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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Turnschuhe. Die Arme sind bis zu den Schultern von rotem Flaum bedeckt, wie auch die Wangen, die Stirn ist frei. Als sie mich begrüßt – auf arabisch, ich muß einen Dolmetscher holen –, sehe ich ihre Zähne: fuchsige Beißer, klein und spitz und weiß, nur vorne menschlich.
    In flachem, respektvollem Ton antwortet sie auf meine Fragen, die Augen oft gesenkt dabei. Aufrecht, gerade, so steht sie vor mir, dem Befreier des Tempelbergs, und ich weiß nicht: Soll ich dieses tapfere, unglaublich starke Kind jetzt umarmen, küssen, oder mich meinerseits vor ihr verbeugen, denn meine Jahre hier im Land waren ein Nachmittag in der Hängematte, verglichen mit dem, was Aeryn erlebt hat.
    »It was hard«, übersetzt mein Dolmetscher ihre Antwort auf die allgemeinste Frage nach ihrem Weg hierher.
    »Do you want to leave the city with the other Isawiyyapeople?« frage ich.
    Sie zuckt die Schultern. Ich frage, ob das ihre Leute sind, ihre Freunde, ihre Familie.
    Sie denkt nach, lächelt zum ersten Mal. Sie spricht drei Sätze, ich schaue den Dolmetscher an. Er räuspert sich und sagt: »She says – they are like me, but they are not my people. I do not believe in Allah, I do not believe in blood, I do not believe in animals. And I certainly do not believe in magic.«
    Woran sie denn dann glaubt?
    Wieder das Schulterzucken: »I guess I do not believe in anything at all. Myself, maybe.«
    Ich lasse keine weitere Verzögerung zu, wohl auch, um mich selber zu überrumpeln, sondern bringe sie trotz kleiner ­Pa­nik­attacke zu Karin, ohne dem Mädchen zu verraten, wer diese Person ist, zu der sie gebracht wird.
    Wir betreten die Suite, ich verscheuche das Personal. Karin hat ferngesehen, wie immer, sie dreht den Kopf unwillig in unsere Richtung. Ihr Gesicht ist sehr alt: viele Falten, schlaffe Haut, Ringe unter den Augen. Sie ist immer noch schön. Sie ist Karin.
    Ich kenne sie jetzt seit elf Jahren, wenn man von der ersten Begegnung an zählt, dem Abendessen in der Eukalyptus-Kneipe. Aeryn sieht unsicher zu mir, dann zu Karin, dann, als ihr was dämmert, wieder zu mir. Karin öffnet den Mund, schließt ihn wieder.
    Dann steht sie auf, stützt sich auf die Sofalehne dabei, hat Mühe. Aeryn geht rasch auf sie zu, flüstert etwas auf arabisch, und Karin zittert, wirkt plötzlich ganz gebrechlich, zu schwach, sich ganz aufzurichten, sackt ab. Aber da ist das Mädchen bei ihr, diese W, ihre erwachsene Tochter, fängt sie auf und hält sie fest.
    Sie sprechen miteinander in einer Sprache, die ich nicht verstehe, murmeln und stottern, lachen fast, weinen fast. Aber sie haben einander erkannt, das ist sicher, denn Karin sagt: »Aeryn, Aeryn.«
    Ich wende mich ab, verlasse die Suite, schließe hinter mir die Tür, so leise es geht, gehe nach unten und bitte darum, daß man mir ein neues, eigenes Zimmer einrichtet.
    Die Stadt braucht mich nicht mehr, das Land braucht mich nicht mehr, Karin und Aeryn brauchen mich nicht mehr. Schimon hat mich vielleicht nie gebraucht. Jims Frau, Jims Kinder, nicht meine. Ich habe nur einen Koffer. Ich werde mit Philip gehen, nach Amerika. Vielleicht werden wir Rockstars, ich höre, lese und sehe im Fernsehen, daß die Popkultur unter Nofretete Rodham Clinton gerade ein erstaunliches Comeback erlebt.

9. März 2019
    Übermüdet, ausgepowert, Heimweh nach dem Land, in dem wir so lange gekämpft haben – ich bin keine vierzig Stunden da weg und wäre plötzlich gerne wieder dort. Wirklich? Nee.
    Wie war der Abschied? Der war o.k.
    Gestern kam Schimon, als ich mich gerade rasiert habe, auf mein Zimmer, und hat mich abgeholt, zum Frühstück. Wir saßen zusammen, haben Witze gemacht und so getan, als ob Karin verstünde, wovon wir reden – sie hat auch immer mal wieder gelacht, und freut sich sichtlich, wenn Aeryn ihr die Hand auf ihre legt.
    Sie mag das Fell, sie mag das Mädchen; der Name der Tochter ist die einzige Konstante im Zungenreden, immer wieder sagt sie: »Aeryn, Aeryn.«
    Auch ihr Verhalten verändert sich – wenn Schimon ihr sagt: »Laß das, Mama«, weil sie mit der Teekanne hantiert, sie ungeschickt schwenkt, wie ein beschwipster Kran, dann reagiert sie nicht. Aber wenn Aeryn ihr nur einen Blick schenkt, der drum bittet, daß sie irgendwas tut oder bleiben läßt, passiert das sofort.
    Diese Beziehung war sofort da, the switch is on, und das gibt Karin, was ihr sonst keiner geben kann: Halt. Schimon, glaube ich, merkt genau wie ich, daß wir dabei überflüssig sind.
    Ich habe Karin nicht

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