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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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oder Unnatur, whatever.
    »Hast du wirklich eine Ölplattform versenkt?«
    »Nicht alleine.«
    »Warst du einundzwanzig?«
    »Süß und unschuldig, jawohl.«
    Die Polizeisirene fing an zu jaulen, als Bea und Freddy gerade die Sonnenuhr beim japanischen Gärtchen passierten. Die Koffer, deren Inhalt Beate Freddy fast vollständig diktiert hatte – bloß ein paar Bücher hatte er selber ausgesucht –, waren leicht, das Autoknacken war noch leichter: Beate öffnete die Tür des blauen Toyota, als hätte sie einen Schlüssel.
    Fred stand dabei keine sechs Meter weit weg von ihr und sah nicht, wie sie das hinkriegte.
    »Was hättest du gemacht, wenn der Wagen eine Alarmanlage …«
    »Dieser Wagentyp zu diesem Preis an diesem Ort kann keine ­Alarm­an­la­ge haben. Reg dich ab.«
    Der Motor schnurrte, im Radio lief Milli Vanilli.
    Nach drei, vier Kreuzungen hörte Freddy auf, sich andauernd nach allen Richtungen umzusehen. Abendessen gab es beim Burger King Drive-in. Danach wechselte man auf einer Raststätte das Verkehrsmittel: Ein Mercedes war’s diesmal. Bea chloroformierte den Fahrer, dann legte sie ihn auf die Holzbank bei den öffentlichen Toiletten: »Der kommt in zwei, drei Stunden zu sich, dann haben wir einen schönen Vorsprung. Es ist warm, er verkühlt sich nix, alle sind zufrieden.«
    Als die Sonne unterging, hinter Feldern von der Farbe getoasteten Weißbrots und den großen schwarzen Bergen, waren sie seit einer Stunde auf der Autobahn.
    »Alles Vergängliche / ist nur ein Gleichnis; / das Unzulängliche, / hier wird’s Ereignis«, brummte Freddy und wischte sich eine immer noch ein wenig brennende Schläfenwunde mit dem alkoholisierten Taschentuch aus, das Beate ihm gegeben hatte.
    »Bitte?«
    »Ach nix. Faust-Zitate. Ich brauch’ das, diese Bildung, sonst komm ich mit dem ganzen beschemselten Quatsch nicht klar, dem Horrorfilm hier.«
    »Äh?«
    »Das Ding aus einer anderen Welt will mich fressen, internationale Top-Datenverbrecherinnen entführen mich, es war ein harter Tag. Nicht, daß ich mich beschwere. Was wartet schon auf mich, in Freiburg? Sechshundert Exemplare Jerusalem-Kompott von Franz Schumacher mit Preis­aufklebern volltackern.«
    Beate umfaßte seine Schulter. Dann erfüllte sie, weil ihr danach war, den Rest der Goetheschen Prophezeiung: Freddy war sehr zufrieden, das Ewigweibliche zog ihn hinan.

ACHTES KAPITEL
    Die Kandidaturfrage, ein Stellungskrieg • Lauf, Baby, lauf • Keine Lügen mehr • Der Kindestod • Bei den Inselparadiesen
    1  »Das Spiel ist fast aus«, sagte die Senatorin und sah auf ihre vor der Brust verschränkten Arme hinunter, weil sie fröstelte. Abendkleider waren ihre Sache nie gewesen, aber die mußten halt sein: Berufsmontur.
    Die Bemerkung war an niemand Bestimmten gerichtet, ganz sicher nicht an den wie üblich zu derlei Gelegenheiten übertrieben beschwingten Gatten, der gerade den Raum betrat, das bauchige Glas voll flüssigem Kupferfeuer in der schlanken, fast fraulichen Hand. Heute war, was am Ende jeden Tages war, seit die ewige Arbeit begonnen hatte: ein wichtiger Abend. Die Gäste trafen draußen ein, man hörte ihre Autos von der Auffahrt her, das Lachen derer, die schon ausgestiegen waren, Scherzwortwechsel mit den Parkplatzhelfern, Geschnatter, Gewäsch. Wir haben’s gut, wir kennen nämlich Leute, die es gut haben, und sind selber Leute, mit denen solche Leute unbedingt zu tun haben wollen, dachte die Senatorin. So leben wir: Als könnte uns nie etwas Böses passieren, jeder Tag eine neue Gelegenheit, sich die Abendgala zu verdienen.
    »Das Spiel? Welches Spiel?« Der Gatte heuchelte seine amüsierte Verwunderung ihre Wortwahl betreffend nicht, sie war aufrichtig. Die Se natorin hatte nie etwas zum Spielen haben wollen, so lange er sich erinnerte. Manchmal hatte es deswegen sogar Zwist zwischen ihnen gegeben, vor allem, nachdem er sein höchstes Ziel erreicht hatte und ihr, wie sie schimpfte, trotzdem »nichts Besseres« anbot als »bloß was zum Spielen«.
    Sie wollte lieber irgendein vernachlässigtes Ernstes in Ordnung bringen im Land, die Gesundheitsversorgung der Leute zum Beispiel, oder ein anderes abstraktes Ding, das den Maßverhältnissen des Landes entsprach, das ja größer war als alle andern Länder, sofern man Größe nicht nur geographisch oder populationsstatistisch faßte.
    Spielen soll ich? Blackjack, Roulette, Würfel: Was ist das für eine arme Auswahl?
    Die Senatorin dachte, als sie am Fenster stand, daran, daß man

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