtsrat verheiratet war, bis 2004?«
»Nein«, sagte Andy trübe, ein bißchen Selbstmitleid tat ihm ganz gut.
»War ich aber. Und das sollte wirklich eine richtige Ehe sein – bis daß der Tod, keine anderen Betten neben unserm und so weiter – und als dann die Vorbeben kamen, die neuen Seuchen, die Expansion meiner Pflichten, die Botengänge für Kreuzer – da hat er mir gesagt: Ich fand es ja toll, daß du selber was machst, Geschäftsfrau bist, aber wenn ich gewußt hätte, daß du so richtig Macht willst, und Politik machst, hätte ich dich nie geheiratet. Und ich? Ich bin wie ein Huhn vor ihm auf und ab gerannt, hab mit den Ärmchen geflattert, bitte bitte, laß uns das alles doch noch mal versuchen, wie wär’s mit Paartherapie. Und er sagt: O.k., aber ich muß jetzt erst mal auf eine längere Geschäftsreise, das wird uns helfen, abzukühlen, da kann ich nachdenken, danach können wir ja dann zur Beratung gehen. Und ich, stell dir vor, ich schlucke das brav, aber dann, kaum ist er weg, finde ich in seinem Schrank beim Krawattensortieren was? Eine kleine Pappschachtel, und da war, du faßt es nicht, sein Ehering drin und alle kleinen Bilder von mir, aus dem Geldbeutel. Ich saß wirklich fix und fertig auf dem Bett und mußte lachen: Er geht mal kurz mit einer andern auf einen Sprung nach Afrika oder wohin das war, bumst sich ein bißchen den Verstand klar, damit wir danach unsere Ehe retten können … unfaßbar.«
»Und die Pointe?« fragte Andy säuerlich, zerknirscht und voll schlechtem Gewissen.
»Nur die, daß ich mich nicht so benehmen werde wie mein Exmann, der übrigens inzwischen in China an Rotfeuer-Sarkoidose verendet ist, während der zweiten großen Epidemie. Schade drum, inzwischen haben wir auch dafür den Impfstoff – jedenfalls: Ich gehe nicht auf Geschäftsreise. Ich verspreche dir keinen Besuch beim Therapeuten. Ich gebe dir nur einen guten Rat, Andy.«
»Nämlich?« Er klang jetzt wirklich wie ein schmollendes Kind, fand er: Hoffentlich ist diese Unterhaltung bald zu Ende, und das ganze lausige Kapitel mit ihr.
»Du solltest anfangen, dich ein bißchen mehr für dich selber zu interessieren und ein bißchen weniger für das, was als nächstes passiert – die nächste Orgie, die nächste Mission, die nächste berühmte Persönlichkeit, die du kennenlernst, und die dir vielleicht beim Versuch hilft, die Welt zu verstehen. Die Welt bist du selber, Andy, und was du draus machst.«
»Sehr weise von dir, Jeanne.«
Sie stand auf, um ihn tatsächlich zu verlassen.
Als sein Telefon an diesem Abend klingelte, nahm er nicht ab, und rief erst eine Woche später Hillary selber wieder an, erwähnte aber die Trennung von Jeanne nicht – sie fragte nicht nach, was gewesen war, und irgendwann, in einem späteren Gespräch, als sie ihren Telefonrhythmus wiedergefunden hatten, brachte er es dann mal unter, ein bißchen gekränkt darüber, daß sie ihm ohne weiteres abnahm, daß es ihn nicht groß aus dem Konzept
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