Für immer in Honig
geronnenes Blut auf der Oberfläche, verkrustet wie Grillhähnchenhaut.
Kopf ab, aufs Dach, verbrennen, mit den andern.
Nach zwei weiteren Tagen gehörte uns der Tempelberg samt Felsenberg, aber dann kamen sie von Gethsemane her, in immer neuen Wellen, und vom Christenviertel, vom armenischen Viertel, als hätten sie sich in den Mauern der Häuser versteckt gehabt, und trampelten die Straße hoch, die steilen Treppen, und griffen immer wieder an, zogen einen engen Ring, schossen uns sturmreif. Wir konnten nichts machen, als in die anbrandende Menge zu feuern, stundenlang, tagelang, in immer größeren Abständen, um keine Munition zu vergeuden.
Wir saßen in der Falle, und erfuhren per Funk, daß es keine Rettung geben konnte: Auch Philip saß fest, im HQ , das war ein Gebäude der ehemaligen Hebrew University, also ebenfalls auf einem Berg. Miri Eisin wollte vorerst – »vorerst«, was haben wir gelacht – keine Leute schicken, Jerusalem war ohne Wert für sie.
Da dachte ich: Das ist es. Das Ende. Wir sind durch.
Vom Vorplatz der Moschee konnte man, sobald es dunkel wurde, im Süden den Wald des Friedens brennen sehen, Artillerieblitze auf der Höhe des Bahnhofs, undurchschaubare blaue und gelbe Signale auf dem Zionsberg. Orks, dachte ich, mußte wie blöd lachen und habe mich deshalb an heißem Tee verschluckt.
Fickscheiße.
18. Elul, siebtes Feldzugsjahr (später geschrieben)
Schlacht um Jerusalem: Wie das nächste Stück Geschichte, das wir der Welt von hier ab hinterlassen, über meine Entscheidung auf dem Tempelberg urteilen wird, ist mir gleich. Vielleicht werden sie es aufblasen, obwohl es nur um Distanzen von unter einem Kilometer ging, aber als wir wußten – als uns die Funksprüche erreichten, die uns klarmachten, daß Philip sich befreit hatte und uns zu Hilfe kommen würde, und unsere Munition zählten, hätte ich heulend zusammenklappen können – es reichte nicht.
Ich habe mir das hundertmal murmelnd wiederholt, an dem Morgen, auf der Mauer: Es reicht nicht, die putzen uns weg, bevor Philip hier ist. Zu wenig, zu spät.
Zugleich war unser bißchen gesichertes Gebiet aber die Flanke der Befreier, der Tempelberg unser wichtigster »High Ground«: Nicht nur wir brauchten Philip, er mußte sich auch darauf verlassen, daß wir die Stellung hielten, bis er da war, um die Front zu schließen. Ich traf also zuerst ein paar schlechte kleinere Entscheidungen – Ausfallversuche, die uns Verluste einbrachten – und hatte mit Insubordination zu kämpfen.
Unsere Front hatte angefangen zu bröckeln.
Ich bin nicht zusammengeklappt, ich habe mich nicht besoffen. Mehr kann ich nicht zu meiner Rechtfertigung sagen. Mittags stand ich vor den Frauen und Männern, den Alten und Kindern der Vierzehnten Süd, an der Stelle, an welcher der Prophet – der Friede Allahs sei auf ihm – sein Pferd angebunden hat, und habe ihnen erklärt, wie es um uns stand: »Die ganze Last liegt auf uns. Kapitulation kommt nicht in Frage: Wir sind Philips Ziel und die Flanke der Befreier. Wenn wir einbrechen, zerfällt die freie Stadt, und wir verlieren die Schlacht.«
Unsere Leute wußten, was das bedeutete: Anders als Eisin und die restlichen Planspielgenies in Tel Aviv war uns auf dem Berg ganz klar, daß die Seite, die diese Schlacht verlor, den ganzen Krieg verlieren mußte.
Während ich meine kleine Ansprache hielt, ging es unten weiter. Die ehemaligen Herren der Stadt und des Landes stürmten durchs Tal, unsere Pufferstellungen klappten um wie Papierhäuschen, die lebenden Toten gingen wie brennende Kriegsengel auf Wolkenteppichen über die große grüne Wiese hin, kein Nachlassen, Verwüstung, der letzte Keil, die letzte Springflut in der Altstadt.
Eine Vorhut arbeitete sich auf der Via Dolorosa an uns heran, Raketen wurden von der Zitadelle abgefeuert.
Welle um Welle gegen uns.
Und dann winkte ich meinen Sergeanten, und sie führten mich durchs Feuer auf die Treppe zwischen der Moschee und dem Dom, und gaben mir ein Mikrofon, dessen Signale von Speakern an allen vier Eckposten unserer Festung, in allen Stellungen, auch auf den Dächern der Altstadt, die wir verteidigten, zu hören waren, und vom Dach der Moschee selbst kam der lauteste, der vollste Sound. Ich habe mein Manuskript noch, es ist bloß ein labbriger alter Dreckzettel.
Darauf steht: »Wir haben kaum noch Kugeln. Aber wir übergeben die Festung nicht. Was ich von euch jetzt will, nennt man eine Verzweiflungstat. Ich sehe keinen andern Weg, das hier
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