Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
vorzubereiten.“
Benommen kam Roder der Aufforderung des Polizeipräsidenten nach. Er konnte es noch gar nicht glauben: Mechthild Kayser hatte sich den Täter geschnappt, mit den anderen. Und er war nicht dabei gewesen. Eine Blamage für ihn. Auch er sah nun seine Tage in der Mordkommission als gezählt an. Die Andeutungen des PP waren unmissverständlich. Roder verbeugte sich zum Abschied sehr förmlich, fast hätte er die Hacken militärisch zusammengeknallt. Seine im Grunde unterwürfige Haltung, mit der er sich nie abfinden konnte und die er niemals akzeptiert hatte, kam damit zum Vorschein. Und er spürte sie. Ganz tief in seinem Inneren wurde ihm klar, dass genau diese Haltung seine Karriere immer behindert hatte. Glaubte er jedenfalls.
Roder ging in sein Dienstzimmer, holte sich seine Jacke und verließ das Präsidium. Er fuhr nach Hause. Nachdenken. Er wusste im Moment nicht, wie es für ihn weitergehen konnte in der Mordkommission. Der Oberstaatsanwalt hatte ihn im Handumdrehen fallen gelassen. Der denkt nur an sich, folgerte Roder richtig, und ihm wurde klar, dass ihm niemand bei seinen Bestrebungen verlässlich zur Seite stehen würde. Außer ihm selbst. Und ihm wurde noch etwas klar: Mit der Protektion anderer weiterzukommen war ein riskantes Spiel. Sich in die Hände Mächtigerer zu begeben schaffte eine drückende Abhängigkeit. Wenn deren Spiel nicht aufging, blieben sie trotzdem mächtig. Aber man selbst verlor alles. Diese Erkenntnis setzte sich bei Roder aber am Ende nicht durch. Davon wollte er nichts wissen, da dieses Eingeständnis seine eigene Unzulänglichkeit bestätigt hätte. Und die konnte und wollte er nicht einsehen. Er war Mordermittler, und das wollte er bleiben. Aber wie sollte er es anstellen, zukünftig mit seiner Chefin klarzukommen? Entgegen seines sich selbst auferlegten Prinzips, niemals alleine Alkohol zu trinken, holte er sich aus dem Kühlschrank die Flasche Doppelkorn. Er goss sich einen kleinen Schluck in ein sauberes Senfglas, das er aufgehoben hatte, so wie er es von seinen sparsamen Eltern gelernt hatte, entschied dann, dass der Schluck ruhig größer sein durfte, und schenkte richtig nach.
Nachdem er es nach und nach geleert hatte, goss er sich wieder ein. Der Alkohol half ihm nicht bei der Lösung seiner anstehenden Probleme. Aber er machte Roder gleichgültig und müde, und so zog er sich in sein Bett zurück und schlief, noch angezogen, ein.
Am Tatort war unterdessen ein großes Polizeiaufgebot eingetroffen. Die Syker Kollegen waren sehr damit einverstanden gewesen, dass nach Hinzuziehung ihres Erkennungsdienstes die Leitung der Spurensuche auf Fritz Behrmann übertragen wurde. Schließlich wussten sie fast gar nicht, wonach sie suchen sollten. Der ganze Fall war ihnen nur aus den knappen, kriminalpolizeilichen Mitteilungen bekannt. Es war eben ein Fall der Bremer Mordkommission. Aber auf Umwegen an der Aufklärung des Falles und Ermittlung des Täters beteiligt sein zu können, gefiel ihnen natürlich. Befürchtungen, dass die wahren Zusammenhänge herauskommen könnten, hatte niemand der Beteiligten. Denn eins war klar: Der Täter war tot, und gegen Tote würde nicht weiterermittelt werden. Hier ging es nur noch darum, die Zusammenhänge aufzuhellen. Und wenn Richter und Staatsanwälte sich mit diesem Fall nicht mehr in einer Verhandlung beschäftigen mussten, gab es ja auch keine weitergehenden Untersuchungen.
Alle konnten sich also ziemlich sicher sein, dass ihre Absprache halten würde: Die Syker Kollegen hatten ein Haus ermittelt, das in das Raster der Bremer Ermittler passen konnte, erste Recherchen hatten ergeben, dass einiges mehr dafür sprach, und man vereinbarte einen bundeslandübergreifenden, schnellen Zugriff. Da noch zwei potentielle Opfer vermisst wurden, bestand Gefahr im Verzuge, weshalb sofortiges Handeln erforderlich wurde und keine Zeit mehr blieb, einen Staatsanwalt oder Richter zu beteiligen.
Jetzt galt es nur noch, die Taten dem Täter zuzuordnen, aber nach den vorliegenden, offensichtlichen Sachbeweisen durfte das keine Schwierigkeit bedeuten. Ein Wermutstropfen blieb: Trotz intensiver Suche auf dem Gelände und in den Gebäuden konnten die beiden vermissten Frauen nicht entdeckt werden. Stattdessen wurden viele unterschiedliche Blutspuren gefunden. Die Hoffnung der Ermittler, die beiden Frauen noch lebend zu finden, schwand rapide. Insbesondere der Umstand, dass sich nur noch eines der fünf in den USA bestellten Kleider vor Ort
Weitere Kostenlose Bücher