Für immer tot
sprechen, wirklich keine. Diese Frau hat mich ins Gefängnis gebracht, ja. Und deshalb freut es mich natürlich sehr, was ich von Ihnen höre. Ich bin geradezu entzückt, dass Ihre Frau Mutter vergraben wurde, aber ich muss Ihnen bedauerlicherweise sagen, dass ich nichts damit zu tun habe. Leider.
– Arschloch.
– Lebendig begraben, das ist gut, das passt, das gefällt mir.
– Du warst es.
– Es handelt sich zweifelsohne um ein außergewöhnliches Verbrechen, von dem Sie da sprechen, deshalb verstehe ich auch Ihren Eifer und Ihr Überengagement. Aber um es noch ein letztes Mal auf den Punkt zu bringen: Ich hätte tatsächlich genug Gründe, um Tilda Broll etwas Vergleichbares anzutun, aber ich war es nicht.
– Doch. Du warst es.
– Wie soll ich das gemacht haben?
– Du warst es, du warst es, du warst es.
– Beruhigen Sie sich, junger Mann, und beantworten Sie mir bitte eine Frage: Wie soll ich das getan haben, was Sie mir vorwerfen? Ich sitze auf dieser Seite der Glaswand.
Max schaut ihn an. Seine Augen, seinen Mund, wie er interessiert auf und zu geht, fragend, verständnislos. Wie Wagner seine Augenbrauen nach oben zieht, seine Schultern, wie er aufsteht und zur Tür geht. Wie er dem Wärter zunickt und hinter ihm zur Tür geht.
Wie Max alleine zurückbleibt. In der Koje neben ihm weint eine Frau. Max steht auf, er sieht, wie sie ihre Hand an das Glas presst, wie ihre Finger laut schreien, nach den Fingern auf der anderen Seite. Max weiß noch nicht, was das alles bedeutet, wie er einschätzen soll, was eben passiert ist, was er glauben soll und was nicht. Er weiß es nicht, er spürt nur die Wut in sich, er spürt, wie hilflos er ist, wie klein. Er hört Wagners Stimme, seine gewählte Art sich auszudrücken, er möchte schreien. Ihn anschreien, ihm seine schönen Worte aus dem Gesicht reißen. Er sieht Wagner. Wie er geht. Wie er sich noch einmal kurz umdreht, bevor er hinter dem Wärter das Besuchszimmer verlässt. Leopold Wagner.
Wie er ihm zuzwinkert.
Sechs
Schon wieder Schnaps in seinem Mund.
Weil er trinken muss, weil er sonst nichts tun kann, weil auch Baroni ihm nicht helfen kann, weil niemand es kann. Wie er das Glas hebt, wie er den Alkohol aufsaugt in sich, wie er es betäuben will, dieses Gefühl, die Wut, die Angst, wie er nachschenken will, wie ihm Baroni die Flasche aus der Hand nimmt.
Fünfhundert Meter zum Gefängnis.
Sie haben sich einquartiert in seiner Nähe, ein kleines Gasthaus für Frauen mit schreienden Fingern, für Besucher, wer sonst sollte hier bleiben. Eine Absteige an der Straße, laut, hässlich, dreckig. Klebrige Plastiktischdecken, schmutzige Gläser. Die Wirtin hat ein Stück totes Schwein zwischen ihren Zähnen.
Max hat wiederholt, was Wagner gesagt hat, er hat Baroni beschrieben, wie sein Gesicht war, wie er geschaut, wie er gelacht hat, wie überrascht er sich gegeben hat. Baroni hat nachgefragt, wollte es genau wissen, wollte jedes Wort hören, jeden Augenblick beschrieben bekommen.
Er war es, sagte Max. Ich bin mir sicher.
Unwahrscheinlich, sagte Baroni.
Dann ging die Flasche Schnaps auf, dann rann er nach unten und begann die graue Welt wieder bunt zu machen.
Es reicht, sagt Baroni jetzt.
Max schaut ihn mit Hundeaugen an. Die Flasche in Baronis Hand. Er presst die Lippen zusammen und schenkt nach.
– Du kannst dich nicht jeden Tag besaufen, Max, das macht es nicht besser.
– Doch, macht es, oder fällt dir etwas Besseres ein? Wir können frühestens morgen wieder etwas tun. Also.
– Ich habe mich ja mit dem Beamten am Eingang unterhalten, während du oben warst.
– Und? Was hat er gesagt?
– Er hat gewusst, dass ich in den Achtzigern den Goldenen Schuh bekommen habe.
– Den Goldenen Schuh?
– Vom europäischen Fußballverband, ich habe neununddreißig Tore geschossen in einem Jahr.
– Bravo, Baroni.
– Das sind unglaublich viele Tore, Max.
– Was der Wärter gesagt hat, würde ich gerne wissen.
– Dass das eine außerordentliche Leistung von mir war, hat er gesagt, dass er stolz ist, mich zu treffen.
– Bitte, Baroni, was hat er noch gesagt?
– Dass dieser Wagner ein arrogantes Arschloch ist, ein Akademikerwichser, hat er gesagt.
– Was noch, Baroni?
– Dass es nicht sein kann, dass er es war.
– Blödsinn.
– Der Mann sagt, das ist absolut unmöglich.
– Du musst noch einmal mit ihm reden.
– Wagner sitzt seit achtzehn Jahren, Max, der war es nicht.
– Scheißdreck.
– Tut mir leid, Max.
– Er hat
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