Für immer in Honig
gottergeben. Sobald er ihr die Tür aufhielt und sie den ersten der Eintreffenden entgegenging, strahlte sie wie ein Kernbrennstab: Dienst ist Dienst, und Sekt ist Sekt.
Was den übrigen Abend angeht, darf man von einem vollen Erfolg sprechen.
Der Gatte tat, worin er nach wie vor der Beste war: riß Witze, ließ Erkenntnisse aufl euchten, und wo jemand in seiner wechselnden Runde einmal witziger, geistreicher oder einfach schneller war als er, ließ er sie oder ihn gewähren, weil er wußte, daß er sich auch als Zuhörer von seiner besten Seite zeigen mußte. Bevor das Essen aufgetragen wurde, scharte er beim Cocktail auf der hinteren Veranda alte Herren und junge Damen um sich, während erste Glühwürmchen schon gegen die stoischen Sterne antanzten. Ein Bonmot, das er mehr als einmal lancierte, besagte, die Partei habe derzeit nur zwei Stars: seine Frau, die Jungsenatorin von New York – »nicht mehr ganz so jung«, meinte einer, der mit Gummi Geld gemacht hatte –, ja, und einen General a. D., von dem es zu dieser Zeit hieß, er erwöge die Präsidentschaftskandidatur ganz ernsthaft.
Beim Abendessen redete die Senatorin selber zu den Menschen und versicherte denen, die es brauchten, ihrer aller von sagenhaft flüssigen Mitteln beschwerte Hochbedeutsamkeit: »Ihre Unterstützung ist von großem Wert für meinen nächsten Wahlkampf – welcher Wahlkampf das auch sein wird.«
Was damit gesagt sein sollte, verstanden eigentlich alle: nichts.
Ein Zwinkern sollte es sein, gezinkte Arabeske, wie sie sich gehörte für eine Profipolitikerin aus der Oberliga, etwas berechnend, aber nicht so sehr, daß es sich nicht mehr gehört hätte – für eine Frau.
Wenig später fragte jemand den galanten Gatten was, weil der selber ja immerhin Präsident gewesen war. Auf unausgesprochenes Verlangen, auf im Raum stehenden vielfachen Wunsch gab er sich kryptisch: »Vielleicht schiebt sich noch ein anderer Kandidat ins Rennen, bei der nächsten Präsidentschaftskiste, vielleicht werden’s auch zwei.« Einer der Sicherheitsleute stand den ganzen Abend stur am Vorhang; es war ein Zombotiker, den die Senatorin unbewußt, gegen ihren Willen häufig mißbilligend anschaute, unter anderem, weil er so breit war, wie man als menschliche Gestalt einfach nicht sein durfte, und weil sein Kopf, wie sie einer persönlichen Assistentin während einer Schminkpause auf der Damentoilette entnervt verriet, »so rot und wund aussieht. Das ist doch ekelhaft – wie frisch verbrannt, als ob ihm jeder Quadratmillimeter Haut im Gesicht wehtut, wie frisch gepeelt, oder aus einem Tank mit Gelatine gezogen. Aufgeweicht. Scheußlich«.
»Aber sie sind gute Leute, Ma’am. Die Zombotics. Verläßliche Kräfte. Der Präsident … der jetzige Präsident hat viele im Stab.«
»So regiert er auch: Als ob ihn nur noch die Toten beschützen können, vor dem Zorn der Lebendigen auf der ganzen Welt«, zischte die Senatorin und ging zurück aufs schöne Fest.
Da lief sie einem zwar nicht in die Arme, aber in die Liebenswürdigkeiten. Das war der CEO einer riesigen Supermarktkette, der hatte schon beim Essen neben ihr gesessen und unterhielt sich jetzt, value for money, noch einmal extra länger mit der großen Frau, damit er später Journalisten was erzählen konnte.
Das würde, er wußte es jetzt schon, so klingen: »Ich glaube, sie hat bei sich selbst noch nicht den Abzug gedrückt. Sie ist sich noch nicht sicher, daß sie wirklich nicht Präsidentin werden will, verstehen Sie.«
Die andern, die weniger angespannten, weniger auf Eingeweihtheit höchsten Grades angewiesenen Herrschaften auf der Party würden sich dahingehend äußern, daß sich die Senatorin all ihre auf die große Amtsfrage gerichteten Bemerkungen eher als milde Späße gedacht hatte. Es ging dabei ja schließlich um eine hypothetische Kandidatur, die nicht nur nie in Aussicht gestellt worden, sondern vor diesem Abend mehrfach klar und manchmal sogar spitz verneint worden war.
»Sie hat ja selbst gelacht, nach dem Satz über den Wahlkampf, das war ganz klar ein Witz – sie hat einfach mit der Idee gespielt, weil doch jeder erwartet, daß sie antritt, irgendwie daran denkt, meine ich«, äußerte sich später, zu ihren Gunsten, eine bescheidene Dame, die ebenfalls zugegen war.
Die Wahrheit ist: Die Senatorin spielte doch.
Allerdings nicht das Spiel, das der Gatte ihr angeboten hatte, sondern ein eigenes.
Der Stab der Senatorin war ein wichtiges Instrument dabei, behandelte die
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