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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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dürren Worten Kombinationen wie »Nadine, 7, und Peter, 14, treiben es lange und mit vielen Nahaufnahmen« versprachen. Dann nahm sie eine der Kassetten in die Hand, drehte sie um, studierte sie genau, legte sie wieder hin und sah dann direkt in Rainer Utzers Gesicht: »Ziemlich ekelhaft, Schatz.«
    Er erwiderte, ungewohnt ernst: »Das ist eine Seuche, die man ausbrennen muß.«
    »Wenn du meinst. Ich arbeitete hier nur«, erwiderte Astrid kühl.
    »Scheiße, was denkt die, was das hier ist, die städtische Müllabfuhr?« ereiferte sich plötzlich Schorsch, er sah sich in seiner Würde als Milizionär geschmälert.
    Der Dokter hob die Hand, ebenso abwehrend und begütigend wie befehlsgewohnt: »Laß mal, Schorsch. Erstens sind wir in der Tat so was wie die städtische Müllabfuhr. Zweitens aber brauchen wir hier zwar Leute, die aus Überzeugung handeln, aber eben auch Profis. Und ­Profis wollen wissen, unter was für Bedingungen sie ihre Leistungen erbringen sollen. Das ist ihr gutes Recht. Also, meine Gute: Ich werde dir jetzt mal erzählen, warum wir diese Kakerlake so bearbeiten, wie wir das tun. Dann wirst du mir eine Kostprobe liefern – mir zeigen, was du tun kannst und willst, damit unsere gemeinsame Arbeit ein Erfolg wird.«
    Astrid schlug den Blick bestätigend nieder, der Ball war in Utzers Spielfeldhälfte.
    Utzer gab ihr ein Zeichen, beide gingen zu dem Gequälten.
    Bernd trat nun hinter diesen, fasste ihn bei den Ohren und riß seinen Kopf so nach hinten, daß das nicht zugeschwollene Auge auf Astrid emporschaute. Sie erwiderte den Blick ohne äußere oder innere Regung und hörte aufmerksam zu, was Utzer erzählte: »Du kennst ihn wahrscheinlich nicht. Mindestens zwei Drittel der männlichen Bevölkerung in diesem elenden Loch hier, fast alle, die das sagen wir sechzehnte Lebensjahr erreicht haben, kennen ihn. Haben schon mal was bei ihm gekauft – ihm gehört die ›Boutique Erotique‹ am Bahnhof, in die noch nie eine Frau, die ich kenne, einen Fuß gesetzt hat. Siehst du, ich hätte gegen unseren Herrn Stuck, so heißt er,« – Bernd ruckte ein wenig am Kopf des wimmernden Mannes herum, um anzudeuten, daß der zu dieser Feststellung eigentlich hätte nicken müssen – »nie das geringste unternommen, wenn mir nicht von einem Kameraden, der den Laden besser kennt als ich«, Utzer lächelte und zwinkerte Schorsch zu, der den Blick abwandte, »berichtet worden wäre, daß es neben dem regulären Schund, den er verkauft – »Abgespritzt Vier«, »Orgien unter Omas«, »Pissen zu zweit« und wie die Sachen sonst heißen – auch noch Hinterzimmerware delikaterer Art gibt. Ja, das, wovon du eine Kostprobe drüben auf dem Tisch liegen siehst. Diese Diversifizierung der Produktpalette dürfen wir nicht dulden, verstehst du? Ich weiß, mit wem ich mich anlege, wenn ich die Geldgier aus Herrn Stuck rausschneiden lasse. Ich weiß, daß er Zulieferer aus Rumänien hat, die keinen Spaß verstehen. Aber ich verstehe auch keinen Spaß, Astrid, wenn’s nicht einer von meinen eigenen Späßen ist. Die sind allerdings ausgezeichnet, versteht sich von allein. Willst du meinen neuesten wissen? Er heißt: Unser Dorf soll schöner werden. Geht folgendermaßen: Ein Jugendzentrum als Drogentreff? Gestrichen. Kinderpornographie in der Dildoboutique? Pustekuchen. Kiffer am Gymnasium? Wird beseitigt. Ich meine es ernst. Ernster als mein Bruder und dein Liebster es je gemeint haben. Aber meine Kräfte sind vorerst begrenzt.«
    Der Dokter breitete die Hände aus und deutete damit auf Bernd und Schorsch.
    »Verstärkung ist zugesagt, ich kann noch nicht drüber reden. Wenn ich es aber schon vorher, meinem ungeduldigen Naturell entsprechend, mit den Rumänen, den dealenden Kanaken aus dem Asylantenheim, den Hippies und Stadträten, den Zigeunern und den Schwuchteln aufnehmen will, die sich im Weinkeller des Herrn Rummler treffen, brauche ich Gefolgsleute, die nicht bloß Schnittwunden, Brandmale und Zangenkniffe applizieren, sondern Arme brechen, Knochen zerprügeln können. Leute wie dich.«
    Astrids Blick fixierte den glücklosen Pornohändler, als sie ganz leise sagte: »Geh mal grad vom Stuhl weg, Bernd.«
    »Bitte?« – Der Angesprochene tat indigniert.
    »Du hast gehört, was die Kameradin gesagt hat«, sagte Utzer.
    Bernd ließ die Ohren des Gefesselten augenblicklich los und trat zwei große Schritte zur Seite. Der Dokter nahm ebenfalls Abstand vom Stuhl. Astrid sah ihn sich sehr genau an, diesen kleinen Gauner,

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