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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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behauptete Marc und scheuchte den Marketing-Typen hinter den schwarzen Vorhang.
    Ich war allein. Nur ich und der R-283. Ich schloss die Augen und wartete, bis ich mich ganz ruhig fühlte, bis die Stille in mir angekommen war, bis ich wusste, was ich spielen wollte.
    Meine Finger wählten etwas, das ich seit Jahren nicht mehr gespielt hatte, das aber perfekt für diesen perfekten Flügel war: Jeux d’eau von Maurice Ravel. Das Stück begleitete mich schon seit fünfzehn Jahren. Zum ersten Mal hatte ich es für »Jugend musiziert« eingeübt
und damit den Bundeswettbewerb gewonnen. Seitdem hatte ich es immer mal wieder für Konzerte herausgekramt, aber in den letzten Wochen, seit ich diese Ravel-Phase hatte, war ich gar nicht auf die Idee gekommen, es wieder zu spielen. Ich hatte mich an Stücken probiert, die für mich neu waren. Aber jetzt spielte ich es. Und ich konnte mich nicht erinnern, es jemals mit so einer Leichtigkeit gespielt zu haben. Es brauchte keine drei Takte, und ich fühlte mich bereits wie im Rausch, eingehüllt in Klänge, die ich selbst produzierte. Als ich fertig war, fühlte ich mich den Tränen nahe und hätte fast wieder von vorne angefangen, aber dann spielten meine Finger wie von selbst Ondine aus Gaspard de la nuit , eines der Stücke, die ich gerade einübte, und ich spielte es, als hätte ich nie etwas anderes gespielt.
    Ich staunte über mich selbst, als ich fertig war, und fast hätte ich es noch einmal gespielt, hätte mich nicht eine wahre Kakophonie irgendwo hinter meinem Rücken aus der Stimmung gerissen.
    Meyer-Bergedorf und Marc klatschten, was das Zeug hielt. Sie johlten und pfiffen sogar wie bei einem Fußballspiel. Ich wurde rot und musste lachen.
    »Frau, ähm, Baader, Sie dürfen ab sofort nur noch mit einem Rietmann auf Tour gehen«, jauchzte Meyer-Bergedorf. »Wer ist Ihr Agent? Ich werde ihn gleich morgen anrufen.«
    Jetzt war die Stimmung für mich vollkommen dahin. Hilflos sah ich zu Marc, der meinen Blick auffing und sofort verstand. Er nahm mich sanft am Arm und lächelte
Meyer-Bergedorf an. »Wissen Sie was, die junge Dame ist gerade so überwältigt, ich rufe Sie morgen an, und dann machen wir einen Termin.«
    »Ja, ja, ja! Unbedingt, unbedingt!«, nickte der andere eifrig und schob uns euphorisch zum Ausgang. »Das war wunderbar, Frau Baader, ganz, ganz wunderbar, wir müssen unbedingt…«
    »Vielen Dank, Herr Meyer-Bergedorf, bis morgen dann, ja?«, rief Marc ihm zu und zog mich auf die Straße. Wir winkten dem Marketing-Mann noch ein bisschen zu, während dieser abschloss und dynamisch zu seinem BMW schritt, zum Glück ohne zu fragen, ob er uns noch ein Stück mitnehmen solle.
    »Nehmen wir die S-Bahn?«, fragte ich, als er, wieder winkend, an uns vorbeigebraust war.
    »Ich ruf uns ein Taxi«, schlug Marc vor, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Lieber was Normales«, sagte ich nachdenklich. »Das war mir jetzt alles ein bisschen zu viel.«
    Wir schwiegen auf dem Weg zum Bahnhof, und auch in der S-Bahn sagte ich kein Wort. Alle Leichtigkeit war verflogen, ich fühlte mich, als hätte ich tonnenweise Blei auf den Schultern, und mein Herz schien viel fester, aber auch unregelmäßiger zu schlagen. Marc legte irgendwann den Arm um mich, und ich nahm gar nicht wahr, dass ich meinen Kopf auf seine Schulter legte und anfing, ein bisschen zu weinen.
    Als wir am S-Bahnhof Jungfernstieg waren, sagte er sanft: »Hier wäre mein Hotel. Soll ich dich erst nach
Hause bringen, oder willst du noch mit auf einen Drink?«
    »Drink«, hörte ich mich sagen, obwohl ich da wohl eher an ein Glas Wasser dachte, während ihm ein Whisky oder Ähnliches vorschwebte. Ich ließ mich von ihm zum Hotel Vier Jahreszeiten führen.
    »Ich glaub, ich geh dann doch lieber mal nach Hause«, sagte ich, als wir vor dem Hotel standen. »Ist nicht so weit. Zwanzig Minuten.« Und ich meinte es auch so. Ich wusste nämlich, wie das Gespräch an der Bar sonst verlaufen würde: »Warum spielst du nicht solo? Warum gibst du keine Konzerte? Warum versteckst du dich in Opernproberäumen?« Und er würde von mir eine ehrliche Antwort erwarten, die ich ihm nicht geben konnte. Oder wollte. Wie auch immer, es würde nicht schön werden. Da konnte ich auch gleich gehen.
    »Tilly«, sagte Marc.
    »Ich will nach Hause«, flüsterte ich.
    »Warum …?«, fing er an, und da ich ungefähr wusste, wie die Frage lauten würde, hatte ich den unwiderstehlichen Drang, ihn zum Schweigen zu bringen. Und da mir nichts anderes

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