Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Atmosphäre für alle Beteiligten herstellen.
„Einen schönen guten Tag!“ Mechthild ging mit Elan zu ihrem Stuhl. „Bitte nehmen Sie Platz!“
Fritz Behrmann kam hinter ihr herein und schloss die Tür.
Als alle saßen, hieß Mechthild Kayser die neu hinzugekommen Kollegen noch einmal willkommen und bedankte sich für ihre Bereitschaft, bei der Aufklärung der vorliegenden Fälle mitzuwirken. Dann läutete sie eine Vorstellungsrunde ein, damit alle wussten, mit wem sie es zu tun hatten. Neben den drei Kollegen aus dem Raubkommissariat, die auf sie einen erfahrenen und fähigen Eindruck machten, konzentrierte sich ihre Wahrnehmung auf den Beamten aus dem Kommissariat für Sexualdelikte, da sie mit ihm in Zukunft sehr eng zusammenarbeiten wollte. Er hinterließ bei ihr nicht den Eindruck eines klassischen Kriminalbeamten. Er hieß Bernd Schultze, war Erster Kriminalhauptkommissar und bekleidete damit ein Spitzenamt im gehobenen Dienst bei der Polizei. Mechthild musste sich Mühe geben, ihre Vorurteile aufgrund des Äußeren eines Menschen zu unterdrücken. Aber Bernd Schultzes Erscheinungsbild entsprach nicht gerade dem, das sich jemand im Allgemeinen von einem Kriminalbeamten machte. Auch ihrem nicht.
Schultze war mittelgroß und schlank. Er hatte dunkle, schulterlange, lockige Haare, die zu allen Seiten wirr abstanden. Einen Frisör schien er nicht regelmäßig zu konsultieren. Er wirkte etwas verlebt und übernächtigt. Seine Augen waren dunkel, und weil seine Lider ein wenig nach unten hingen, waren nur zwei größere Schlitze zu sehen. Er trug einen roten, einreihigen Anzug und darunter ein schwarzes T-Shirt. An mehreren Fingern hatte er große, silberne Ringe, zum Teil mit überdimensionierten, bunten Steinen versehen. Am rechten Handgelenk schaute unter dem Ärmel seines Jacketts ein Armband mit Türkisen und – Mechthild konnte es nicht genau erkennen – wahrscheinlich kleinen Federn hervor. Beim Sprechen gestikulierte Schultze wild und unkoordiniert mit den Händen herum, als wenn sie mit dem, was er gerade sagte, nichts zu tun hätten.
Wenn sich Mechthild nicht in ihrem Besprechungszimmer im Polizeihaus befunden hätte, würde sie sich von Schultze erst einmal seinen Dienstausweis zur Legitimation zeigen lassen. Doch was er in der Vorstellungsrunde gesagt hatte, wies ihn klar als Polizisten aus. Schultze beschäftigte sich ausschließlich mit den Gedanken und Motiven von Tätern. Er versuchte anhand der Handlungen ihre Gefühle nachzuempfinden und ihre Motive zu ergründen. Er hatte sich auf Sexualstraftäter spezialisiert und beriet die Kollegen seines Kommissariats auf dem Feld der Vernehmungstaktik. Ob man dafür so aussehen musste, wusste Mechthild nicht. Sie hoffte, dass sein wirres Äußeres nur das Pendant zu einem geordneten Inneren war. Einen Spinner, der nur alles durcheinanderbrachte, konnte sie nicht gebrauchen.
Mechthild ergriff wieder die Initiative, vergaß dabei aber die Vorstellung der drei anderen hinzugekommenen Beamten aus dem Raubkommissariat. „Gut, bevor wir uns mit den neuen Fakten befassen, geben wir eine Zusammenfassung des bisher Vorliegendem. Das ist zum einen wichtig für die neuen Kollegen im Team, gleichzeitig bekommen auch alle anderen noch einmal eine Auffrischung der Fakten.“ Und vor allen Dingen auch ich, dachte sie.
Sie erteilte Kurt Roder das Wort und überließ ihm, die bisherigen Erkenntnisse zusammenzufassen. Er machte seine Sache gut. Roder war wirklich drin im Geschehen. Sauber listete er die bisherigen Ergebnisse auf und vergaß nichts. Ohne den Hauch einer nur irgendwie spürbaren Herabwürdigung wies er auf die noch ausstehenden Ergebnisse der Ermittlungen seines Kollegen Hellers hin, obwohl er genau wusste, dass Heller nicht einen weiteren Handschlag unternommen hatte, um die Kennzeichenüberprüfung oder seine Nachfragen im Internet hinsichtlich der Kleidung der Toten voranzubringen. Da war Roder ganz klar vom alten Schlag: Wenn andere dabei waren, wurde jede Kritik an der eigenen Arbeit vermieden. Trotzdem bemerkte Mechthild, wie Heller bei diesen Themen leicht errötete.
Als Roder die mögliche Verbindung zwischen dem toten Gärtner und dem zweiten Leichenfund herstellte, wurde Mechthild klar, dass er die Akte in ihrem Zimmer schon vor ihr gelesen haben musste. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn darauf ansprechen musste. Ihr Dienstzimmer war für alle tabu, wenn sie nicht darin war. Aber vielleicht hatte er auch mit Heller schon persönlich
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