Fuer immer und einen Tag
»Diskussion beendet.«
Die Tage vergingen, und das deutlichste Anzeichen dafür, dass die Operation erfolgreich verlaufen war, wenigstens vorläufig, war die Rückkehr ihrer Sehfähigkeit. Zu den ersten Dingen, die sie mit einiger Klarheit erkennen konnte, gehörte Bens Gesicht, als er leise in ihr schwach beleuchtetes Krankenzimmer kam. Es war noch früh am Morgen, er war ihr erster Besuch. Sie sah ihm durch halb geschlossene Lider entgegen, als er auf Zehenspitzen zu ihrem Bett kam und sich über sie beugte, um sie auf die Stirn zu küssen.
»Tolles Hemd«, hauchte sie.
Trotz der Schummerbeleuchtung, die ihre Augen schonen sollte, traten die Farben seines Hemdes so grell hervor, dass es wehtat. Sie lugte auf das wilde Muster in Orange- und Blautönen, ein Dschungel aus exotischen Blumen und Vögeln, nach dem sich in Hawaii niemand umdrehen würde. Flüchtig fragte sie sich, ob ihr Verstand ihr einen Streich spielte. Man hatte sie darauf vorbereitet, dass es einige Tage dauern würde, bis die Schwellung nach der Operation abklang, und sie noch mit dem Fortdauern einiger Symptome rechnen müsse. AuÃerdem tat natürlich das Morphium ein Ãbriges. Doch von irgendwoher in ihrem Hinterkopf stellte sich eine naheliegendere Erklärung ein. »Du hast mein Buch gelesen«, sagte sie.
»Tabernakel.« Ben nickte. »Ich habe eine Weile gebraucht, um zu kapieren, dass du mir das Kennwort für deinen Computer genannt hattest. Es stört dich doch nicht, oder?«
Ihre Geschichte war bisher ihr geheimes Reich gewesen, und auch wenn sie schon viel mit Ben geteilt hatte, so doch längst nicht alles. Beim Schreiben ihrer Zukunft hatte sie in die Vergangenheit geblickt und ihre Seele offenbart. Daher zögerte sie kurz mit der Antwort, aber dann dachte sie daran, wie er sie auf den Armen getragen hatte, und wusste, dass sie ihm ihr Leben anvertrauen konnte. Sie lächelte. »Nein, natürlich nicht. Es ist jetzt unsere Geschichte, stimmtâs?« Als Ben nicht gleich antwortete, schlossen sich eisige Finger des Selbstzweifels um ihr Herz. »Das war doch nicht alles nur Halluzination, oder?«, fragte sie schwach.
Ben streichelte ihr über die Wange und schob eine dunkle und zweifellos verschwitzte Haarsträhne zurück. »Nein. Es war für dich genauso wirklich wie für mich.«
»Aber inzwischen hattest du Zeit zum Nachdenken und â¦Â«
»⦠und Schreiben«, ergänzte Ben schnell. »An deinem Buch.«
Emmas Reaktionen waren noch schwerfällig, ihre Emotionen gedämpft, und sie musste tief in sich hineinhorchen, um die richtigen herauszufiltern. Die Vorstellung, dass da jemand ihre Geschichte nicht nur gelesen, sondern auch eigene Fantasien hineingewebt hatte, war ihr im ersten Moment unangenehm. Aber es war eben nicht irgendjemand, sagte sie sich, sondern der Mann an ihrer Seite. »Und was hast du genau geschrieben?«, wollte sie wissen.
Ben, der eine leicht schuldbewusste Miene gemacht hatte, entspannte sich, als sie vor allem Neugier zeigte. »Ich habe mit dem halb verfallenen Cottage begonnen, das du beschrieben hast, und uns ein Zuhause gebaut.«
»Wir sind also zusammen?«, fragte sie mutig.
Ben antwortete nicht mit Worten. Er kam näher und küsste sie sanft auf die Lippen. Emma lieà ihre Finger an seinen Armen hinaufwandern, bevor sie seinen Hals umschlang und ihn an sich zog. Vorsichtige Zärtlichkeiten genügten nicht, sie wurden leidenschaftlicher und ihr Kuss tiefer und sinnlicher. Es war Ben, der zuerst Atem schöpfen musste. »Und nicht nur im Buch. Ich möchte auch Teil deines wirklichen Lebens sein, Emma.«
»Das wird wahrscheinlich keine langfristige Bindung«, warnte sie.
»Hätte noch kürzer sein können«, sagte er betreten. »Ich habe dich fast umgebracht.«
»Nein, hast du nicht. Das Ding in meinem Kopf hat mich fast umgebracht. AuÃerdem war ich es, die alle Warnsignale ignoriert hat und trotzdem mitkommen wollte. Mein Fehler, nicht deiner. Bitte mach dir keine Vorwürfe.«
»Wenn du meinst«, sagte er, nicht wirklich überzeugt.
Als er sich zu ihr aufs Bett hockte, gab es keinerlei Verlegenheit zwischen ihnen. Ben kannte sie wie kein zweiter.
»Allerdings meine ich das. Also, bist du jetzt fertig mit deinen Geständnissen, oder gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?«
Ben schüttelte den Kopf. »Nein, nur
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