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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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auch Spaß. Keine Diskussionen mehr, wir versprechens euch.
    Wie beschissen können Warnungen sein, nicht wahr. Diesmal meinen wir es jedenfalls ernst. Im übrigen sind wir auch keine Engel, waren’s nie gewesen und müssen uns genauso an den ganzen Zeug hier halten. Was heißt hier müssen: wollen.
    Eure Punks, Artverwandte und der Rest vom Fest«
    Selbsttätig wanderte Philips Blick, als er den von seinen Verfassern sogenannten »Schrieb« zu Ende gelesen hatte, noch einmal nach oben und blieb hängen an der putzigen Bemerkung: »Bei ner Alksucht bzw. nem Entzug kann man noch mal drüber reden«.
    Dann ist es ja gut, dachte er, grimmig lächelnd. Er hatte furchtbaren Durst, Kopfschmerzen, roch schon den Schmorgeruch eines Kabel brands, furchtbare Aggressionen zuckten ins Leben, in seinem Kopf. Der Brand mußte dringend gelöscht werden, damit sein Feuer nicht übersprang, irgendwas draußen verbrannte, Gegenstände, Menschen … Was zu trinken, irgendwo hier in der Innenstadt, danach konnte er dann zu Frau Flasch. Die würde schon nicht merken, ob Philip gebechert hatte: Er hatte genug Atemfrischkaugummis dabei, um selbst den brodelnden Tankinhalt von drei Kläranlagen in Pfefferminztee zu verwandeln.
    3  Der klamme Keller unterm ehemaligen Heimatmuseum, keine fünfzig Meter weit weg von der alten Schneiderei, die den Jugendtreff der Frau Flasch beherbergte, roch nach Hefe, Moos und Moder. Obwohl Astrid kräftig schnaufte, wollten ihre Nasenflügel sich nicht weiten, damit sie mehr Luft bekam. Das Aroma war zu ekelhaft.
    »Vorsicht, Kopf einziehen«, warnte der Dokter, keinen Augenblick zu früh: Der schwarze Querbalken, an dem sich Astrid fast die Stirn aufgeschlagen hätte, sprang sie aus dem Nichts an, in diesem von drei matten Birnen schwach erleuchteten schiefen Treppenabgang.
    Da unten also befand sich das neue Hauptquartier.
    Astrid war klar, daß vor ihr vermutlich keine Frau gesehen hatte, was man ihr jetzt zeigen würde. Sie hatte sich dieses Vertrauen allerdings auch verdient – ob bei Kundgebungen national zuverlässiger Parteien in der nahen Kreisstadt, Demonstrationen am Ort und anderswo, oder wenn es sonst zur Sache ging, immer gehörte Astrid aufgrund ihrer Kampfsporterfahrung – drei Jahre Judo, vier Jahre Karate, Braungurt im letzteren, Grüngurt im ersten – zu den Schutztruppen, zum Avantgardekeil, scheute kein Handgemenge mit Bullen oder linken Zecken, hatte ein ordentliches Vorstrafenregister und genoß jedermanns Respekt in der Szene – spätestens seit Klaus Utzers Freund Joachim Behnke, mit dem sie als sehr junges Mädchen eine dreijährige Beziehung gehabt hatte, im Gefängnis saß. »Verlobte« eines Märtyrers für die Sache, das verschaffte Achtung, obwohl Astrid den Titel nicht besonders gern hörte, ebenso wenig wie den Spitznamen »Asterix«, den sich einer der beiden Dauerbegleiter des Dokters, Bernd oder Schorsch, für Astrid ausgedacht hatte. Scheiß drauf: Hauptsache, man gehörte irgendwo hin, wenn schon nicht zur blöden Familie Riedler, vielen keinen Dank.
    »Bist du sicher, daß du bereit bist? Willst du wirklich wissen, was für eine Art Arbeit hier angefangen hat?« neckte der Dokter die junge Frau.
    »Wenn’s für diese Art Arbeit ab heute schon Kohle gibt, dann klar«, meinte Astrid verächtlich. Der Dokter war auf der Kellerebene angekommen, lachte, nickte und klopfte an die graulackierte Metalltür.
    »Macht auf, Leute. Ich hab’ nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Losung?« kam’s bassbrummend von der andern Seite.
    Astrid fragte sich verschnupft, gegen Verrottung anscheinend allergisch: Kenne ich die Stimme nicht?
    »Ich reiß dir den Arsch auf, du Untermensch. Reicht das als Losung?« drohte der Dokter amüsiert. Geräuschvoll wurde die Tür entriegelt. Drinnen war alles viel heller: Ein blendender Lichtstrahl ging von einer Batterie dreier Deckenneonlampen aus, Astrids Augen taten sofort weh.
    Als der Schmerz abklang, nahm sie die Szene zur Kenntnis: Mit ihr und dem Dokter befanden sich fünf Personen im Raum. Feist präsentierte sich der dicke Bernd – dem die Bassstimme gehörte und den sie von zahlreichen Veranstaltungen und Interventionen her kannte – Schorsch, der zweite Bomberjackenträger, picklig, höchstens zwanzig, den sie gelegentlich in Bernds Begleitung gesehen hatte, an den üblichen Orten, grinste flau, aus Verlegenheit, die wie Überlegenheit aussehen wollte.
    Der fünfte Mensch war ein Gefangener.
    Er wurde wohl gerade verhört – hinter

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