Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Reform der Polizeiorganisation durchgeführt wurde, anfangs vehement gegen eine Verkleinerung der Mordkommission ausgesprochen hatte, hielt sie nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Polizeipräsidenten seiner Weisung entsprechend ihre Auffassung in weiteren Diskussionsrunden zurück. Kritik an den notwendig gewordenen Sparmaßnahmen konnte zum Karrierekiller werden. Und ihre eigene im Bundesvergleich hohe Aufklärungsquote wurde als Argument für die Verringerung der Personalquote in der Mordkommission genommen. Auch mit weniger Leuten würde man mindestens das schaffen, was in anderen Großstädten der Standard war. Diese Diskussionen wurden natürlich nicht öffentlich geführt. Wer wollte denn einem Angehörigen erklären, dass die Aufklärung des Mordes an seinem Verwandten rein statistisch im Vergleich gesehen relativ erfolgreich verlaufen würde?
Nach außen wurde von Modernisierung und Anpassung der Strukturen an die aktuellen Erscheinungsformen der Kriminalität gesprochen, aber jedem vernünftigen Betrachter war klar: Das Bedürfnis der Bevölkerung nach subjektiv empfundener Sicherheit war nicht nur eine Frage der Struktur, es musste sich auch personell abbilden. Weniger Leute konnten auf Dauer nicht mehr Sicherheit auf Bremens Straßen produzieren. Auch wenn man jetzt begann, Kriminalitätsschwerpunkte mit Kameras zu überwachen: Wenn dort etwas passierte, musste immer noch jemand hin. Die wenigen öffentlichen Kritiker wurden mit dem Totschlagargument leerer Kassen zum Schweigen gebracht. Wer wollte auch schon der Schließung einer Schule oder eines Kindergartens für einen Schutzmann mehr an der Ecke zustimmen? Gerade die oppositionellen, politisch progressiven und linken Kräfte in der Stadt taten sich naturgemäß aufgrund ihrer Erfahrungen mit Polizei und Obrigkeit in den sechziger und siebziger Jahren schwer, für eine Verstärkung der Polizei zu plädieren. Aber hinter vorgehaltener Hand kamen von ihnen oft ganz andere Haltungen zum Vorschein. Denn auch sie hatten mittlerweile materielle Werte angeschafft und Kinder bekommen, die es zu schützen galt. Und die Konservativen, die, als sie noch in der Opposition waren und dort für sich den Anspruch als Inhaber der alleinigen Kompetenz für die innere Sicherheit konstatierten, waren heute, als Mitglied einer großen Koalition in der Regierungsverantwortung, auch zurückhaltender geworden. Es war ein Dilemma.
Mechthild Kayser legte Hellers Vorgangsakte beiseite. Sie hielt es für möglich, dass derjenige, der den jungen Gärtner erschlagen hatte, in Zusammenhang mit dem Leichenfund stand. Es war eine dringend zu verfolgende Spur. Immerhin gab es eine Zeugin des Geschehens, auch wenn sie nur eine vage Beschreibung des Täters abgeben konnte. Sie notierte auch diesen Gedanken und begann ihre Notizen zu ordnen: Erkennungsdienst, Flensburg, Kennzeichenüberprüfung, E-Mail-Anfragen, Photos der neuen Toten, Vergleich der beiden Tatgeschehen, von Sülzen, Pressekonferenz vorbereiten, Ahornstab. Das alles musste nun in Aufgaben umgewandelt werden. Dazu bedurfte es einer neuen Arbeitsstruktur im jetzt erweiterten Team. Sie war gezwungen, die Leitung zu teilen. Während sie mit Ayse Günher und dem Kollegen vom K 32 strategisch arbeiten und, wenn erforderlich, mal die „Feuerwehr“ spielen wollte, sollte KHK Roder die operative Leitung übernehmen. Mechthild zeichnete sich ein kleines Schaubild über die neue Organisation und teilte Personen und Aufgaben den beiden Bereichen zu. Wie alle Organisationsleiter hatte sie für einen Moment das Gefühl, selbst nichts mehr zu tun zu haben. Aus Erfahrung wusste sie jedoch, dass das Zusammenführen und Auswerten der Ergebnisse der entscheidende Bereich für den Fortgang der Ermittlungen war. Und viele Ermittler brachten viele Ergebnisse.
Sie schaute auf die Uhr und machte sich auf den Weg. Noch auf dem Flur hörte sie viele verschiedene Stimmen aus dem Besprechungszimmer dringen. Die vom Polizeipräsidenten angewiesene Verstärkung schien problemlos vonstatten gegangen zu sein. Sie erkannte die Stimmen ihrer Kollegen Roder, Heller und Ayse Günher. Sie waren in einem lebhaften Austausch mit anderen, ihr unbekannten Stimmen.
An der Tür lehnte Fritz Behrmann und rauchte.
„Oh, das ist schön“, begrüßte Mechthild den Leiter des ED freundlich lächelnd. Sie war nicht nur froh, weil Behrmanns Erscheinen bedeutete, dass es handfeste Hinweise für die weitere Arbeit gab. Sie wollte auch eine entspannte
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