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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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die fliegt uns hierher: mitten in den Sumpf, wo ein recht komfortables, großes, irgendwie nach französischem Kolonialchic aussehendes Haus uns erwartet. Mein Schlafzimmer reicht für drei. Ich bin so müde wie seit Jahren nicht, werde mich jetzt hinlegen und einen Monat schlafen, egal, wie doll mich die Mücken zerstechen.
    Ach ja – in Skribas kleinem Kassiber, den Ramzi mir zugesteckt hat, steht sehr wenig: »Lieber Robert, es war kein Traum. Achte darauf, handle danach: ohne Schechina, getrennt von Malkuth, wird Deine Reise schwerer, als sie sein muß. Herzlich, F.R. «
    Ich höre, während ich tippe, meinen Herzschlag, und draußen Frösche quaken, so still ist es hier. Bin sehr gespannt, worauf ich mich diesmal eingelassen habe, und ob’s auch nur halb so lustig wird wie die Schweinerei auf dem Tempelberg.
    Ich habe eben in den Spiegel gesehen.
    Die Glyphen sind weg.

DREI :  FUNKTOREN
    oder
Wir sind nur das,
was wir gegen sie tun
    »For I am Mars, the god of war, and I will cut you down« Motörhead; Orgasmatron

DREIUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
    In letzter Zeit öfter, dann wach • Auf ein Gelächter zu • Ich schicke dir jetzt einen Engel • Fast komplett • Nehmt die Rechner mit
    1  Also schnell aus dem Traumraum raus: »Wer kann denn … so selbst bewußt … sein … den eigenen Vornamen für … die eigene …«, lallte Robert Rolf. Er spürte einen schwülen Lufthauch an den Armen, wo er sich mehrfach gekratzt hatte, im Halbschlaf, wegen der ­Moskito­ stiche. Das Fenster war offen, ein Netz reingespannt, es zirpte und quakte da draußen. Öfter, sagte Roberts Hirnrinde anklagend: Du hast jüngst, in Jerusalem, öfter an Jenny gedacht, und an die alten Zeiten, und dich gefragt, ob du sie noch mal erleben kannst, oder wenigstens ähnlich gute, wenn du dein Schicksal an Philips Weg heftest.
    Robert scheuchte diese Stimme weg, dachte lieber an Papier: Ist das Pergament, womit Skriba mich repariert hat? Woran erkennt man Pergament? Pergamon. Peregrin. Personalabteilung. So hatte der Kopf früher, in den Schriftstellerjahren, schon kurz nach dem Aufwachen immer riesige Mengen irgendwie zusammengehöriger Wörter gemacht, meistens entlang dem Klang auseinander hervorgebracht. Dann mußte man stets nur noch die überflüssigen weghacken, nach irgendeinem Regelchen für den konkreten Anlaß, Artikel, Roman, Witz, fertig.
    Ein Kleingedicht:
    Woran erkennt Man Pergament ?
    Der Traum: ein schönes Sammlerstücksample der Muzak, die ich bin, überlegte Robert. Später blieb leider, der Ereignisse wegen, gar keine Zeit, den Traum glattzustreichen und im Hirn auf Wunderblock-Fotopapier hochzuziehen. Jetzt, kurz nach dem Aufwachen, fühlte Robert sich erhoben, euphorisiert, denn er hatte geträumt, er wäre bei Jennifer, sie hätten miteinander geschlafen, und das schönste daran war gewesen, daß sie gelacht hatte, wie damals immer, 1985, in diesen Nächten, mit ihm, mit Philip. Wenn man das ganz arg Verbotene macht, lautete seinerzeit die unausgesprochene Moral, muß man lachen dabei, damit Gott merkt, daß man es ernst meint mit der pflaumenkirschensüßen Übertretung. Robert fuhr mit der Hand zum Gesicht, betastete sehr vorsichtig, als würde es bluten, das Papier, wo 1985 Haut gewesen war, und sagte leise in dem fremden finsteren Zimmer: »Gegensinn«.
    Das war das Wort, das in Übersetzungen französischer Romanzen aus alter Zeit, die ihm befreundete Gippies damals in Freiburg geliehen hatten, für Muschi, fürs Fötzchen stand.
    Dann sagte er: »Place«, denn so nannte dasselbe Ernest Hemingway in irgendeinem vermuffeltstarkmännlichen Tagebuchkram: »her place«.
    »Jenny«, flüsterte er schließlich, weil das genau das Wort war, das er eigentlich meinte.
    Robert stand auf, noch ganz voll Mull, Müll, Qualm vom Traum.
    So hatte Jennifer zu ihrer Muschi gesagt, der ersten, die Robert gesehen, angefaßt und geküßt, dann geleckt, gefickt und übrigens geliebt hatte: »Wart noch mit der Jenny«, oder »Das mag die Jenny«, und dann dieses unverschämte vogelfreie Lachen. Mit ihren orangenen Haaren. Auch unten so rot, die zarte Wolle, karottenrot: Jennifer, wo bist du heute nacht?
    Robert stolperte in der Unterhose zum großen Spiegel an der Tür, an den Tisch, wo er seine letzten Tagebuchaufzeichnungen geschrieben hatte – es sollten wirklich die letzten auf dieser Reise sein, der Ereignisse wegen, aber das wußte er noch nicht. Er sah sich selbst an, wie er jetzt war, ohne die Glyphen, ohne Weg und

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