Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
gesprochen, beruhigte sie sich und verdrängte diesen Gedanken. Eine Auseinandersetzung um den Führungsanspruch im Kommissariat wäre das Unpassendste, was sie jetzt gebrauchen könnte.
Als keine weiteren Fragen gestellt wurden, wandte sich Mechthild dem neuen Leichenfund zu. Nach einer Einführung zu den Umständen des Auffindens erteilte sie hierzu Fritz Behrmann das Wort. Für seinen Bericht erhob sich Behrmann und breitete mehrere Papiere vor sich aus. Eine persönliche Anrede ersparte er sich. „Soviel gleich vorweg: Wir müssen begründet davon ausgehen, dass sich beide Leichen in Händen des selben Täters befunden haben. Nach unseren ersten Erkenntnissen gibt es folgende Übereinstimmungen: Beide Frauen gehörten in etwa der gleichen Altersgruppe an, beide hatten ihre Haare aktuell blond gefärbt. Auch die zweite Leiche war vollständig geschminkt, ihre Nägel waren ebenfalls frischlackiert. Obwohl wir die Untersuchung noch nicht abschließen konnten, deutet alles darauf hin, dass das verwendete Make-up identisch ist. Auch diese Leiche war mit Kleidungsstücken aus den sechziger Jahren bekleidet und ebenfalls in einen Plastiksack gebettet, der die gleichen Spuren aufwies wie der, in dem sich Mathilde Burkhardt befand. Ob ebenfalls ein Vakuum bestand, konnten wir nicht mehr feststellen. Der Gärtner, der die Leiche gefunden hatte, hatte mit seiner Hacke schon mehrere Löcher in die Plastikfolie gerissen. Zwei meiner Leute sind zurzeit in der Gerichtsmedizin und unterstützen von Sülzen bei seiner Arbeit. Sie haben mich auf dem Weg hierher auf dem Handy angerufen und bestätigt, dass die tote Frau ähnlich wie bei der Burkhardt Schnitte an der Brust und Spuren einer Liposuction auf der Bauchdecke aufweist. Es spricht also einiges dafür, dass wir es mit einem Mehrfachtäter zu tun haben.“
Nun war Mechthild Kayser wieder dran. Sie wollte gerade die Aufteilung der Ermittlungsgruppe zwischen ihr und ihrem Stellvertreter erläutern, als ihr bewusst wurde, dass sie den Kollegen aus dem Raubkommissariat noch gar nicht die Gelegenheit gegeben hatte, sich vorstellen. In ihrem Kopf wanderten so viele Gedanken herum, dass sie diese Formalität einfach vergessen hatte. Sie holte sie sofort nach und entschuldigte sich vorher. Die drei Kollegen aus dem Raub stellten sich mit Krasnitz, Stein und Ludovic vor. Mehr als ihre Namen gaben sie nicht bekannt. Ob sie sich so zurückhielten, weil sie schon beleidigt waren oder mehr einfach nicht für notwendig hielten, konnte Mechthild nicht für sich klären, wollte sich damit aber auch nicht ernsthaft beschäftigen. Jetzt konnte sie endlich ihr geplantes Führungsmodell mit ihr selbst in der strategischen und ihrem Stellvertreter in der operativen Führung vorstellen. So sollte dieses Führungsduo auch gemeinsam die Pressekonferenz vorbereiten und durchführen.
Niemand erhob Einwände gegen die Ermittlungsstruktur. Alle waren sich über den Ernst der Lage bewusst. Obwohl sie es mit einem Täter zu tun hatten, der wahrscheinlich drei Morde begangen hatte, vereinbarten sie, den Begriff des Serienkillers, der allzu gern von den Boulevardblättern verwendet wurde, in ihrem Sprachgebrauch zu vermeiden. Solche Begriffe schürten in der Bevölkerung unbegründete Ängste. Sie machten der Öffentlichkeit Glauben, dass die Auswahl der Opfer einer Beliebigkeit unterlag und der Täter aus purer Mordlust handeln würde. Obwohl es nicht geplant war, setzte eine Diskussion über die Motive des Mörders ein, die Mechthild nicht unterbinden wollte. Nicht weil sie sie für so erquicklich hielt, sondern weil der Austausch der Ermittler untereinander sie stärker verband und so das Team näher zusammenbrachte.
Plötzlich stand Bernd Schultze auf und richtete seinen Blick auf Mechthild Kayser. „Gestatten Sie, dass ich mich der Diskussion entziehe? Ich möchte gerne zu der Toten in die Gerichtsmedizin, solange noch etwas von ihr übrig ist.“
Mechthild schaute Schultze verstört an und wusste im Moment nicht, was sie antworten sollte. Geplant hatte sie, dass Schultze und Ayse Günher sich mit ihr im Anschluss an die Sitzung über das weitere Vorgehen beratschlagten.
Bernd Schultze registrierte ihre Unentschlossenheit und legte noch einmal nach: „Ich möchte mich in die Tote hineinfühlen, ihre Stimmung aufnehmen, wenn Sie verstehen. Das ist für meinen Beitrag zu Ihrer Arbeit sehr wichtig.“
Mechthild war am Überlegen. Verbarg sich hinter dem Ansinnen Schultzes der Anspruch auf eine
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