Für immer in Honig
Investitionsklima zu schaffen. Sonst kommen (milde Fälle) bald die Blauhelme oder (schwere Fälle) die Marines.
Gesamtgesellschaftliche Aufgaben? There is no such thing: Gesundheit und Erziehung gehören privatisiert, begleitende ideologische Musik über die Unzuverlässigkeit der Schulmedizin, die viel zu reichen Ärzte und die flexiblen Lernanforderungen von heutzutage wird gegen geringes Entgelt von den Medien in jeder gewünschten Lautstärke gespielt. Weg mit dem Arbeitslosengeld, weg mit jeder Form von Salbe für die Rausgefallenen oder Nichtreingekommenen, weg mit Zöllen, weg mit Handelsbarrieren jeder Art, umfangreiche Reduktion von Firmenbesteuerung und Einkommensteuern, weg mit allen Schattenseiten des Eigentums für den Eigentümer.
In den Zentren muß das sein: weil sonst der Standort leidet. Verhexte nah am Quell des sozialen Reichtums merken selten, wie arm sie schon sind und wie viel ärmer sie gerade gemacht werden, weil das Sprudeln des Quells so laut ist und die Gischt so schön weiß schäumt.
In den armen Ländern der Peripherie aber muß es erst recht sein: weil sie Schulden haben und sonst der Währungsfonds und die Weltbank grantig werden. Die Nationalökonomien von 90 (!) sogenannten Entwicklungsländern wurden in den Monaten vor dem Auftakt des Totentanzes bereits von Washington, D.C. aus gesteuert. (…)
Als die Wasserversorgung der drittgrößten Stadt Boliviens erst mal privatisiert war, nämlich einer britischen Firma übereignet, die dem US -Multi Bechtel gehörte, stiegen die Preise rasch aufs erfreulich Doppelte und die Leute gaben bald mehr für Wasser aus als für feste Nahrung (falls jemand auf die Idee kam, im Plastikfaß auf dem Dach der Wellblechhütte Regenwasser zu sammeln, setzte es – na, wie heißt das schöne Adjektiv? – empfindliche Strafen). Hier entstanden sie, die Protestformen der Deserteurs-, Antikriegskeynesianismus- und Krankenbewegung, deren farbenfrohe, um die Selbstdarstellung der W bereicherte Formen wir heute, da die Zombie-Okkupation der größten Städte bezwungen scheint, jeden Tag auf den Bildschirmen serviert kriegen. Fast zwanzig Jahre ist das jetzt her, der erste, »antiglobalistische« Vorgeschmack: Man ging wieder auf die Straße, massenhaft, die Eskalation war hydraulisch, fast zu simpel: ein Ergebnis des ansteigenden Drucks, der realen Sichtbarkeit der Verhexten, die sich erstmals seit der verheerenden Niederlage des großen Anlaufs von 1917 selbst wiedererkannten als die Verdammten dieser Erde. Randalieren, die eigene Bewußt losigkeit als Chaosinszenierung nach außen stülpen und damit die Impotenz der o ffizi ellen Sorte »Ordnungsstifter« demonstrieren, die Repression aus der Kontoführung des von den Monopolen usurpierten Staates auf die Straße locken. (…)
Ein Polizist schoß einen 17 Jahre alten Jungen ins Gesicht, während seine Brüder und Schwestern sich selbst halfen, lokale Versorgungsmodelle, geschützt durch die große Zahl derer, die auf sie angewiesen waren, wurden eingeführt, die Wasserprivatisierung hat man schließlich taktisch zurückgenommen – und genau da, meint der Verf. nach eingehender Sichtung der Aktenlage, hat dann die in den Zentren zu neuen Sorten sympathischer, aber nicht revolutionärer Armenlobby-Arbeit auskristallisierte »Antiglobalisierungsbewegung« damals versagt: Die lokalen Husarenstückchen, das Straßentheater (das wir jetzt, verwandelt und verschärft um Besetzungen immerhin auch militärischer Installationen, etwa der NATO -West, plus Solidaritätserklärungen auch praktischer Art seitens rebellischer Soldaten, wieder erleben), das verzweifelte, partikularisierte Gewurstel sogenannter »direkt Betroffener«, verwirrter Vielheiten und Verhextenkollektive wurde ontologisiert, in den Himmel gehoben, als Maßstab gesetzt, anstatt darin das Tasten zu erkennen, das Suchen, die Forderung gerade nicht nach weniger Zentralismus, sondern die paradoxe Erklärung: »Wenn das Zentralismus ist, diese Praxis des ›no such thing as society‹, dann kramen wir lieber wieder ganz atomisiert im Dreck«, und also in Wahrheit die Forderung nach mehr Globalität, nach Weltgesellschaft, wie sie die fortgeschrittenste soziologische Theorie jener Zeit schon verwirklicht glaubte – die Theorie, die ihre Rechnung, weil akademisch blind, ohne den Volkswirt gemacht hatte.
(…) Die kitschige Verherrlichung des an den verschiedensten Orten gleichzeitig aus schierer Not geborenen, aber nirgends koordinierten, nirgends
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