Fuer immer und einen Tag
alles verpasse.« Jakes kleines Gesicht tauchte flüchtig wieder vor ihr auf. »Ich will das alles nicht näher an mich heranlassen, als ich unbedingt muss, weil es umso mehr wehtun wird, wenn es mir wieder genommen wird. Ich weiÃ, dass du mich nicht enttäuschen wirst, und das ist genau das Problem. Du wärst sicher gut für mich, aber im Moment kann ich nicht an so etwas denken, ich ertrage es nicht einmal, es mir vorzustellen.«
Ben wartete lange genug mit seiner Antwort, um seine Gedanken zu sammeln; man sah ihm an, wie es in ihm arbeitete. »Ich kann dir nicht zustimmen, Emma, aber ich will dich nicht weiter quälen. Unter anderen Umständen würde ich mich jetzt wahrscheinlich gedemütigt davonschleichen und abwarten, bis du dich beruhigt hast. Wir könnten uns tage-, wenn nicht wochenlang aus dem Weg gehen, aber wir wissen beide, dass dafür keine Zeit ist. Also bleibe ich, wo ich bin, und sage dir, dass ich für dich da bin, egal zu welchen Bedingungen â das bestimmst du. Und wer weiÃ, vielleicht können wir uns ja noch mal darüber unterhalten, wenn du genug davon hast, das Leben aus sicherer Entfernung zu betrachten, und dich wieder selbst hineinstürzen willst ⦠wenn dein Herz aus Eis da ein bisschen auftaut.« Er unterbrach sich, und das Lächeln, das Emmas Zorn entfacht hatte, kehrte umso breiter zurück. »Aber ich bringe dich jetzt besser mal nach Hause, bevor du mir noch eine knallst.«
Nicht einmal Weihnachten konnte Emmas Herz zum Schmelzen bringen. Sie hatte diese Zeit des Jahres immer gemocht, nicht zuletzt, weil sie die Wintersonnenwende mit sich brachte, den Moment, in dem der Abstieg der Nordhalbkugel in die Dunkelheit aufgehalten wurde. Die Tage wurden wieder länger, und egal, wie streng der Winter sich gebärdete, sie konnte sich wieder auf die Ankunft des Frühlings freuen. In diesem Jahr jedoch bedeutete der 21. Dezember auch ihre Rückkehr ins Krankenhaus, zu einer Besprechung mit Dr. Spelling, und der Termin hatte seinen bedrückenden Schatten schon lange vorausgeworfen, bevor sie sein Arztzimmer mit ihrer Mutter als ständiger Begleiterin betrat.
Es war Spätnachmittag, und die Sonne hatte sich bereits verabschiedet, so dass künstliches Licht von dem Fenster hinter Dr. Spellings Schreibtisch reflektiert wurde und die einzige Aussicht, auf die sie blickte, ihr eigenes verängstigtes Selbst vor einem Meer aus Dunkelheit war.
Dr. Spelling begrüÃte sie mit einem rätselhaften Lächeln, doch was für ein geheimes Wissen er auch gleich an sie weitergeben würde, Emma konnte nur hoffen, keine schlechten Nachrichten zu hören. Die Ergebnisse der Kernspintomografie mussten offenbar noch warten, denn ihr Arzt verlangte zuerst von ihr, dass sie ihre üblichen Kunststücke, wie auf einer geraden Linie gehen oder seine Hände nehmen und fest zudrücken, zum Besten gab. Dann galt es Fragen zu beantworten, Fragen über Veränderungen in ihren motorischen Fähigkeiten, ihrem Gedächtnis, ihrer Sprechfähigkeit. Als der Arzt sich nach epileptischen Anfällen erkundigte, zuckte sie die Achseln. Ihre Mutter übernahm es, die Lücken zu füllen, da Emma ausführlichere Antworten verweigerte. Welche Art von Behandlung sie auch bekommen würde, die Prozedur war bereits beschlossene Sache, so dass es auf solche Feinheiten nicht mehr ankam. Es gab weitaus wichtigere Dinge zu besprechen, und als Dr. Spelling ihr in die Augen leuchtete, verstand er endlich die stumme Botschaft und ging darauf ein.
»So«, sagte er, tippte etwas an seinem Computer und drehte den Monitor dann zu Emma und Meg herum, damit sie die Schnittbilder von Emmas Gehirn sehen konnten, die Vorher-Nachher-Aufnahmen. Emma meinte zu spüren, wie ihr Tumor sie selbstzufrieden anlächelte, ein Lächeln, das sie nicht erwiderte.
Dr. Spelling gab ihnen eine Führung durch die Bildergalerie der Scans und erklärte, wo die Biopsie vorgenommen worden war und, wichtiger noch, dass ein paar kleinere Veränderungen im Tumor stattgefunden hatten, jedoch nichts Besorgniserregendes. Das Ausmaà des Problems war deutlich zu sehen, und nun mussten sie die kritische Entscheidung treffen, was dagegen unternommen werden sollte.
» Mein Ansatz wäre es«, sagte er, wobei seine Betonung speziell Meg galt, »mit einer sechswöchigen Kombination aus Strahlenbehandlung und niedrig dosierter Chemotherapie zu
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